BMBF sichert Vorlaufforschung: Digitale Multimedia-Daten endlich fälschungssicher

Schon im Altertum wurden Dokumente mit Hilfe von Wasserzeichen geschützt. Dieses Wasserzeichen in Form einer Sonne stammt aus einem Kondolenzbrief an die Königin von Frankreich anlässlich des Todes von Heinrich IV im Jahre 1610.


Digitale Wasserzeichen sollen Authentizität und Unverfälschtheit von digitalen Multimediadaten verbürgen. Mangels geeigneter Bewertungsmaßstäbe werden sie jedoch oft unzweckmäßig oder gar nicht eingesetzt. Das Projekt „H2O4M – Sicherheit in Medienströmen: Qualität digitaler Wasserzeichen“ liefert ein Klassifikationsschema, das existierende Verfahren für den Anwender transparent und vergleichbar macht.

Die Musiktauschbörsen Napster, Gnutella und Freenet befinden sich seit Monaten unter heftigem Beschuss der Musikindustrie. Bertelsmann-Vorstand Andreas Schmidt scheint die Nase voll zu haben vom Gejammer über Musikpiraterie im Internet „Die Industrie muss schleunigst digitale Musik in sicheren, kopiergeschützten Formaten zur Verfügung stellen, um die Nachfrage zu befriedigen.“ Der Rückgriff auf eine über Jahrtausende verwendete Technik soll die aktuellen Probleme lösen. „Seit alters her helfen Wasserzeichen Herkunft und Echtheit von Dokumenten zu garantieren“, erklärt Dr. Jana Dittmann Leiterin des Projekts H2O4M (Watermark for Multimedia) am Institut für Integrierte Publikations- und Informationssysteme (IPSI) der GMD in Darmstadt.

Digitale Wasserzeichen sollen Authentizität und Unverfälschtheit von digitalen Bild-, Audio- und Videomaterialien sowie 3D-Modellen oder Kombinationen aus diesen Medien verbürgen. „Da geeignete Bewertungsmaßstäbe fehlen, verzichten sowohl Urheber als auch Soft- und Hardwarehersteller oft ganz auf den Schutz durch Wasserzeichen oder setzen beliebige, häufig für sie ungeeignete Verfahren ein“, erläutert Dittmann das Problem. Zur Behebung dieses Defizits hat IPSI gemeinsam mit dem Deutschen Rundfunkarchiv (DRA Frankfurt/Berlin) das Projekt „H2O4M – Sicherheit in Medienströmen: Qualität digitaler Wasserzeichen“ http://www.darmstadt.gmd.de/mobile/projects/h2o4m/index.html ins Leben gerufen.

Ein Klassifikationsschema mit definierten Qualitätsparametern soll die Verfahren für den Anwender vergleichbar und transparent machen. Je nach Anwendungsfall gewinnen oder verlieren bestimmte Parameter an Wichtigkeit. Wenn der Projektpartner, das DRA einem Kunden die Kopie eines Rundfunkbeitrages in digitaler Form zur Verfügung stellt, muss es seine Urheberrechte schützen können. Das gewährleistet das „Copyright Watermark“. Um ihm hohe Robustheit gegenüber legalen Manipulationen wie Rotation oder Kompression zu verleihen und es gleichzeitig sicher gegen direkte Angriffe zu machen, muss die eingebrachte Datenmenge möglichst klein gehalten werden. Sollte es einem Kunden dennoch gelungen sein, das Wasserzeichen aus seinen Kopien zu entfernen, kann er mit Hilfe des digitalen Fingerabdrucks des „Fingerprint Watermark“ ermittelt werden.

Stapel von Archivmaterial, von denen niemand mehr weiß, wo es herkam, könnten bald der Vergangenheit angehören. Mit einem „Annotation Watermark“ können solche Produktinformationen nicht wahrnehmbar und ohne Qualitätsverlust direkt in das Datenmaterial eingebracht werden. Zum Nachweis der Integrität werden zerbrechliche Wasserzeichen von Dittmann jetzt mit robusten kombiniert. Sie sollen inhaltsneutrale Operationen wie Kompression oder Skalierung zulassen und nur bei inhaltsverändernden Manipulationen wie Hinzufügen oder Entfernen von Elementen brechen.

Bertelsmann-Vorstand Schmidt geht davon aus, dass Musikliebhaber einen gut gepflegten legalen Umschlagplatz einer schlechten kostenlosen Tauschbörse in jedem Fall vorziehen würden. Existierende kommerzielle Produkte im Bereich der Audiowasserzeichen sind jedoch nicht öffentlich und konnten nicht getestet werden. Die Markierung von kombinierten Daten aus Video und Audio ist bisher überhaupt nicht erforscht. Mit ihrer Hilfe könnte sich aber beispielsweise vor Gericht nachweisen lassen, dass bei einem Überwachungsvideo der Stereoton ausgetauscht wurde. Im Rahmen des auf drei Jahre ausgelegten Projekts sollen hier erste Verfahren entwickelt werden.

In einem Feldversuch werden Wasserzeicheneditoren erstmals direkt in Multimedia-Applikationen integriert. Die Tecmath AG (Kaiserslautern) stellt dazu ein Content Management System zur Verfügung, mit dem multimediale Daten wie die des Projektpartners DRA verwaltet werden. Ausgehende Kopien von Bildern oder Videomaterial werden automatisch mit einer Markierung versehen.

Ziel des Projekts ist es, die vorhandene Technik großflächig nutzbar zu machen. „Wesentliche Ergebnisse von H2O4M werden deshalb in die StirMark Benchmark Suite einfließen“, erklärt Jana Dittmann. Jeder Anwender kann Wasserzeichen bei diesem ersten öffentlichen automatisierten Evaluierungsservice einsenden und wird anschließend per Mail über die Testergebnisse informiert.

Wichtig ist dem Leiter des Instituts Professor Dr. Ralf Steinmetz die Förderung des Vorhabens durch das Bundesforschungsministerium (BMBF): „Hier handelt es sich im wahrsten Sinne des Wortes um Grundlagenforschung: Es gibt noch so viele offene Fragen in diesem Bereich, aber in einigen Jahren wird sich aus diesem Forschungsbereich ein riesiger Markt entwickelt haben. Es ist gut für den Standort Deutschland, dass das BMBF nicht nur die anwendungsorientierte Forschung unterstützt, sondern auch die weltweit führende Position einer deutschen Einrichtung anerkennt und mit der entsprechenden Förderung auch zur zukünftigen Sicherung unseres internationalen Vorsprungs beiträgt.“

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Dipl.-Betriebswirt (FH) Joachim Jakobs idw

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