Interdisziplinäre Forschung auf dem Schwarzen Kontinent

Senat beschließt einstimmig Einrichtung des Zentrums für interdisziplinäre Afrikaforschung

Frankfurter Wissenschaftler sind in Afrika in vielfältiger Weise aktiv: In Malawi graben sie nach Hominiden und Dinosauriern und bauen ein Museum, in Tansania und Kenia erforschen sie die Maa-Sprache und in Kamerun und Nigeria stehen die dramatischen Änderungen der Siedlungs- und Wirtschaftsweise im ersten Jahrtausend vor Christus im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses. In Burkina Faso und Benin untersuchen sie, wie sich die Biodiversität bei unterschiedlichem Bevölkerungsdruck verändert und in Marokko messen sie die Bodenerosion mittels Flugdrachen und ferngesteuerter Kamera. Ob Sudan, Namibia, Angola, Zentral afrikanische Republik, Ruanda, Togo oder Uganda: ein Jahr nach Abschluss des großen SFB 268, der zuletzt durch die noch immer aktuelle Ausstellung ’Leben in Westafrika’ von sich reden machte, präsentiert sich die Afrikaforschung der Universität Frankfurt in größerer Vielfalt und Dynamik als je zuvor.

Diese Kompetenz wird nun im Rahmen eines Zentrums gebündelt: In seiner Sitzung vom 26. November hat der Senat den durch das Präsidium der Universität eingebrachten Antrag zur Gründung eines Zentrums für Interdisziplinäre Afrikaforschung’ (ZIAF) einstimmig gebilligt; es wird 2004 die Arbeit aufnehmen. Damit wird die große Tradition der Afrikaforschung an der Universität fortgesetzt, die von Leo Frobenius begründet wurde und zuletzt durch den auch international sehr angesehenen Sonderforschungsbereich SFB 268 ’Westafrikanische Savanne’ repräsentiert wurde.

Das ZIAF erfüllt künftig institutionell die Funktion des ’Ansprechpartners’, die zuvor der Sprecher des Sonderforschungsbereichs inne hatte. Es wird Förderung von Projektanträgen koordinieren und bei der Abstimmung eines kohärenten Lehrangebots der Afrikaforschung mitwirken. Derzeit baut ZIAF-Koordinator Dr. Stefan Schmid eine Homepage des Zentrums (www.afrikaforschung.de und www.ziaf.de) auf.

Ihr sind erstmals detaillierte Informationen über alle Bereiche der Afrikaforschung in Frankfurt zu entnehmen. Überdies werden Projekte und Lehrangebote vorgestellt und Veranstaltungen angekündigt. Zum Sommersemester 2004 soll ein interdisziplinäres Kolloquium an den Start gehen, das künftig regelmäßig veranstaltet werden soll und sich ausdrücklich auch an die ’Nicht-Afrikaspezialisten’ an der Universität und an die interessierte Frankfurter Öffentlichkeit richtet.

Die Liste der in Afrika tätigen Fachgebiete aus sieben Fachbereichen kennzeichnet die Besonderheit der Frankfurter Afrikaforschung. Im Vergleich zu anderen Afrikaschwerpunkten in Europa wird die Forschung hier nicht allein von Ethnologie und Afrikanistik bestimmt, sondern stellt eine ausgewogene Mischung aus Geistes- und Naturwissenschaften dar: Afrikanische Sprachwissenschaften, Anglistik, Archäologie, Ethnologie, Politische Soziologie und Wirtschaftsgeographie auf der einen Seite, Archäobotanik und Botanik, Medizin, Paläontologie, Physische Geographie und Zoologie auf der anderen.

Mehrere Projekte sind schon jetzt interdisziplinär und über die Universitätsgrenzen hinweg angelegt; dieses Arbeitsprinzip soll künftig noch intensiver gepflegt werden. Im Rahmen des internationalen Großprojektes ’Biota’ tragen Botanik, Physische Geographie und Ethnologie (Universität Mainz) unter dem Titel ’Phytodiversität in der Sahel- und Sudanzone Westafrika’ das Teilprojekt W11 bei; in der neu eingerichteten DFG Forschergruppe ’Ökologischer Wandel und kulturelle Umbrüche in West- und Zentralafrika’ sind es die Archäologie aus Frankfurt und Tübingen, die Archäobotanik und die Physische Geographie. Das Projekt ’Language, Gender and Sustainability’ untersucht die Kommunikationsprozesse in Entwicklungsprojekten, wobei neben der Afrikanistik die Entwicklungssoziologie, die Agrarsoziologie und -ökonomie verschiedener Universitäten beteiligt sind.

Ganz aktuell werden sich Universität Frankfurt und das Land Hessen durch die Berufung von Prof. Mamadou Diawara, dem ersten afrikanischen Professor für Ethnologie in Deutschland, direkt an dem Forschungsinstitut ’Point Sud’ in Malis Haupt- stadt Bamako beteiligen. Hier wird interdisziplinär über die Anwendbarkeit von traditionellem Wissen in Entwicklungsprojekten und über die Umsetzung westlicher Entwicklungskonzepte in traditionellen Gesellschaften geforscht.

Das ZIAF will Unterstützung dabei leisten, neue interdisziplinäre Drittmittelprojekte auf den Weg zu bringen und hält dazu den Kontakt zu den verschiedenen Organisationen der deutschen und internationalen Forschungsförderung. Besonders wichtig ist aber auch die regelmäßige Zusammenarbeit und weitere Vernetzung mit in Frankfurt ansässigen Institutionen und Organisationen wie Forschungsinstitut Senckenberg, Frobenius-Institut, Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ), Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)und den zahlreichen Afrikainitiativen. Vertreter dieser Organisationen im Beirat des ZIAF werden darauf achten, dass das Zentrum nicht im akademischen Dialog verharrt, sondern aktiv und engagiert die Öffnung nach außen beibehält und ausbaut.

Kontakt: Dr. Stefan Schmid; Seminar für Vor- und Frühgeschichte; Tel./Fax: 069 / 798 32098; E-Mail: s.schmid@em.uni-frankfurt.de

Media Contact

Dr. Ralf Breyer idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-frankfurt.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Interdisziplinäre Forschung

Aktuelle Meldungen und Entwicklungen aus fächer- und disziplinenübergreifender Forschung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Mikrosystemforschung, Emotionsforschung, Zukunftsforschung und Stratosphärenforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer