Der Werkstoff, der aus dem Computer kommt
Das Materialforschungszentrum ICAMS (Interdisciplinary Centre for Advanced Materials Simulation) an der Ruhr-Universität Bochum wurde Anfang Juni mit Feierstunde und Podiumsdiskussion offiziell eröffnet.
ICAMS soll mittels Computersimulation skalenübergreifend neue Werkstoffe entwickeln – ein Ansatz, der bisher getrennte Welten vereinigt, wie der Gründungsdirektor und geschäftsführende Direktor Prof. Dr. Ralf Dautz betonte: „Bei ICAMS findet die Zusammenarbeit der verschiedenen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen mit Mathematikern unter einem Dach statt – ein Alleinstellungsmerkmal, das eine effektive Umsetzung der Multiskalenmodellierung überhaupt erst ermöglichen wird.“
Multiskalenmodellierung dringt in Mikrostrukturen vor
Simulationen machen es möglich, neue Werkstoffe zu entwickeln und die Eigenschaften neuer metallischer Legierungen, Keramiken, Gläser oder Kunststoffe realistisch vorherzusagen und besser zu verstehen. Um zu wissen, was bei mechanischen Belastungen im Werkstoff vorgeht, muss man die Mikrostruktur, den Aufbau aus einzelnen Atomen, aus Kristalliten und deren Grenzflächen und Defekte berücksichtigen.
Dabei wird die Multiskalenmodellierung eingesetzt, um die feinste Struktur eines Werkstoffs mit Hilfe numerischer Lösungen der Grundgleichungen der Quantenmechanik zu analysieren. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die Mikrostruktur eines Werkstoffs ziehen, mit der sich das makroskopische Verhalten des Materials vorhersagen lässt.
Die Arbeit von ICAMS wird drei Schwerpunkte aufweisen:
-die Eigenschaften von Grenzflächen und die Schichthaftung,
-Vorgänge, die im Material bei starken Umformungen stattfinden, und
-der Einfluss von Legierungselementen auf die Eigenschaften von Stahl.
„Die Tatsache, dass die Multiskalenmodellierung von Materialien heute noch das Einreißen von Barrieren zwischen klassischen Disziplinen bedeutet, heißt automatisch auch, dass Ingenieure, die Eigenschaften von Werkstoffen aus der atomaren Struktur der Werkstoffe ableiten und verstehen können, bisher überhaupt nicht ausgebildet werden“, sagte Prof. Drautz. „Hier werden wir einen neuen Master-Studiengang schaffen, der eine neue Generation von Werkstoffingenieuren ausbilden wird, die von Anfang an mit einem weiten, ‚multiskaligen’ Weltbild aufwachsen werden und nicht mit einem auf eine Disziplin verengten Blickfeld.“
Werkstoff werden am Rechner maßgeschneidert
ICAMS soll dazu beitragen, innovative Produkte aus neuen Werkstoffen mit maßgeschneiderten Eigenschaften zu realisieren. „Für uns als Stahlhersteller in Nordrhein-Westfalen ist die Eröffnung dieses Instituts ein wegweisendes Ereignis“, meinte auch Dr. Karl-Ulrich Köhler, Vorstandsvorsitzender der Thyssen-Krupp Steel AG und Mitglied des Vorstandes der Thyssen-Krupp AG. Thyssen-Krupp hat die Federführung in einem Industriekonsortium (dem noch Bayer Material Science und Bayer Technology Services, Salzgitter Mannesmann Forschung und Bosch angehören), das die Hälfte der 24 Mio. Euro Anschubfinanzierung aufbringt. Die andere Hälfte steuert das Land bei.
Nordrhein-Westfalen strebt in Sachen Innovation an die Spitze
„Um Innovationsland Nummer 1 zu werden, brauchen wir herausragende Forschung auf Zukunftsfeldern“, erklärte NRW-Innovationsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart. Auch Köhler glaubt, dass ICAMS die Bedeutung des Standorts NRW stärken wird: „Wir sind der festen Überzeugung, dass dem Forschungsgebiet der Advanced Materials Simulation die Bedeutung einer Schlüsseltechnologie in der Werkstoffentwicklung zukommt.“
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