Schädigungsprozesse im Metall erstmals unter Mikroskop beobachtet

Wie steigende Temperaturen metallische Werkstoffe schädigen, hat ein internationales Forscherteam in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science beschrieben. Das Expertenteam mit dem Materialforscher Gerhard Dehm, Leiter des Departments Materialphysik der Montanuniversität Leoben, konnte erstmals beobachten, wie in Metallschichten entlang von Versetzungen, welche durch mechanische Spannungen entstanden sind, der thermisch aktivierte Transport von Atomen von einem Ort zum anderen funktioniert.

„Wir konnten beobachten, dass von kleinen Teilchen Atome sehr schnell zu größeren Teilchen wandern, wenn diese durch einen speziellen Defekt, so genannte Versetzungen, miteinander verbunden sind“, so Dehm, der auch Direktor des Erich-Schmid-Instituts für Materialwissenschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist. „Dadurch entstehen im atomaren Gefüge rasch freie Korridore, die zu einer rapiden Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften führen.“

Materialwissenschaftler wissen seit Jahren, dass die Diffusion von Atomen in Metallen durch Versetzungen stark beschleunigt werden kann. In den jüngsten Untersuchungen konnten die Forscher auch erstmals den experimentellen Beweis erbringen, indem sie das Diffusionsverhalten mit Hilfe eines Transmissionselektronenmikroskops sichtbar machten.

„Bei erhöhter Temperatur beginnen Werkstoffe zu kriechen. Das heißt, dass das Diffusionsverhalten thermisch aktiviert ist“, erklärt der Materialforscher Daniel Kiener von der Montanuniversität Leoben gegenüber pressetext. Kiener, der nicht an der Studie mitgearbeitet hat, kennt die Problematik sehr gut. Man könne sich die freien Korridore wie Spaghetti vorstellen entlang derer der Materialtransport abläuft. „Für die Metalle bedeutet dies, dass sie sich ausdehnen oder verformen.“

Das sei auch von außen erkennbar. Alte Bleirohre verändern sich durch das Eigengewicht bereits bei Raumtemperatur. „Je niedriger der Schmelzpunkt eines Metalls, desto eher werden derartige Kriechprozesse relevant, in speziellen Fällen verändern sie sich sogar schon bei Raumtemperatur“, so der Materialforscher. Grundsätzlich gelte die Faustregel, dass derartige Veränderungen ab 30 Prozent des Schmelzpunktes – in Kelvin gemessen – auftreten. „Im Inneren werden bei einer solchen Veränderung Millionen von Atomen bewegt“, ergänzt Dehm.

Der Hintergrund der Studie ist eine Materialverbesserung in Hinblick auf die Widerstandsfähigkeit. „Die Industrie verlangt nach immer leichteren, temperaturbeständigeren Werkstoffen, zum Beispiel für den Fahrzeugbau“, so Dehm. Das Kriechen von Metallen sei hier ein großes Problem, da es den Werkstoff schädige. Besonders betroffen davon sind etwa Leichtmetalle wie Aluminium. „Hier tritt das Kriechen bereits bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen von weniger als 200 Grad Celsius auf.“ Die Wissenschaftler wollen das Verständnis der Vorgänge im Inneren des Materials für die Entwicklung neuer Werkstoffe nutzen.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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