Ferngesteuerte Menschen bald Realität

Es hört sich an wie ein teuflischer Fluch aus einem Harry Potter-Buch. Doch um Bewegungen von anderen Menschen steuern zu können, benötigt man keine Magie. Wissenschaftlern des Prince of Wales Medical Research Institute in Sydney ist es jetzt gelungen, Versuchspersonen mithilfe einer Augenbinde, Elektroden und einer speziellen Fernbedienung, die elektrische Impulse an das Gleichgewichtszentrum des „Opfers“ schicken kann, über einen Schlängelpfad im botanischen Garten in Sydney zu dirigieren. Das spezielle elektronische Signal, das die Fernbedienung aussendet, wurde dabei durch Sonden, die hinter den Ohren der Probanden angebracht waren, aufgefangen. Die Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht.

Hinter den Ohren befindet sich das Gleichgewichtszentrum des menschlichen Körpers, das nicht nur für die Balance verantwortlich ist, sondern auch für die Navigation. Wenn ein Mensch seinen Körper in eine bestimmte Richtung lenkt, werden Ohren, Augen, die Nase und viele andere Indikatoren angewendet. Die gesammelten Daten kommen im Gleichgewichtszentrum zusammen, das den „Brei an Informationen“ in eine Bewegung umwandelt. Die wichtigsten Daten kommen dabei normalerweise von den Augen. Doch wenn man nichts sehen kann, beispielsweise wenn man eine Augenbinde trägt oder es stockdunkel ist, sind die Ohren die wichtigste Informationsquelle. Auf dieser Tatsache basierten die Forscher nun ihre Experimente. Die elektrischen Wellen aus der Fernbedienung manipulierten die Daten, die die Ohren übermittelten. Dafür benutzen sie spezielle Elektroden, die die Signale auffangen konnten.

Die Entdeckung, dass Menschen auf diese Weise „gesteuert“ werden können, ist an sich nicht neu. Bereits im Jahre 1999 ist es Wissenschaftlern gelungen, die Bewegungen von Menschen zu beeinflussen. Ein wichtiger Unterschied ist jedoch, dass die Forscher nicht wussten, wie das Ganze zustande kam. Zudem bewegten sich die Probanden stolpernd und unnatürlich fort, während die Bewegungen in der neuen Studie viel fließender sind. Die angewendete Technik ist den Forschern zufolge nicht nur in Virtual Reality-Simulationen anwendbar , sondern könnte auch für die Behandlung von bestimmten Leiden, wie etwa der Reisekrankheit, angewendet werden. Doch bevor es soweit ist, muss die Technik noch deutlich verfeinert werden.

Das wichtigste Problem, das gelöst werden muss, ist der Einfluss der Position des Kopfes auf die Verarbeitung der elektrischen Signale. Menschen, die sich steuern lassen möchten, müssen nämlich ihren Kopf entweder nach vorne oder nach hinten beugen. Wenn sie den Kopf aufrecht halten, wird derselbe elektrische Impuls sie nämlich nach vorne kippen lassen, da die Forscher den Weg der Signale bisher nicht beeinflussen konnten. Um die Technik für Patienten anwendbar zu machen, sollte daher zuerst eine Methode gefunden werden, das System bei allen Positionen des Kopfes funktionieren zu lassen. Was die praktische Anwendbarkeit des heutigen Systems anbetrifft, sind die Wissenschaftler eher skeptisch. Wenn es schon zur Anwendung kommt, dann hauptsächlich in der Welt der Videospiele, meinen sie.

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Reanne Leuning pressetext.austria

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