Handhabungsgerät zum Einsetzen von Getriebewellen in eine Messmaschine

Um die vorgesehenen Kontrollprozeduren bei der Fertigung von Getriebewellen für Schienenfahrzeuge und Schiffe bauteilschonend, sicher aber auch ergonomisch erledigen zu können, wurde bei der ZF Friedrichshafen AG vor der Wellen-Messmaschine ein Handhabungsgerät installiert.

Bei den Wellen handelt es sich um Know-how-Teile, die mit einem hohen Bearbeitungsaufwand gefertigt werden. Die Kontrolle der bearbeiteten Getriebewellen muss also in sicheren, maschinen- und materialschonenden Umschlagsprozessen erfolgen.

Täglich bestätigt die praktische Erfahrung, dass ergonomisch gestaltete Handhabungsprozesse prophylaktischen Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Mitarbeiter sowie Sicherheit fürs Umschlagsgut und die beteiligten Maschinen bedeuten. Bei ZF geht es um die Handhabung von 20 bis 150 kg schweren Spezialwellen für Schienenfahrzeuge und schnelle Schiffe.

Die für die Kontrolle vorgesehene Messmaschine ist nur von vorn zugänglich. Auf der linken und rechten Seite befinden sich empfindliche Messeinrichtungen, so dass für das kollisionsfreie Einsetzen der zu prüfenden Wellen wenig Platz bleibt.Zum Vermessen sind die Wellen vertikal in die Messmaschine einzusetzen. Dieses Einsetzen ähnelt aber mehr einem Einfädeln.

Nachlaufhemmungen erleichtern das Einsetzen in die Messmaschine

Bei dieser Feinpositionierung leisten die Nachlaufhemmungen wertvolle Dienste. Sie sind keine Bremsen, sie wirken den Trägheitsmomenten entgegen, so dass ein Nachlaufen verhindert wird.

Die Wellen werden zwischen vertikal installierten Spannspitzen eingesetzt. Dazu wird die Welle zunächst genau auf die Spitze des unteren Zentrierdorns abgesetzt, dann ausgerichtet und zum Schluss über die Spitze des oberen Zentrierdorns gespannt. Handhabungsgeräte, die das Gewicht der Wellen kompensieren, bieten bei solchen filigranen Bewegungen die optimale Sicherheit.

Bei dem installierten Handhabungsgerät Posimat PB 160 von MT Handhabungs- und Robotersysteme, einem Geschäftsbereich der Lissmac Maschinenbau und Diamantwerkzeuge GmbH, handelt es sich um ein manuell geführtes, pneumatisch arbeitendes Handhabungsgerät. Es ist auf einer Standsäule montiert und mit einem Gegengewicht ausgestattet. Die feste Verbindung mit dem Boden erfolgt über einen Flansch und eine Adapterplatte.

Handhabungsgerät mit stark begrenztem Arbeitsraum schützt Messmaschine

Um einen optimalen Schutz der Messmaschine zu gewährleisten, sind die Arbeitsräume des Handhabungsgeräts stark eingegrenzt. Das Standard-Handhabungsgerät bietet einen Arbeitskreis mit einem Durchmesser von 5200 mm um die Hauptsäule, doch bei ZF besitzt die Hauptsäule eine Drehbegrenzung. Aus gleichem Grunde erhielt der Posimat auch eine Hubhöhenbegrenzung.

Verstärkte Bremsen in der F1-Achse, der Schnittstelle zwischen Säule und Hubarm, sowie in der F2-Achse, der Schnittstelle zwischen Hubarm (Parallelogramm) und Schwenkarm, erleichtern das Einsetzen der Welle in die Messmaschine.

Wenn die Welle auf dem unteren Zentrierdorn aufsitzt, stellt man die beiden Achsbremsen fest und kann langsam den oberen Zentrierdorn nach unten fahren, bis er genau auf die Mitte der oberen Wellenachse trifft. Erst wenn das Prüfwerkstück oben und unten eingespannt und vollkommen entlastet ist, lässt sich der Greifer per Sicherheits-Zweihandbedienung durch das gleichzeitige Drücken des linken und rechten Öffnungstasters auf dem Bedientableau lösen.

