Nach Hurrikan "Ike": Bonner Routenplaner erleichtert Hilfstransporte

Die Karibikinsel wurde vor einem guten Monat durch einen Hurrikan verwüstet, der auch zahlreiche Brücken und Straßen zerstört hat. Mit dem Bonner System können die Hilfstruppen dezentral via Internet gesperrte Gebiete erfassen.

Der Routenplaner berücksichtigt diese dann bei der Berechnung der schnellsten Wegstrecke. Er greift dazu unter anderem auf frei verfügbare Geodaten zurück, die in der Vergangenheit von einem Heer von Freiwilligen erfasst wurden. Anbieter wie Yahoo oder Google bieten derzeit keine Routenberechnung für Haiti an.

Einen Monat, nachdem Hurrikan „Ike“ die Karibikinsel Haiti verwüstet und über hundert Menschen getötet hat, ist die Lage dort weiter angespannt. Insbesondere der Transport von Lebensmitteln und Medikamenten für die über 650.000 betroffenen Menschen gestaltet sich schwierig: Zahlreiche Brücken wurden zerstört, viele Straßen sind bis heute unpassierbar. Der Bonner Routenplaner erleichtert die logistische Planung der Hilfslieferungen.

Der Geoinformatiker Pascal Neis hat die Vorarbeiten zu dem System bereits im Jahr 2006 während seiner Diplomarbeit entwickelt. Im Unterschied zu kommerziellen Pendants nutzt es für die Streckenberechnung frei verfügbare Geodaten des Projektes „OpenStreetMap“. Dieses zählt rund um den Globus bereits Zehntausende freiwilligen Helfern: Sie schwärmen mit mobilen GPS-Geräten aus, erfassen die Koordinaten von Straßen, Telefonzellen, Restaurants oder Kinderspielplätzen und spielen diese Daten auf den OpenStreetMap-Server. „Das Ganze funktioniert ähnlich wie das Internet-Lexikon Wikipedia“, erklärt Professor Dr. Alexander Zipf. „Allerdings geht es hier nicht um eine Enzyklopädie, sondern um eine Weltkarte, die von Internetnutzern erstellt und nach und nach verfeinert wird.“

Für Länder wie Deutschland existieren so bereits Geodaten, deren Detailfülle verblüfft. Für Haiti sieht das weit spärlicher aus. „Wir haben daher eine eigene Datenbank aufgebaut“, erklärt Pascal Neis. „Sie enthält zusätzlich noch Kartendaten aus anderen Quellen, die uns die UN zur Verfügung gestellt hat.“ Auf Wunsch der Vereinten Nationen haben die Forscher zudem weitere nützliche Funktionen integriert: Beispielsweise können die Hilfstruppen in ihrem Internetbrowser mit der Maus Gebiete einzeichnen, die derzeit nicht befahrbar sind, oder als Datei in die Geodatenbank laden. Diese werden dann bei der Routenplanung berücksichtigt.

Binnen weniger Tage haben Pascal Neis und seine Kollegen diese Erweiterungen umgesetzt. Dank des neuen Routenplaners lassen sich die Hilfslieferungen auf Haiti jetzt erheblich besser planen. „Wir werden aber noch weitere Funktionen implementieren und das Angebot so an die Bedürfnisse der Helfer anpassen“, sagt Professor Zipf.

Während die Haiti-Version speziell für die UN entwickelt wurde, ist der ursprüngliche Routenplaner der Bonner Kartographen frei zugänglich: Unter http://www.OpenRouteService.org können Interessenten den Service ausprobieren. Interessant ist das Angebot übrigens auch für Nicht-Autofahrer: Dank der Fülle an Datenpunkten sind vielerorts sogar spezielle Routenberechnungen für Fußgänger oder Radfahrer möglich.

Kontakt:
Professor Dr. Alexander Zipf
Geographisches Institut der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-3526
E-Mail: zipf@geographie.uni-bonn.de

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Frank Luerweg idw

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