Zur Vermessung der Lipid-Landschaft

Biochemiker Robert Ahrends Fakultät für Chemie

Die vielfältigen Funktionen der Lipide im Körper, z.B. als Blutfette oder bei der Blutgerinnung, versucht die Forschung zunehmend zu nutzen, um Erkrankungen besser zu verstehen und vorhersagen zu können.

Ein internationales Team um Robert Ahrends von der Fakultät für Chemie der Universität Wien stellt nun in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ ein wegweisendes Analysewerkzeug für Lipide vor: Die Software LipidCreator ermöglicht es, viel schneller und effizienter spezifische Lipidgruppen und Lipidsignalmoleküle sowohl qualitativ wie auch quantitativ mittels der Massenspektrometrie zu charakterisieren.

Die Forscher*innen konnten ihr neuartiges Verfahren schon erfolgreich bei der Analyse von Blutbestandteilen anwenden.

Lipide haben ein großes Potenzial als Biomarker. Denn das Leben, so wie wir es kennen, ist eingehüllt von Lipiden, Fetten und Wachse: Sie bilden Zellen und Organellen, vermitteln Informationen, schützen unseren Organismus vor den rauen Umweltbedingungen und dienen als Energiebausteine.

„Wir wissen noch gar nicht so lange, wie vielfältig die Funktionen der Lipide sind“, sagt der Biochemiker Robert Ahrends, der mit Anfang 2020 eine Tenure Track Professur für Lipidomik – also die Analyse der Gesamtheit der Lipide einer Zelle, eines Gewebes oder eines Organismus – an der Universität Wien angetreten hat.

Die von Ahrends und Kolleg*innen neu entwickelte Software LipidCreator ist ein wichtiger Schritt, die Lipidomik zu etablieren: „Die Software ermöglicht uns Forscher*innen die zielgenaue und effiziente Entwicklung von neuen Analyseverfahren, macht sie einfach auf andere Labore übertragbar und dient gleichzeitig als riesige, leicht zugängliche Bibliothek, um Lipidwissen schnell abzurufen“, sagt Studienautor Robert Ahrends vom Institut für Analytische Chemie.

Mit Unterstützung der entwickelten Software können die Forscher*innen nun rund 60 Lipidklassen und ihre verschiedenen Lipidsignalmoleküle in großen Studien quantifizieren, Arbeitsabläufe zur Analyse neuer Ziel-Moleküle schnell einrichten sowie die Ergebnisse einfach überprüfen und validieren.

Schatz der Lipide bergen

Die Lipide sind chemisch sehr unterschiedlich, komplex aufgebaut und bestehen aus Kombinationen verschiedener Bausteine, wie z.B. unterschiedlichen Zuckern, Fettacylen und auch verschiedenen Bindungstypen. Die Massenspektrometrie (MS) ist in den vergangenen Jahren sowohl schneller als auch empfindlicher geworden.

Spezielle Weiterentwicklungen der MS ermöglichen heute die Identifizierung von bis 500 Lipiden, die chemischen Komponenten und Strukturen der Lipide können über die Massen der einzelnen Lipidfragmente entschlüsselt werden können. Trotz des rasanten Wachstums der Lipidomik fehlten bisher umfassende Softwarelösungen für gezielte massenspektrometrische Analysen spezifischer Lipidgruppen.

Mit klinischer Perspektive

Dass LipidCReator auch für klinische Anwendungen höchst interessant ist, demonstrierten die Forscher*innen um Ahrends anhand zweier Anwendungen: Lipide sind in unterschiedlichen Formen wichtig Energielieferanten, die durch das Blut transportiert werden. Sie sind – als wichtige Faktoren der Signalübertragung zwischen Zellen – auch in die Aktivierung der Blutplättchen (Thrombozyten) involviert, die wiederum für die Blutgerinnung wichtig sind.

Das Team setzte die Software erfolgreich ein, um Lipide in Blutplasma zu charakterisieren sowie die Rolle der Lipide bei der Aktivierung der Thrombozyten genauer zu analysieren. Mittels der Daten könnten sich den Forscher*innen zufolge z.B. auch Rückschlüsse auf Faktoren für die Blutgerinnung und letztlich auch die Entstehung der Thrombose ableiten lassen.

Publikation in Nature communications:
LipidCreator workbench to probe the lipidomic landscape, Bing Peng, Dominik Kopczynski, Brian S. Pratt, Christer S. Ejsing, Bo Burla, Martin Hermansson, Peter Imre Benke, Sock Hwee Tan, Mark Y Chan, Federico Torta, Dominik Schwudke, Sven Meckelmann, Cristina Coman, Oliver J. Schmitz, Brendan MacLean, Mailin-Christin Manke, Oliver Borst, Markus R. Wenk, Nils Hoffmann, Robert Ahrends, in: Nature Communications,
DOI: 10.1038/s41467-020-15960-z

Ass.-Prof. Dr. Robert Ahrends
Institut für Analytische Chemie – Universität Wien
Währinger Straße 38
1090 Wien
Telefon: +43-1-4277-52304
Mail: robert.ahrends@univie.ac.at
https://lipidomics.at/

Publikation in Nature communications:
LipidCreator workbench to probe the lipidomic landscape, Bing Peng, Dominik Kopczynski, Brian S. Pratt, Christer S. Ejsing, Bo Burla, Martin Hermansson, Peter Imre Benke, Sock Hwee Tan, Mark Y Chan, Federico Torta, Dominik Schwudke, Sven Meckelmann, Cristina Coman, Oliver J. Schmitz, Brendan MacLean, Mailin-Christin Manke, Oliver Borst, Markus R. Wenk, Nils Hoffmann, Robert Ahrends, in: Nature Communications,
DOI: 10.1038/s41467-020-15960-z

https://medienportal.univie.ac.at/presse/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/…

Media Contact

Alexandra Frey Universität Wien

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer