Komplizierte Denkmuster im Gehirn entschlüsselt

Neue Form robuster Synchronisation in komplexen Netzwerken entdeckt

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation sind den komplizierten Denkmustern im Gehirn einen Schritt weitergekommen. Den Wissenschaftlern ist es gelungen herauszufinden, dass sich das kollektive Verhalten neuronaler Netzwerke bei einer komplizierter werdenden Struktur qualitativ stark verändern kann. Diese Erkenntnisse waren bisher nicht bekannt, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Physical Review Letters.

Um einen Text verstehen oder Musik hören zu können, nutzen die Menschen neuronale Netzwerke im Gehirn. Diese bestehen aus Millionen von Nervenzellen (Neuronen), die auf komplizierte Art und Weise in Netzwerken zusammengeschaltet sind. Bisher sind die Wissenschaftler davon ausgegangen, dass die Dynamik eines neuronalen Netzwerks schnell in einen stationären Zustand, einen so genannten Attraktor, mündet. Nach den bisherigen Theorien bedeutet die Konvergenz zu einem Attraktor das Erfüllen einer Aufgabe, wie zum Beispiel das Erkennen eines Gesichts. Die Göttinger Forscher haben nun entdeckt, dass bei komplizierterer Verschaltung der Nervenzellen nicht sehr lange Transienten (das vorübergehende Netzwerk zwischen zwei Attraktoren) auftreten, sondern, dass Wahrnehmungen von lang andauernden chaotischen Transienten bestimmt wird. Die Forscher vermuten daher, das Gehirn könnte doch anders arbeiten als wir denken und die Transienten zur Verarbeitung von Informationen benutzen.

Der neuen Theorie des Forscherteams um Alexander Zumdieck, Marc Timme, Theo Geisel und Fred Wolf nach werden die Attraktoren in bestimmten Netzen komplex verknüpfter Neuronen erst nach extrem langen Transienten erreicht. Die Wissenschaftler zeigen, dass solch dramatische Veränderungen im dynamischen Verhalten schon bei kleinen Änderungen der Netzwerkstruktur auftreten. Die typische Dynamik eines solchen Netzes wird also nicht durch die Attraktoren, sondern durch die Transienten bestimmt. Von daher könnten die Attraktoren in den neuronalen Netzen weniger wichtig sein als bisher angenommen.

Die Forscher haben auch festgestellt, dass die mittlere Dauer der Transienten sehr schnell mit der Netzwerkgröße wächst. Sind beispielsweise 80 Prozent der möglichen Verknüpfungen in einem Netz hergestellt, erreicht ein Netzwerk aus nur zehn Neuronen, die zehn Mal pro Sekunde einen Puls aussenden, einen Attraktor erst nach etwa zehn Sekunden. Ein Netzwerk aus 100 Neuronen bräuchte dafür etwa zehn hoch elf Jahre. Netzwerke dieser Größe erreichen also den Attraktor praktisch nicht.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.deutschland

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