Bremer Forscher erarbeiten Bausteine einer Soziologie des Internet

Schöne neue Cyberwelt: Das Internet verändert Kommunikation. Veränderte Kommunikation beeinflusst menschliches Verhalten. Doch darüber, wie dieser soziale Wandel vor sich geht, ist in der dafür zuständigen Disziplin wenig bekannt. Die Soziologie hat die Auswirkungen der Kommunikation über das Internet und den Folgen für die soziale Wirklichkeit bisher weitgehend ausgespart. Doch eine neue Generation von Netzwerk-Soziologen beschäftigt sich mit der Wechselbeziehung von Internet und Gesellschaft. An der Universität Bremen hat sich eine Gruppe sozialwissenschaftlich orientierter Netzwerker in der Creative Network Factory zusammen gefunden. Diese Bremer Denkfabrik hat jetzt ihre Forschungsarbeiten veröffentlicht.

Die zehn ehemaligen und Noch-Studierenden der Bremer Uni verstehen ihre Beiträge als „Bausteine einer praktischen Soziologie des Internet“. Die begeisterten Netzwerker bereisen seit Jahren den Cyberspace und beleben die Netzwerkmedien als Programmierer und Web-Designer, als Content-Analytiker und Multimedia-Entwickler. In der Gruppe um Dr. Michael Schetsche und Kai Lehmann kommen praktische Erfahrung und theoretische Neugierde zusammen. Das Ergebnis: Neue Impulse für die Mediensoziologie.

Zur Gruppe der Bremer Netzwerksoziologen gehört Thomas Temme, der in Bremen, Italien und den USA Soziologie studiert hat und zurzeit seine Abschlussarbeit schreibt. Er hat die nonverbalen Inhalte des www mit soziologischen Methoden untersucht. Welche Bedeutung kommt der nonverbalen Kommunikation über das Internet zu, wie und mit welchen Mittel beeinflusst diese Ebene der Kommunikation die Konstruktion von Wirklichkeit? Wo sind zum Beispiel die Unterschiede zwischen kommerziellen und privaten Web-Oberflächen, zwischen Sekten und Kirchen? Sein Befund: Auf der nonverbalen Ebene vollzieht sich eine Parallelkommunikation, die selten bewusst wird, aber das Verständnis von Seiten erheblich prägt. Stilmittel wie Farbe oder Schriftart können beispielsweise so eingesetzt werden, dass Texte dadurch als geheim und gefährlich oder als seriöse Information gelesen werden. Daraus leitet der Bremer Student ab, dass die Soziologie aufgefordert ist, ihre Fragestellungen um diesen Aspekt der Kommunikation im Internet zu erweitern. Will die Soziologie als Wissenschaft, die soziale Wirklichkeit und menschliche Kommunikation thematisiert, weiter ernst genommen werden, muss sie sich mit der Thematik auseinander setzen, mit welchen Mitteln Wirklichkeit über die virtuelle Ebene erzeugt wird.

Information und Wissen sind gegenwärtig die zentralen Triebfedern gesellschaftlicher Entwicklung. Davon ausgehend beschäftigt sich Thomas Krug, derzeit Mitarbeiter im Forschungszentrum Arbeit und Technik (artec) der Universität Bremen, mit virtuellen Lernformen. Er geht davon aus, dass sich in diesen modernen Lernformen nicht nur gesellschaftliche Entwicklungen widerspiegeln, sondern dass die moderne Technik dazu befähigt, neues von der Gesellschaft benötigtes Wissen hervorzubringen. Er plädiert für den Einsatz neuer Lerntechniken in Universität und Schule. Allerdings sollen dadurch die „traditionellen“ Lernformen, die von großer sozialer Bedeutung sind, nicht über Bord geworfen, sondern ergänzt werden. Für eine Einrichtung wie die Universität Bremen, die sich gern den Stempel „Notebook-Uni“ aufdrückt, heißt es in den Augen von Thomas Krug, die virtuellen, interaktiven und kooperativen Lerntechniken über das Internet zu nutzen, aber gleichzeitig zu fragen, was dies für die soziale Situation in der Universität bedeutet. Gleiches empfiehlt Krug auch für das Lernen in der Schule.

Auch die anderen Autoren des Sammelbandes „Netzwerker-Perspektiven: Bausteine einer praktischen Soziologie des Internet“ erweitern die Mediensoziologie um die Aspekte des Internet. Sie schlagen gemeinsam eine Brücke zwischen Theorie und Praxis und postulieren die Soziologie als Werkzeug für Netzwerker – wissenschaftliche Denkanstöße von jungen Bremer Mediensoziologen.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Thomas Krug und Thomas Temme
Tel: 04244-967790 und 0163-4008200
E-Mail: thomas_krug@gmx.net und tomtem@web.de

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Weitere Informationen:

http://www-uni-bremen.de

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