„Wearable Computing“ goes China

China ist in aller Munde – vor allem als Wirtschaftspartner. Doch auch in der Wissenschaft entstehen immer mehr Kooperationen. Das Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universität Bremen hat jetzt die Plattform WearCom mit ins Leben gerufen. Das Ziel: Förderung der wissenschaftlichen und industriellen Kooperation zwischen Deutschland und China im Bereich von „Wearable Computing“. Hierbei geht es um am Körper tragbare oder in die Kleidung integrierte mobile IT-Lösungen, die Menschen in Bewegung, etwa in der Flugzeugwartung, direkten Zugriff auf alle für ihre Arbeit wichtigen Informationen ermöglicht. Startschuss für WearCom ist der erste internationale Workshop „Wearable Computing“ vom 25. bis 28. August im chinesischen Chengdu. Dort treffen sich die deutschen und chinesischen Topforscher auf diesem Gebiet zum ersten Austausch. Vom TZI sind die Professoren Otthein Herzog und Michael Lawo mit von der Partie, die das bislang bedeutendste europäische Forschungsprojekt mit großen Industriepartnern zum Thema „wearIT@work“ zwischen 2004 und 2009 von Bremen aus koordiniert haben.

„Dabei ist der Workshop nicht irgendein Treffen von Wissenschaftlern, sondern von deutscher und chinesischer Seite politisch gewollt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert diese Veranstaltung mit und das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt uns ebenfalls“, berichtet Lawo. Auf chinesischer Seite sieht das nicht anders aus. „Die haben quer durch das Land alle ihre hochrangigen Experten dazugeholt, was bei den Entfernungen in China schon etwas heißt“, sagt der Professor, der am TZI den Bereich Mobile Lösungen leitet. „Wir wollen die Kooperation ausbauen, denn China mit seinem rasanten Wachstum wird ein Markt für „Wearable Computing“. Sie wollen dort technologisch weiter nach vorne kommen“, sagt Lawo. Und umgekehrt geht natürlich in Sachen Hardware kein Weg an China vorbei. Denn „Wearable Computing“ wird sich in der Produktion, der Wartung, dem Notfalleinsatz oder auch im Krankenhaus nur dann weltweit durchsetzen, wenn die Kosten für die notwendigen Komponenten wirtschaftlich sind.

Zu den Gründungsmitgliedern von WearCom gehören neben dem TZI das „Embedded System Lab“ der Universität Passau sowie die University of Electronic Science and Technology of China. Das dortige Mobile Computing Center wird von Professor Dongyi Chen geleitet. Der führende Experte Chinas arbeitete 2009 auf Einladung des TZI als Gastforscher im Projekt „wearIT@work“ mit. „Damals ist der Kontakt entstanden, jetzt beginnt die Kooperation“, freut sich Lawo.

Forschungsprojekt wearIT@work

Beide Hände sind frei für die Arbeit. Doch bei Bedarf kann der Wartungstechniker direkt vor Ort im Flugzeug auf alle relevanten Daten zurückgreifen. Alles, was er dafür an mobiler Technologie braucht, findet sich in seiner Weste: Ein Miniaturrechner sowie ein Keyboard und ein Head-Mounted-Display als Bildschirm. Steuern kann der Techniker seinen „PC“ über Bewegungen mit einem Datenhandschuh – denn für eine Maus hat er ja keine Hand frei. Eines von vier Szenarien, die im weltweit größten Forschungsprojekt für „Wearable Computing“, „wearIT@work“, auf Herz und Nieren getestet wurden. Auf Basis marktverfügbarer IT-Komponenten entstehen mobile Prototypen, deren Akzeptanz mit Endbenutzern erprobt wurde.

Das TZI erforscht „Wearable Computing“ seit zehn Jahren in verschiedenen Projekten mit Partnern aus Mittelstand und Industrie. Jetzt steht die Technologie an der Schwelle zur Serienfertigung. 42 Partner von Hochschulen und Unternehmen beteiligten sich von 2004 bis 2009 an dem von der Europäischen Union geförderten 24 Millionen Euro Projekt „wearIT@work“ – darunter Global Player wie SAP, Microsoft, Skoda, EADS, Hewlett Packard oder Zeiss. Das TZI leitete das Großprojekt und hat ein Software Framework entwickelt, das wie ein Webbrowser die Verbindung zu mobilen Endgeräten herstellt und zudem Bildschirme, Formate, Auflösungen oder Ausgabekanäle wie Sprache, Bild, Ton und Vibration direkt anpasst. Die Bilanz fällt positiv aus. In den Anwendungsszenarien Wartung, Produktion, Gesundheitsversorgung und Katastrophenschutz sind funktionierende Prototypen entwickelt worden.

„Wearable Computing“ funktioniert so beiläufig wie ein Navigationsgerät im Auto. Und es wird die Arbeitsprozesse in der Industrie nachhaltig verändern. Zukünftig sind Wissensarbeiter gefragt, die neben ihrem praktisch-technischen Know-how auch jederzeit auf alle relevanten Daten zurückgreifen sowie mit Führungskräften und Kollegen mobil kommunizieren können. Das erfordert ganz neue Formen der Weiterbildung und des Trainings. Und es bietet neue Chancen für eigenverantwortliches Arbeiten, das Zirkulieren von Wissen und eine steigende Produktivität. In den Wartungsszenarien, etwa bei Airbus, hat sich ergeben, dass die Techniker ihre Aufgaben doppelt so schnell erledigen. Denn ohne „Wearable Computing“ sind sie die Hälfte ihrer Zeit damit beschäftigt, sich Informationen, ihre Jobcard oder Werkzeuge zu beschaffen. Was bereits im Büro funktioniert, soll jetzt auch für die Blue Collar Worker gelten. Letztlich trägt „Wearable Computing“ dazu bei, wie auch im Fall der Wartung von Windkraftanlagen, diese Arbeitsplätze dank der Steigerung von Produktivität und Qualität wesentlich aufzuwerten. Und so treibt das TZI über das Projekt „wearIT@work“ hinaus mit Partnern aus verschiedenen Branchen die Erprobung von „Wearable Computing“ praxisnah voran.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik
Prof. Dr. Michael Lawo
Tel. : 0170/2351652
E-Mail: mlawo@tzi.de

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Eberhard Scholz idw

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