Intelligente Stromzähler können Privatsphäre wahren

Der Informatiker Sören Finster vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zeigt in seiner Dissertation, dass es mit geringem Aufwand realisierbar ist, die Vorteile des Smart Metering zu nutzen und gleichzeitig die Privatsphäre zu schützen. Die Messdaten werden dabei über mehrere Haushalte hinweg zusammengefasst.

Stromnetze werden immer komplexer. Zunehmend stammt die eingespeiste Energie von Windkraft- und Photovoltaikanlagen, Kraft-Wärme-Kopplungen und Biogasanlagen, die über das gesamte Stromnetz verteilt sind. „Die Koordination dieser Vielzahl an dezentralen Stromerzeugern ist eine große Herausforderung“, sagt KIT-Informatiker Dr. Sören Finster.

Das Smart Metering sei ein wichtiges Werkzeug, um dieser Herausforderung zu begegnen. Intelligente Stromzähler übermitteln – zum Beispiel über das Internet – Daten zum aktuellen Stromverbrauch. So erfährt der Stromanbieter zeitnah, wann Strom in welchem Umfang gebraucht wird und kann seine Produktion an den Bedarf anpassen.

Als Informationsquelle innerhalb des intelligenten Stromnetzes, des Smart Grid, haben die intelligenten Messgeräte damit einen großen Nutzen im Hinblick auf Versorgungssicherheit und Energieeffizienz.

Das regelmäßige Auslesen bietet eine detaillierte Übersicht des Stromverbrauchs – ermöglicht aber auch Einblicke in das Alltagsleben innerhalb des Haushalts und Rückschlüsse auf private Informationen. „Damit Smart Metering als Werkzeug für die Realisierung des Smart Grids bedenkenlos eingesetzt werden kann, ist der Schutz der Privatsphäre unabdingbar“, betont Finster.

Dies beinhalte vor allem den Schutz vor unbefugtem Zugriff auf Messdaten. „Wenn anhand meines Stromverbrauchs festzustellen ist, dass ich keine Klimaanlage besitze, und ich daraufhin Werbung für diese Geräte erhalte, entsteht mir zwar kein Schaden, aber ich empfinde es als unangenehm, weil ich mich beobachtet fühle“, sagt der Wissenschaftler. Es sei aber auch nicht auszuschließen, dass Dritte durch unerlaubten Zugriff auf die gesammelten Daten erfahren, zu welcher Zeit bestimmte Bewohner außer Haus sind oder wann welche Geräte laufen.

Wie sich die Daten übertragen und dadurch sinnvoll einsetzen lassen, ohne Rückschlüsse auf private Gewohnheiten zu ermöglichen, beschreibt Finsters Doktorarbeit „Protokolle für privatsphärengerechtes Smart Metering“, die er am KIT-Institut für Telematik am Lehrstuhl von Professor Martina Zitterbart verfasst hat.

Der Informatiker hat speziell ausgelegte Kommunikationsprotokolle entworfen, die es ermöglichen die Daten vor dem Versenden zu verschleiern, indem die Messwerte über mehrere Haushalte hinweg zusammengefasst und im Zahlenraum verschoben werden. Zufällig generierte Maskierungsdaten, die keine Informationen über den Messwert enthalten, werden dazu genutzt, die Messwerte zu tarnen.

„Mittels dieser vorverarbeiteten Messwerte können die Daten privatsphärengerecht übertragen werden“, so Finster. Der Empfänger kann nicht mehr auf die ursprünglichen Messwerte schließen, dennoch entspricht die Summe der übertragenen Werte der Summe dieser Messwerte.

„Sie liefern wertvolle Informationen über die aktuelle Verbrauchssituation, stellen aber keine Gefahr mehr für die Privatsphäre einzelner Haushalte dar“, betont der Wissenschaftler. Der Informatiker weist nach, dass sich die Idee dieses Peer-to-Peer-Privatsphärenschutzes, der Daten mehrerer Haushalte ohne zusätzliche Infrastruktur bündelt, mit nur geringem Aufwand real einsetzen lässt. Dabei stellen die eingesetzten Verfahren nur geringe Ansprüche an die Rechenleistung der Smart Meter und ermöglichen damit geringen Stromverbrauch und geringe Produktionskosten.

Stromhändler und Hersteller von Smart Metern zeigten sich bereits an der Software-Löung interessiert, so der KIT-Wissenschaftler, um gerüstet zu sein, falls ihre Kunden den Bedarf für privatsphärengerechtes Smart Metering sehen. Für das Jahr 2020 werde mit weltweit 800 Millionen installierten intelligenten Stromzählern gerechnet, so Finster.

Digitale Pressemappe zum Wissenschaftsjahr 2014
Ob in der Kommunikation, der Energieversorgung oder der Mobilität, in der Industrie, im Gesundheitsbereich oder in der Freizeit: Digitale Technologien sind längst Teil unseres Alltags, sie eröffnen neue Möglichkeiten und bieten Lösungen für gesellschaftliche Probleme. Gleichzeitig stellen sie uns vor Herausforderungen. Chancen und Risiken stehen im Mittelpunkt des Wissenschaftsjahres 2014 – Die Digitale Gesellschaft. Am KIT beschäftigen sich Forscherinnen und Forscher aller Disziplinen mit den vielfältigen – technischen und gesellschaftlichen – Aspekten der Digitalisierung. Kurzporträts, Presseinformationen und Videos dazu bietet die digitale Pressemappe des KIT zum Wissenschaftsjahr:
http://www.pkm.kit.edu/digitalegesellschaft

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nach den Gesetzen des Landes Baden-Württemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer Universität als auch die Mission eines nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Thematische Schwerpunkte der Forschung sind Energie, natürliche und gebaute Umwelt sowie Gesellschaft und Technik, von fundamentalen Fragen bis zur Anwendung. Mit rund 9400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter mehr als 6000 in Wissenschaft und Lehre, sowie 24 500 Studierenden ist das KIT eine der größten Forschungs- und Lehreinrichtungen Europas. Das KIT verfolgt seine Aufgaben im Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.

Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: http://www.kit.edu

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Monika Landgraf idw - Informationsdienst Wissenschaft

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