TU Ilmenau leitet internationales Schwerpunktprogramm zur Erforschung turbulenter Superstrukturen
Wie schnell entstehen starke Windböen? Wie hängt ihre Stärke und Lebensdauer von der Topografie und der Beschaffenheit der Erdoberfläche ab? Wie entstand der rote Fleck auf dem Jupiter und wie schafft es der mehr als zwei Erddurchmesser gigantische Wirbel, seit mehr als 400 Jahren zu existieren? Wie kommt es auf der Sonnenoberfläche zu dem regelmäßigen Wabenmuster aus Superzellen heißer Materie, so genannten Superkonvektionszellen?
Ihren Ursprung haben all diese Phänomene in turbulenten Superstrukturen – einer Ordnung in weit ausgedehnten Systemen, die aus der turbulenten Wirbelbewegung hervorgeht und die der gängigen Vorstellung widerspricht, dass Fluidbewegung im Falle von Turbulenz ungeordnet und chaotisch ist. Das Schwerpunktprogramm 1881 der Deutschen Forschungsgemeinschaft will Licht in die ungeklärten Fragen rund um turbulente Superstrukturen bringen.
Prof. Jörg Schumacher vom Institut für Thermo- und Fluiddynamik der TU Ilmenau führt das internationale Wissenschaftlerteam aus Strömungsforschern, theoretischen Physikern, angewandten Mathematikern und Informatikern an.
Mit Hilfe schnellster Hochleistungsrechner und neuester laserbasierter tomographischer Strömungsmesstechnik ist es den Wissenschaftlern erstmals möglich, die ausgedehnten Superstrukturen unter kontrollierten Bedingungen in Strömungssimulationen und großen Windkanalexperimenten darzustellen und zu erforschen. Dabei fallen gigantische Datenmengen an, die von Mathematikern und Informatikern mit effizientesten Algorithmen und mit Hilfe neuartiger Methoden der Mustererkennung und Datenreduktion durchforstet und analysiert werden.
Prof. Schumacher ist zuversichtlich, erstmals die zentralen Fragen nach dem Ursprung von Superstrukturen und ihrer Bedeutung für den turbulenten Transport von Impuls und Wärme beantworten zu können: „Das führt letztendlich zu genaueren Vorhersagen des Wetters und des Klimawandels und hilft uns, die variierende Aktivität der Sonne zu verstehen, die wiederum einen entscheidenden Einfluss auf unsere obere Erdatmosphäre in den Polarregionen hat.“
Der Leiter des Fachgebiets Strömungsmechanik glaubt auch, dass die Erforschung von Dynamik und Lebensdauer turbulenter Superstrukturen helfen könnte, konkrete praktische Anwendungen zu verbessern. Lassen sich beispielsweise mit Hilfe der Grundlagenforschung Muster von Windböen frühzeitig identifizieren, könnte der Anstellwinkel der Rotorblätter von Windturbinen rascher angepasst und so die Materialbelastung und die Wartungskosten von Windparks verringert werden.
Das interdisziplinäre DFG-Schwerpunktprogramm SPP 1881 „Turbulente Superstrukturen“ umfasst 22 Teilprojekte. Das Kick-Off Meeting vom 5. bis zum 7. Dezember bringt die Forscherteams aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden zur ersten dreijährigen Phase des interdisziplinären Forschungsprogramms in Ilmenau zusammen.
Bevor das Forschungsprogramm gestartet werden konnte, mussten Prof. Jörg Schumacher und sein Team ein langwieriges zweistufiges Begutachtungsverfahren bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchlaufen. Nachdem vor eineinhalb Jahren ein Vorantrag positiv beschieden wurde, stellte sich die TU Ilmenau mit vier Einzelanträgen 45 weiteren Forschergruppen, von denen im Frühsommer dieses Jahres 22 zur Förderung bewilligt wurden, davon zwei für die TU Ilmenau. Bei erfolgreicher Zwischenbilanz im Jahr 2019 wird das Programm um weitere drei Jahre verlängert.
Kontakt:
Prof. Jörg Schumacher
Institut für Thermo- und Fluiddynamik
Tel.: 03677 / 69-2428
E-Mail: joerg.schumacher@tu-ilmenau.de
Media Contact
Weitere Informationen:
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