Kann man sich gesund trommeln?

Musik, Rhythmus, Bewegung: „Trommeln und Tanzen sind die einfachsten Formen der Kommunikation seit Entstehung der Menschheit und auch heute noch sehr verbreitet, vor allem in Afrika und Asien“, berichtet Peter Wright, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Sportmedizin/-biologie der Technischen Universität Chemnitz. Forscher verschiedener Fakultäten der TU beschäftigen sich im Projekt „The Drum Beat – Chemnitz Drumming Project“ mit den Wirkungen und Effekten verschiedener Arten des Trommelns auf Fitness, Gesundheit und Verhalten. Initiiert von der Professur Sportmedizin/-biologie sind inzwischen neben Sportwissenschaftlern und -ingenieuren auch Psychologen, Kommunikations- und Wirtschaftswissenschaftler der TU Chemnitz am Projekt beteiligt.

27 gesunde Erwachsene und elf Kinder haben die TU-Wissenschaftler bei Trainingseinheiten des Fitnesstrends Drums Alive getestet. Zwei Trommelsticks und ein Gymnastikball sind das benötigte Equipment für Drums Alive; vereint werden Elemente von Aerobic, Tanz und Trommeln. „Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass Drums Alive eine effektive Trainingsform ist. Alle gemessenen Parameter – also sowohl Herzfrequenz und Blutlaktat als auch das subjektive Belastungsgefühl – zeigen nennenswerte Anstiege, was Drums Alive als Übungsalternative im fitness- und gesundheitsorientierten Sport qualifiziert“, sagt Wright. „Allerdings lagen die Blutlaktatwerte in der älteren Untersuchungsgruppe schon nah an der Grenze zum anaeroben Bereich, in dem der Körper den Sauerstoffbedarf nicht mehr decken kann. Das muss vor allem beim Einsatz von Drums Alive bei bestimmten Risikogruppen beachtet werden“, deutet er den weiteren Forschungsbedarf an. Aber neben diesen physiologischen Wirkungen könne das Trainingskonzept auch zur Verbesserung verschiedener anderer Fähigkeiten und Fertigkeiten eingesetzt werden: zum Beispiel zur Steigerung der Konzentrationsfähigkeit und der interkulturellen Kompetenz, wie die beiden aktuell laufenden Teilprojekte von „The Drum Beat“ zeigen.

Interkulturelle Projektwoche für Schüler

Für 60 Schüler der 8. Klassen des Chemnitzer Georgius-Agricola-Gymnasiums haben Wissenschaftler und Studierende der Professur Interkulturelle Kommunikation der TU Chemnitz kurz vor den Sommerferien eine Projektwoche konzipiert, organisiert und wissenschaftlich begleitet, die unter dem Titel „Cultural Drumming“ stand, was gleichzeitig eine Unterart von Drums Alive ist. „Ziel war, die Jugendlichen im Umgang mit kultureller Differenz, Fremdheit und Andersheit zu schulen“, berichtet Dr. Maik Arnold, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Interkulturelle Kommunikation, und erzählt: „Cultural Drumming steht für den speziell für diese Zielgruppe entwickelten didaktischen Baustein, der zur Vermittlung interkultureller Kompetenz in Verbindung mit landeskundlichen Lerngegenständen über Japan und den ostasiatischen Kulturraum eingesetzt wurde. Roter Faden der Projektwoche war der Einsatz von Drums Alive.“ Die Schüler konnten im Rahmen eines fächerübergreifenden Unterrichts von Ethik, Musik, Geografie und Sport neue Themen- und Anwendungsfelder kennenlernen, wie die interkulturelle Kommunikation, kulturelle Vielfalt und Identität, Taiko-Trommeln, Landeskunde Japans und feinmotorische Koordinationsübungen. Sie wurden auch angeleitet, Trommel-Choreographien einzustudieren, und konnten sich in Rollenspielen, Workshops und interaktiven Lernsituationen ausprobieren und ihre Teamfähigkeit schulen. „Besonders gut angenommen haben die Schüler die vielen Trommelaktionen. Die Weiterführung und Wiederholung dieser Projektwoche ist für das kommende Schuljahr bereits geplant“, so Arnold.

Trommeln als Therapie

Gerade abgeschlossen haben die Forscher zudem eine Datenerhebung mit 36 Kindern der Dr.-Salvador-Allende-Grundschule Chemnitz, die spezialisiert ist auf die Therapie der Lese-Rechtschreib-Schwäche. „Die Schüler haben zweimal pro Woche Drums Alive-Einheiten absolviert. Erfasst wurde neben den physiologischen Reaktionen und Veränderungen in Konzentration- und Aufmerksamkeitsfähigkeit auch der Spaßfaktor“, berichtet Wright.

Dies soll zum einen Grundlage sein für eine längere Studie mit den Grundschülern ab dem kommenden Schuljahr, zum anderen ist es die Basis für eine geplante Untersuchung mit Krebspatienten. „Unsere Forschungshypothese beruht dabei darauf, dass die Nebenwirkungen einer Chemotherapie durch Sport reduziert werden und die Überlebenschance nach der Chemotherapie durch sportliche Betätigung um 70 Prozent steigt. Der besonders hohe Spaßfaktor, den wir beim Trommeln bei unseren bisherigen Studien verzeichnen konnten, lässt uns vermuten, dass das Drumming ein sehr effektives Mittel zur Unterstützung einer Krebstherapie ist“, erklärt Wright. Um dies zu erforschen, wollen die Chemnitzer Wissenschaftler mit drei Testgruppen arbeiten und die Behandlung ohne und mit konventioneller Sporttherapie vergleichen zu der Therapie mit Einsatz des Trommelns. „Wir sind mit mehreren Kliniken im Gespräch, mit denen wir kooperieren möchten“, so Wright. Bereits jetzt läuft eine Zusammenarbeit mit der Klinik Carolabad in Chemnitz, einem Zentrum für Verhaltensmedizin, Psychosomatik, Psychotherapie und Psychiatrische Rehabilitation. Dabei geht es vor allem um die Therapie von Depressionspatienten. Außerdem geplant sind Untersuchungen mit Senioren sowie mit Parkinson-, Adipositas-, Herz- und Diabetespatienten.

„The Drum Beat“ im Internet: http://www.thedrumbeat.de

Weitere Informationen erteilt Peter Wright, Telefon 0371 531-35590, E-Mail peter.wright@hsw.tu-chemnitz.de, sowie zur Projektwoche mit dem Georgius-Agricola-Gymnasium Dr. Maik Arnold, Telefon 0371 531-35559, E-Mail maik.arnold@phil.tu-chemnitz.de

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Katharina Thehos Technische Universität Chemnitz

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