Pneumatikzylinder im Handhabungsgerät kompensiert Gewicht der unterschiedlichen Wellen

Die Kompensation des Gewichts der unterschiedlichen Wellen erfolgt über einen Pneumatikzylinder, der zwischen der Hauptsäule und dem Hubarm installiert ist. Bei der Aufnahme einer Welle ermittelt die installierte pneumatische Waage blitzschnell das Gewicht des aufgenommenen Werkstücks und steuert den aufzubauenden Gegendruck im Pneumatikzylinder an. Daher muss der Bediener einzig die geringen Trägheitsmomente überwinden, denn die aufgenommene Welle befindet sich in einem schwebeartigen Zustand.

Damit der gesamte Manipulationsprozess sicher abläuft, ist der Posimat mit einem Druckerhöher ausgestattet. Zusammen mit einem 10-l-Druckgefäß sorgt er für einen Arbeitsdruck von mindestens 6 bar. Bei Ausfall der Druckluftversorgung schließt ein Rückschlagventil die Verbindung zum Druckluftnetz und ermöglicht, dass sich das aufgenommene Werkstück sicher ablegen lässt.

Der Manipulator besitzt eine Pushfunktion. Mit Hilfe des Servobe-diengriffs, der sich auf der rechten Seite des Bedientableaus befindet, lässt sich durch Drücken des Servobediengriffs nach oben oder nach unten zusätzlicher Druck in den Pneumatikzylinder leiten. Auf diese Weise wird das Heben und Senken der aufgenommenen Last zusätzlich unterstützt.

Spezialwagen fährt Wellen von der Bearbeitungsmaschine zum Handhabungsgerät

Auf einem Spezialwagen, der mit Prismenträgern ausgerüstet ist, werden die Wellen liegend, so wie sie aus der Bearbeitungsmaschine kommen, zur Wellenmessmaschine gefahren und im Arbeitsbereich des Handhabungsgeräts abgestellt. Dieser Platz ist auf dem Boden entsprechend gekennzeichnet.

Die kleinste Welle ist 15 kg schwer, 300 mm lang und hat einen Durchmesser von 60 mm. Die größte Welle, die in dieser Messmaschine kontrolliert wird, wiegt 150 kg, ist 1200 mm lang und misst im Durchmesser 280 mm. Für dieses Spektrum hat MT einen Spezialgreifer entwickelt (Bild 3), der das Messwerkstück aufnimmt und zum vertikalen Einsetzen um 90° nach oben schwenkt.

Die besondere Herausforderung bestand darin, einen Greifer zu konstruieren, der die schweren Wellen sicher hält, der ein breites Durchmesserspektrum abdeckt und dessen Backen nicht zu breit sein dürfen, damit er die Welle im vorgegebenen Bereich sicher aufnehmen kann.

Bei dem Spezialgreifer handelt es sich um einen kraftschlüssigen Außengreifer mit Prismenbacken. Eine Backe sitzt fest, die andere schließt und öffnet sich mit Hilfe eines Hydraulikzylinders. Die Versorgung des Hydraulikzylinders übernimmt eine elektrische Hydraulikpumpe, die einen Druck von etwa 120 bar erzeugt. Auch das Schwenken des Greifers um 90° nach oben erfolgt mit einem Hydraulikzylinder.

Der Greifer ist so ausgelegt, dass er mit zwei Prismenbackensätzen den gesamten Durchmesserbereich der Wellen erfasst. Der eine Prismenbackensatz nimmt alle Wellen mit Durchmessern von 60 bis 200 mm auf, der andere von 200 bis 280 mm. Eine Sicherheitsschaltung verhindert, dass sich der Greifer im Lastzustand weder absichtlich noch unabsichtlich öffnen lässt.

Hermann Högg ist Verkaufsleiter Sondermaschinenbau bei der MT Handhabungs- und Robotersysteme GmbH, 88410 Bad Wurzach

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