Granulares Aluminium für die Computer der Zukunft

Das Fluxonium-Qubit mit granularem Aluminium kann sich bis zu 30 Mikrosekunden in einem Zustand zwischen „0“ und „1“ befinden. Abbildung: Dr. Ioan Pop, KIT

Quantencomputer gelten als die Rechner der Zukunft. Sie können große Datenmengen unter bestimmten Voraussetzungen schneller verarbeiten als ihre klassischen Pendants. Während klassische Computer einen Rechenschritt nach dem anderen ausführen, nehmen Quantencomputer viele Rechenschritte parallel vor.

Informationsträger des Quantencomputers ist das Quantenbit, kurz Qubit. Bei Qubits gibt es nicht nur die Informationen „0“ und „1“, sondern auch Werte dazwischen, die über die quantenmechanische Überlagerung von Zuständen realisiert werden, das ist das sogenannte Superpositionsprinzip.

Ihre Verarbeitung geschieht nach quantenmechanischen Prinzipien wie beispielsweise der Verschränkung, die selbst für räumlich weit voneinander getrennte Teilchen eine Wechselbeziehung ohne zeitliche Verzögerung ermöglicht.

„Die Herstellung von Qubits, die klein genug sind und sich schnell genug schalten lassen, um Quantenkalkulationen auszuführen, stellt eine enorme Herausforderung dar“, erklärt der Physiker Dr. Ioan Pop, Leiter der Forschungsgruppe Kinetic Inductance Quantum Systems am Physikalischen Institut (PHI) und am Institut für Nanotechnologie (INT) des KIT. Als vielversprechende Option gelten supraleitende Schaltungen.

Supraleiter sind Materialien, die bei extrem niedrigen Temperaturen keinen elektrischen Widerstand aufweisen und daher elektrischen Strom verlustfrei leiten. Dies ist entscheidend, um den Quantenzustand der Qubits zu erhalten und sie effizient miteinander zu verbinden. So arbeiten große Unternehmen wie IBM, Intel, Microsoft und Google bereits daran, supraleitende Quantenprozessoren hochzuskalieren.

Eine wesentliche Schwierigkeit besteht allerdings darin, den Quantenzustand aufrechtzuerhalten. Wechselwirkungen mit der Umgebung können zum Zerfall des Quantenzustands führen, der sogenannten Dekohärenz.

Je mehr Qubits verwendet werden, desto schwieriger ist es, die Kohärenz zu bewahren. Forscherinnen und Forscher am PHI, am INT und am Institut für Prozessdatenverarbeitung und Elektronik (IPE) des KIT sowie an der Nationalen Universität für Forschung und Technologie MISIS in Moskau haben nun erstmals granulares Aluminium als supraleitendes Material für Quantenschaltungen mit hoher Kohärenz eingesetzt.

Wie das Team in der Zeitschrift Nature Materials berichtet, hat es ein sogenanntes Fluxonium-Qubit mit granularem Aluminium hergestellt, mit einer Kohärenzzeit von bis zu 30 Mikrosekunden – das ist die Zeit, in der sich ein Qubit in einem Zustand zwischen „0“ und „1“ befinden kann.

Obwohl die gemessene Zeit sehr kurz erscheint, können innerhalb dieser Zeitspanne mehr als tausend logische Operationen durchgeführt werden. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass granulares Aluminium eine neue Klasse von komplexen Qubit-Designs erschließen und dazu beitragen kann, die derzeitigen Grenzen der Quanteninformationsverarbeitung zu überwinden“, erklärt Ioan Pop.

Originalpublikation:

Lukas Grünhaupt, Martin Spiecker, Daria Gusenkova, Nataliya Maleeva, Sebastian T. Skacel, Ivan Takmakov, Francesco Valenti, Patrick Winkel, Hannes Rotzinger, Wolfgang Wernsdorfer, Alexey V. Ustinov and Ioan M. Pop: Granular aluminium as a superconducting material for high-impedance quantum circuits. Nature Materials, 2019. DOI: 10.1038/s41563-019-0350-3

Abstract unter https://www.nature.com/articles/s41563-019-0350-3

Weiterer Kontakt:

Dr. Sabine Fodi, Redakteurin/Pressereferentin, Tel.: +49 721 608-21154, E-Mail: sabine.fodi@kit.edu

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Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: http://www.sek.kit.edu/presse.php

sabine.fodi@kit.edu

Lukas Grünhaupt, Martin Spiecker, Daria Gusenkova, Nataliya Maleeva, Sebastian T. Skacel, Ivan Takmakov, Francesco Valenti, Patrick Winkel, Hannes Rotzinger, Wolfgang Wernsdorfer, Alexey V. Ustinov and Ioan M. Pop: Granular aluminium as a superconducting material for high-impedance quantum circuits. Nature Materials, 2019. DOI: 10.1038/s41563-019-0350-3

https://www.nature.com/articles/s41563-019-0350-3
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