Neuer unkonventioneller Roboter

Ein Schwerlastindustrieroboter mit Schwenkarm macht die realistische Simulation möglich. Ein Jahr lang haben die Wissenschaftler das Großgerät für ihre Zwecke umgerüstet, haben neben einem Sitz vor allem ein komplexes Sicherheitssystem installiert.

Jetzt hat auch der TÜV grünes Licht für den Betrieb der Anlage gegeben, die es zu Forschungszwecken nur dreimal und auch nur in Deutschland gibt: an der Uni Duisburg-Essen, im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und im Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik. Für den reinen Fahrspaß ist der Roboter in abgespeckter Version etwas öfter im Einsatz: Als „Robocoaster“ bereiten weltweit etwa 45 Exemplare in Freizeitparks Vergnügen.

Was die UDE-Ingenieure schlicht als „Bewegungssimulator“ bezeichnen, ist eine Anlage beeindruckenden Ausmaßes. Nicht nur, dass sie 144 Quadratmeter Platz beansprucht (die Roboterzelle misst 12 mal 12 Meter), sie ist zudem etwa fünf Tonnen schwer und kann bis zu 500 Kilogramm tragen. Der Roboterarm lässt sich um sechs Achsen und vier Meter zu jeder Seite bzw. 6,5 Meter in die Höhe schwenken. Auch die maximale Beschleunigung kann sich sehen lassen. „Die 1,7 g“, sagt Oberingenieur Dominik Raab, „dürften dem Laien allerdings nicht viel sagen. g steht für die Erdbeschleunigung. Sie gibt an, welcher Beschleunigung ein Körper im freien Fall unterliegt und welche Belastung auf ihn einwirkt. Zum Vergleich: Bei einem Raketenstart wirken 5 g. Die 1,7 g unseres Simulators entsprechen etwa der Beschleunigung eines vollbeladenen Jumbo-Jets beim Start.“

Den Roboter steuern die UDE-Ingenieure über einen externen Computer. So können sie seine Bahnen und Bewegungen beliebig bestimmen. Ob der Simulator dabei bemannt ist oder nicht, spielt prinzipiell keine Rolle. Allerdings kommt natürlich nur die auf dem Schwenkarm sitzende Person in den Genuss eines wirklich authentischen Fahrgefühls, zumal ein Datenhelm den Live-Eindruck noch verstärken kann. Der Helm gleicht einer Art Augenbinde mit integriertem Display. Vor den Augen des Fahrers läuft ein Film ab – je nach Anwendungsgebiet kann er in eine Achterbahnfahrt oder in ein riskantes Automanöver versetzt werden, oder dem Fahrer wird eine realistische Umgebung vorgespielt, in der er einen Schwerlastbagger oder einen Helikopter bedienen muss.

Mit dem Entwerfen von Achterbahnen kennt sich der Lehrstuhl für Mechanik und Robotik der UDE übrigens bestens aus. Seit sechs Jahren entwickelt das Team um Prof. Dr. Andrés Kecskeméthy für das Unternehmen und den „Wilde-Maus“-Produzenten „Maurer Söhne“ Software für die Gestaltung von Fahrgeschäften. Bislang wurde ausschließlich am Computer gerechnet, auch die Tests liefen virtuell über ein 3D-Programm ab – schon das ist ein großer Fortschritt. „Mit dem neuen Roboter können wir nun nicht nur visuelle Eindrücke simulieren, sondern zusätzlich auch die auf den Fahrgast einwirkende Beschleunigung“, so Prof. Kecskeméthy. Will heißen: Ab wann wird es bei Achterbahnen zu heftig für den menschlichen Körper, oder wie reagiert ein Insasse auf einen Autoüberschlag? Auch das interessiert die Forscher.

Etliche Testfahrten haben Prof. Kecskeméthy und seine Mitarbeiter durchgeführt, seit der TÜV am 6. August die Anlage freigegeben hat. Wer dank eines robusten Magens mit den Rotationen und den Aufs und Abs zurechtkommt, hat sich vom Roboterarm durch die Lüfte wirbeln lassen. Im Dienste der Wissenschaft. Spaßfaktor inklusive.

Weitere Informationen:
Lehrstuhl für Mechanik und Robotik,
Prof. Dr.-Ing. Andrés Kecskeméthy,
andres.kecskemethy@uni-due.de;
Dipl.-Ing. Dominik Raab,
0203/379 3517, 0176/62086129, dominik.raab@uni-due.de.

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