Neues Kabelnetzlabor stärkt Kompetenz in der Kommunikationstechnik

Die Hochschule ist damit in der Lage, beliebige heute gängige und auch für die Zukunft interessante Systemkonfigurationen zusammenzustellen und dann Messungen daran vorzunehmen. Systemintegrationslabore werden benötigt, weil in den echten Netzen keine praktischen Versuche stattfinden können.

Die Anlage ist der Hochschule von Firma Nokia Siemens Networks kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Der heutige Wert der ursprünglich etwa 1,5 Mio. DM teuren Laboreinrichtung liegt nach Angaben von Prof. Dr. Dieter Schwarzenau heute bei ca. 220.000 Euro. Schwarzenau ist Professor für Kommunikationstechnik und hat maßgeblichen Anteil an der Installation der neuen Anlage. Die Hochschule Magdeburg-Stendal ist die einzige Hochschule in Deutschland, die eine solche Anlage besitzt. Das Labor hat eine Fläche von ca. 110 Quadratmetern. Die Herrichtung hat ca. 100.000 Euro gekostet (doppelter Fußboden, Klimaanlage usw.). Insgesamt gehören mehr als 10.000 Meter verschiedener Kabel zur Ausstattung.

Es handelt sich um ein so genanntes Systemintegrationslabor. Es lässt sich in diesem Labor ein komplettes Kabelfernsehnetz nachstellen, also ein Netz, das normalerweise Ausdehnungen von etlichen Quadratkilometern hat und an dem tausende von Nutzern angeschlossen sind. Es sind alle Einrichtungen vorhanden, um in diesem Netz auch alle heute gängigen Dienste zu übertragen, d. h. Fernsehen, Tonrundfunk, Telefon und Internet. Zusätzlich wurden uns auch viele professionelle Messgeräte überlassen, mit denen die zu diesen Diensten gehörenden Signale analysiert werden können.

Die Spende ergänzt in idealer Weise die Systemteile, die in den letzten zehn Jahren aus verschiedenen Quellen übernommen werden konnten. Die Hochschule ist damit in der Lage, beliebige heute gängige und auch für die Zukunft interessante Systemkonfigurationen zusammenzustellen und dann Messungen daran vorzunehmen. Dabei sind folgende Aspekte besonders interessant:

1. In einem realen Netz können praktische Versuche nur sehr eingeschränkt vorgenommen werden, weil jederzeit sicher gestellt sein muss, dass die Dienste funktionieren. Kunden des Netzes würden mit wenig Verständnis reagieren, wenn z. B. bei der Übertragung eines Fußballländerspiels das Fernsehbild ausfällt, weil der Netzbetreiber gerade eine neue Gerätekonstellation erprobt.

2. Wie in vielen anderen Bereichen der Nachrichtentechnik lösen auch beim Fernsehen moderne digitale Techniken die frühere Analogtechnik ab. Wir leben in dem Jahr, für das in Deutschland der vollständige Ausstieg aus dem analogen terrestrischen Rundfunk beschlossen war. Die Vorteile sind zu verlockend: Man benötigt deutlich weniger Übertragungskapazität und kann in einem Kanal, in dem früher ein Programm in Analogtechnik übertragen wurde, ca. vier bis sechs digitale Kanäle übertragen. Bis heute kann aber noch niemand genau sagen, wie sich rein digital betriebene Kabelnetze verhalten, d. h. wie viele Kanäle ohne gegenseitige Beeinflussung übertragen werden können, wie weit die Komponenten ausgesteuert werden können, wie ein solches Netz zu planen ist usw. Noch rechnet man notgedrungen einfach Sicherheitsfaktoren ein, die aber letztlich Geld kosten. Deshalb führen größere Hersteller und Netzbetreiber zurzeit gründliche Untersuchungen durch, um die Zusammenhänge zu verstehen und daraus Planungswerte abzuleiten.

3. Die Digitalisierung der Netze begünstigt die Entstehung neuer Dienste, die vorher nicht denkbar waren. Dazu gehört aktuell z. B. die zunehmende Verbreitung von hochauflösendem Fernsehen (HDTV), die Entwicklung von 3D-Fernsehen und die immer wieder neu diskutierte Technik des „Fernsehens auf Abruf“ (elektronische Videothek). Letztere gelangt in Verbindung mit der Internet-Technik nun zusehends in greifbare Nähe. Alle diese Dienste haben eins gemeinsam: Sie verursachen einen immensen Datenverkehr und damit eine enorme Belastung für das Netz. Alle Telekommunikationsnetze, also auch die Kabelnetze, müssen deshalb ständig technisch weiter entwickelt werden, um diesen Datenverkehr bewältigen zu können. Dabei spielt der verstärkte Einsatz von Glasfasern als Übertragungsmedium eine genau so bedeutende Rolle wie die Einführung neuer Netzstrukturen. Auch wenn diese Lösungen lange bekannt sind, ist ihr Einsatz alles andere trivial, denn kein Netzbetreiber kann es sich leisten, sein vorhandenes Netz zu „verschrotten“ und ein neues zu bauen. Vielmehr muss er bemüht sein, eine Evolutionsstrategie zu finden, die ihm bei geringsten Kosten ständige Konkurrenzfähigkeit sichert.

4. Neue Dienste sind oft auch mit neuen Signalen verbunden, für die neue Qualititätsparameter und damit auch neue Messverfahren gefunden werden müssen. Ich war gerade in der letzten Woche drei Tage zu Normungssitzungen in Brüssel, bei denen es hauptsächlich um diese Thematik ging. Ich erhoffe mir, mithilfe eigener Untersuchungsergebnisse hier neue Erkenntnisse beisteuern zu können, die wiederum unseren Ruf als Kompetenzzentrum der Kabelnetzbranche festigen und ausbauen helfen.

5. In der Lehre geht es nicht primär darum, Spezialisten für Kabelnetze auszubilden, sondern Studierende am Beispiel „Kabelnetz“ die Grundprinzipien moderner Telekommunikation nahe zu bringen. Dazu eignen sich Kabelnetze wegen ihrer Vielfalt an Diensten und eingesetzter Technik besonders gut.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Dieter Schwarzenau
Tel.: 0391-886 44 90

Media Contact

Norbert Doktor idw

Weitere Informationen:

http://www.hs-magdeburg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Kommunikation Medien

Technische und kommunikationswissenschaftliche Neuerungen, aber auch wirtschaftliche Entwicklungen auf dem Gebiet der medienübergreifenden Kommunikation.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Interaktive Medien, Medienwirtschaft, Digitales Fernsehen, E-Business, Online-Werbung, Informations- und Kommunikationstechnik.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer