Katalog der Katakomben im Römischen Reich

Sparda-Bank Nürnberg ermöglicht Forschungsstipendien für Graduierte

In der Umgebung von Neapel und in der Toskana, auf Sardinien und auf dem Balkan sind junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Erlanger Lehrstuhl für Christliche Archäologie unterwegs. Ihr Arbeitsgebiet liegt unter der Erde verborgen: Begräbnisstätten des frühen Christentums im Römischen Reich, ein Forschungsgegenstand an der Schnittstelle von Theologie, Archäologie und Kunstgeschichte. Vier Monate sind in der Regel dafür angesetzt, einen abgegrenzten geographischen Bereich zu bearbeiten. So lange trägt die Sparda-Bank Nürnberg eG die Kosten der Forschungsstipendien. Mit diesem außergewöhnlichen Förderkonzept können zwei Ziele erreicht werden: Das Stipendium baut dem archäologischen Nachwuchs eine Brücke zum Einstieg ins Berufsleben. Zugleich wird ein Projekt verwirklicht, das so umfangreich ist, dass es von vielen Schultern getragen werden muss.

Von Portugal bis Syrien erstreckte sich das Imperium Romanum in der Spätantike, der Epoche zwischem dem ausgehenden zweiten und dem sechsten bis siebten Jahrhundert. Seine Grenzen geben die Ausdehnung des Geländes vor, das für eine Bestandsaufnahme jener unterirdischen Friedhöfe abzudecken ist, die unter dem Namen „Katakomben“ eher romantisch-gruselige, meist recht realitätsferne Assoziationen wachrufen. Das bisherige Standardwerk, „Gli antichi cimiteri cristiani di Roma e d’Italia“ von Mariano Armellini, erfasst nur Italien und ist 1893 erschienen. Den Plan, dieses Verzeichnis dem Kenntnisstand der Gegenwart anzupassen und auf das gesamte Herrschaftsgebiet von Rom auszuweiten, bezeichnet der Projektleiter, Prof. Dr. Reiner Sörries, deshalb zu Recht als
„Jahrhundertprojekt“.

Reiner Sörries, Professor am Lehrstuhl für Christliche Archäologie der Universität Erlangen-Nürnberg, ist hauptamtlich Leiter des Museums für Sepulkralkultur in Kassel. Ein derart umfangreiches Forschungsvorhaben in Angriff zu nehmen, stellte ihn vor Probleme des Zeit- und Arbeitsaufwands wie der Finanzierung. „Drittmittelforschung gilt heute praktisch für jeden Wissenschaftler als unerlässlich, ja sogar als Gradmesser seiner Reputation. Doch die Geisteswissenschaften und die Theologie bemühen sich oft vergeblich um diese Form der Unterstützung“, beschreibt er seine Erfahrungen.

Mit der Sparda-Bank in Nürnberg hat er den passenden Partner für das Projekt gefunden. Archälogische Forschung in weiten Teilen Europas zu unterstützen, ist für die Bank zwar eher ungewohnt; als Unternehmen mit regionaler Kundschaft engagiert sie sich sonst für kulturelle und lokale Ziele im lokalen Umfeld. Das Konzept, das gemeinsam erstellt wurde, kommt aber beiden Seiten entgegen.

Das Forschungsfeld wurde in überschaubare Räume gegliedert, die graduierten Absolventinnen und Absolventen der Christlichen Archäologie zur Bearbeitung angeboten werden. Auf den Abschluss einer Magisterarbeit oder Dissertation folgt häufig eine Phase der Orientierung. Die qualifizierten jungen Leute wollen das erworbene Wissen praktisch umsetzen und eine berufliche Existenz aufbauen, müssen jedoch gleichzeitig ihren Lebensunterhalt bestreiten. Bis der Berufseinstieg gelungen, ein weiterführendes Stipendium oder ein Volontariat gefunden ist, vergehen oft einige Monate.

In dieser Situation greift das Forschungsstipendium der Sparda-Bank, das ähnlich wie Promotionsstipendien ausgestattet ist. „Der allergrößte Teil der Fördermittel kommt den Graduierten zugute“, versichert Prof. Sörries. „Damit ist das Anliegen des Geldgebers erfüllt, sich sozial zu engagieren.“ Keinesfalls werden die Drittmittel für die reguläre Arbeit des Lehrstuhls eingesetzt.

1997 finanzierte die Sparda-Bank erstmals eine Exkursion der Archäologen zu den Katakomben in der Toskana, in Neapel und auf Sizilien. Seither wurde die Förderung kontinuierlich weitergeführt. In dieser Zeit konnten fünf Forschungsstipendien vergeben und Exkursionszuschüsse in beträchtlicher Höhe im Empfang genommen werden. Die Katakomben im Umland von Rom, in Apulien und auf Sardinien sind bereits bearbeitet. Derzeit laufen Stipendien für den Bereich Neapel mit Kampanien und für den Balkan.

Für die Forschung schätzt Prof. Sörries die bisherigen Arbeiten als „außerordentlich ertragreich“ ein. Es hat sich erwiesen, dass das christlich-antike Bestattungswesen alles andere als einheitlich war. Schon innerhalb Italiens zeigen sich große Unterschiede in der Struktur und Architektur von Friedhöfen und Katakomben.


Rom als Sonderfall

War man bisher eher geneigt, die in Rom herrschenden Verhältnisse als Vorbild anzusehen, so belegen die Forschungsarbeiten schon jetzt, dass die Hauptstadt im Vergleich zu den Regionen immer eine Sonderstellung eingenommen hat. Die Architektur der stadtrömischen Katakomben reicht über die „suburbikarische Region“, das Umland Roms, kaum hinaus. An anderen Orten sind sehr eigenständige, oft an die Traditionen der vorchristlichen Zeit angelehnte Bestattungsformen zu beobachten.

Keineswegs überall hat sich das im frühchristlichen Rom erdachte und entwickelte System großer Gemeindefriedhöfe durchgesetzt, das bei den römischen Katakomben augenfällig ist. Vielfach blieb es bei Grabanlagen, die auf die Verhältnisse der Großfamilie zugeschnitten sind. Solche kleinräumigen unterirdischen Begräbnisstätten werden Hypogäen genannt. Bei den folgenden Untersuchungen im östlichen Mittelmeerraum wird der Frage nachgegangen, ob die Bestattung in Hypogäen auf Nachwirkungen orientalischer Kultur zurückzuführen ist.

Von dem Projekt und seinen Ergebnissen profitiert auch die Lehre. In verschiedenen Seminaren konnte die Thematik aufgegriffen und in Exkursionen vertieft werden, im Sommersemester 2000 etwa am Beispiel der wenig bekannten Friedhöfe und Katakomben in Sardinien und Apulien. Im Herbst 2001 ist eine Studienreise nach Tunesien geplant. Für diese relativ teuren Exkursionen können aus den Mitteln der Sparda-Bank ebenfalls Zuschüsse gewährt werden. Mit dem Förderkonzept ist es gelungen, sowohl dem Anliegen des Sponsors gerecht zu werden als auch dem Lehr- und Forschungsbetrieb Auftrieb zu verleihen.

Kontakt:
Prof. Dr. Reiner Sörries

Lehrstuhl für Christliche Archäologie und Kunstgeschichte
Kochstraße 6, 91054 Erlangen
Tel.: 09131/85 -22213, Fax : 09131/85 -22034

Museum für Sepulkralkultur
Weinbergstraße 25-27, 34117 Kassel
Tel.: 0561/91893-0, Fax : 0561/91893-10
E-Mail: sekretariat@sepulkralmuseum.de

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Heidi Kurth idw

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