Mit getarnten Viren und chemischen Tricks gegen den Krebs

Grafik: Virus mit "Badehaube" - Erstellt von Moritz und Lara Krutzke

Diagnose „Krebs“ – für die meisten ist das allein schon ein großer Schock, alles steht Kopf. Ebenso belastend ist dann die oft verschriebene Chemotherapie, unter der ein bisher alltägliches Leben kaum möglich ist. Was, wenn der Krebs ohne Chemotherapie behandelt werden könnte und die Nebenwirkungen denen einer leichten Erkältung gleichen? Genau daran arbeitet Prof. Dr. Florian Kreppel mit einem interdisziplinären Team aus Chemikern, Biologen und Onkologen.

Kreppel ist neuer Inhaber des Lehrstuhls für Biochemie und molekulare Biologie an der Universität Witten/Herdecke (UW/H). Der in München geborene und im Rheinland aufgewachsene Familienvater setzt nun in Witten seine Forschungstätigkeit fort. Sie gliedert sich in zwei große Bereiche: Zum einen die Onkolyse bzw. Virotherapie, bei der Erkältungsviren so verändert werden, dass sie vom Immunsystem unbemerkt in das Tumorgewebe eindringen und es von innen zerstören. Zum anderen entwickelt er genetische Vakzine, also Impfstoffe gegen Krankheiten, gegen die bislang noch kein Schutz möglich ist.

„Mit Hilfe chemischer Tricks setzen wir Viren, aber auch anderen Trägersubstanzen, Badehauben auf“, erklärt Kreppel das Verfahren bildlich. „So können sie unerkannt durch die Blutbahn an den Wirkungsort gelangen. Das kann ein Tumor sein, aber auch bestimmte Zellen des Immunsystems, die für die Abwehr von Krankheitserregern wichtig sind.“ Tatsächlich gibt es bereits ein in Europa und USA zugelassenes Krebsmedikament, das auf einem Virus basiert. Die große Herausforderung ist es, die Viren so zu präparieren, dass sie ihre gewünschten positiven Eigenschaften zur Krankheitsbekämpfung behalten. Kreppels Technologie ist bereits weit entwickelt und wird derzeit für klinische Studien angepasst. Dann kann sie voraussichtlich bei vielen Krebsarten wie Lungen-, Leber-, oder Pankreaskrebs zum Einsatz kommen.

Lehren und forschen in Witten

„Es ist mir wichtig angewandte Forschung zu betreiben“, betont Florian Kreppel. „Diese kann ich an der UW/H frei gestalten und erhalte Unterstützung von einem kompetenten Team aus Biochemikern, Zell- und Molekularbiologen.“ Sobald er sich am Lehrstuhl eingerichtet hat, möchte er weitere Projekte mit seinen neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie ehemaligen Kollegen aus Ulm beginnen.

In der Lehre findet Kreppel den Ausgleich zur intensiven Forschungsarbeit. Er möchte seine Begeisterung für die molekulare Medizin den Wittener Studierenden vermitteln und sie zum Weiterdenken animieren: „Komplex wie die Biochemie und Molekulare Medizin sind, kann ich innerhalb eines Seminars Grundlagen erklären und methodische Kompetenzen weitergeben. Das Wichtigste hierbei ist aber, dass ich Begeisterung und Faszination für Zusammenhänge vermittle. So werden die Studenten zu selbstständigem Arbeiten und wissenschaftlichem Denken motiviert.“

Zur Person:

Prof. Dr. rer. nat. Florian Kreppel (Jahrgang 1972) hat im Bereich molekulare Medizin an der Uni Ulm habilitiert. 2002 promovierte er in Köln am damals neu gegründeten Zentrum für molekulare Medizin. An der Universität Tübingen studierte er bis 1998 Biochemie – eine der wenigen Hochschulen, die damals dieses Fach in Deutschland anboten. Sein großes Interesse für Biologie und Chemie entdeckte Kreppel bereits im Schulalter und verfolgt sie bis heute. Privat schwingt er sich gerne aufs Rennrad und freut sich darauf das Bergische Land zu erkunden.

Erläuterung der Grafik:

Virus mit chemischer Badehaube.
Viren und nicht-virale Substanzen können zur Behandlung und Vorbeugung von Krebserkrankungen sowie Infektionserkrankungen eingesetzt werden. Dabei werden sie aber häufig von Blutbestandteilen inaktiviert (Antikörper, grau; das natürliche Abwehrsystem Komplement, blau; Blutgerinnungsfaktoren, rot). Durch eine Kombination genetischer (gelb) und chemischer Veränderungen will das Team um Prof. Kreppel die Viren vor einer Neutralisierung schützen. Hierzu werden den Viren „molekulare Badehauben“ (grün) aufgesetzt. So sind die Viren geschützt und können ihren Wirkort erreichen. Ein ganz ähnliches Verfahren wendet das Team um Prof. Kreppel auch für neuartige Substanzen auf Polymerbasis an.

Weitere Informationen bei Florian Kreppel: Tel: 02302 / 926-145, florian.kreppel@uni-wh.de

Über uns:

Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als Modelluniversität mit rund 2.300 Studierenden in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Kultur steht die UW/H für eine Reform der klassischen Alma Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit Werteorientierung und Persönlichkeitsentwicklung.

Witten wirkt. In Forschung, Lehre und Gesellschaft.

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Katrin Schubert idw - Informationsdienst Wissenschaft

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