Wachsames Kamera-Auge

»Tor, Tor, Tor!« Der Jubel der Fans im Fußballstadion kennt keine Grenzen, der Aufruhr ist groß. Da wundert es nicht, dass das Handgemenge zwischen einigen Zuschauern vom Sicherheitspersonal unbemerkt bleibt. Jubelnde von Streitenden zu unterscheiden, ist in so einer Situation kaum möglich.

Abhilfe schaffen könnten spezielle Überwachungskameras, die Auffälliges sofort entdecken und ungewöhnliche Vorkommnisse identifizieren. Ein solches Gerät haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT in Sankt Augustin jetzt im EU-Projekt »SEARISE – Smart Eyes: Attending and Recognizing Instances of Salient Events« entwickelt. Das automatische Kamerasystem soll beim Erkennen und Verarbeiten von bewegten Bildern menschenähnliche Leistungen erreichen.

Wie das menschliche Auge kann es beispielsweise beim Betrachten einer Szene Objekte unterscheiden, auch wenn sich diese vor einem sehr unruhigen Hintergrund bewegen. Das Smart Eyes System analysiert die Videodaten in Echtzeit und weist sofort auf Besonderheiten hin. »Zur Video-Sicherheitsüberwachung von öffentlichen Gebäuden oder Plätzen ist das von unschätzbarem Wert«, sagt Dr. Martina Kolesnik, Wissenschaftlerin am FIT. »In einigen Situationen sind die Fähigkeiten eines menschlichen Beobachters begrenzt. Soll er eine Fankurve in einem Fußballstadion überwachen, entgehen ihm viele Einzelheiten. Er kann nur bestimmte Areale der Gesamtfläche sehr aufmerksam betrachten und er ermüdet schnell. Hier sind die Smart Eyes klar im Vorteil.«

Die Hardware des Systems besteht aus einer fest installierten Übersichtskamera, die ein bestimmtes Gebiet abdeckt, und zwei ultra-aktiven Stereokameras. Diese können wie die Augen des Menschen sehr schnell nacheinander verschiedene Punkte fixieren und verfolgen – aber darüber hinaus auch auf Details zoomen. Kern der Smart Eyes ist eine neuartige Software, die Bildsequenzen automatisch auswertet. Sie bildet wesentliche Strategien des menschlichen Seh- und Verarbeitungsapparats nach. Ähnlich den Sehströmen des Gehirns ist die Software hierarchisch und modular aufgebaut. Sie ermittelt zuerst für jeden Bildpunkt den Bewegungsgrad und identifiziert so die besonders aktiven Areale in der Szene. Daraus werden Bewegungsmuster erlernt und als typische Modelle abgespeichert. Anhand der Modelle erkennt das System dann Ereignisse und ordnet sie ein: Beispielsweise unterscheidet die Software passive Zuschauer von aufspringenden Fans. Auch Bildmuster wie unbesetzte Stühle oder Treppen werden identifiziert. Die Anwendung wählt markante Ereignisse aus und fokussiert diese mit den aktiven Stereo-Kameras. Je nach den von den Sicherheitsexperten gesetzten Prioritäten werden verschiedene Ereignisse als markant gekennzeichnet. So filtert das Programm auf Wunsch etwa geschwenkte Fahnen heraus, um gezielt andere Auffälligkeiten zu fokussieren, zum Beispiel eine Person am Spielfeldrand.

»Unsere Bildauswertungssoftware ist zu den Kamera-Systemen aller Hersteller kompatibel. Sie lässt sich einfach installieren. Der Anwender muss keinerlei Anpassungen vornehmen«, sagt Kolesnik. Das Smart Eyes System ist auf der Messe Security Essen vom 5. bis 8. Oktober 2010 zu sehen.

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Dr. Marina Kolesnik Fraunhofer Mediendienst

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