Von der Abfall- zur Ressourcenlogistik

Der weltweite Verbrauch an Rohstoffen wird vom World Ressources Institute mit ca. 5,6 Mrd Tonnen pro Jahr beziffert, Tendenz steigend. Doch die natürlichen Vorkommen von fossilen Brennstoffen wie Erdöl, -gas oder Kohle sowie stofflich genutzten Rohstoffen, wie Edelmetalle oder Eisenerzen sind begrenzt. Um den steigenden Preisen und der Knappheit entgegen zu wirken, sind Sekundärrohstoffe als Ersatz für Primärrohstoffe gefragt.

Doch auch diese müssen erst gewonnen werden. „Urban Mining“, die Gewinnung von Wertstoffen aus Zivilisationsabfällen und Produktionsreststoffen, ist für einige Rohstoffe bereits ein etablierter Markt. Allein die in Deutschland eingesparten Metalle wie Eisenerz oder Bauxit haben einen Wert von gut 1,4 Mrd Euro pro Jahr. Dies entspricht rund 20 Prozent der jährlichen deutschen Importe an Erzen und Konzentraten.

„Das Angebot an Sekundärrohstoffen muss in den nächsten zehn bis 15 Jahren zunehmen, da die Rohstoffe immer knapper werden“, so Andreas Nikel vom Fraunhofer-Institut für Materialfluß und Logistik IML. „Aufgabe der Ressourcenlogistik ist es, diese Materialströme zu steuern und zu optimieren. Das heißt, komplexe Netzwerke mit sehr unterschiedlichen Akteuren unter den dynamischen Rahmenbedingungen der Ressourcenwirtschaft zu managen.“

Eine große Herausforderung dabei ist, die geforderten Ressourcen ausreichend, kontinuierlich und in gleichbleibender Qualität zur Verfügung zu stellen. Denn Industrie- und Siedlungsabfälle – Ausgangsmaterial für Sekundärrohstoffe – fallen in kleinen und kleinsten Einheiten an, mit starken Schwankungen sowohl in der Menge als auch in der Zusammensetzung. Die Produzenten müssen mit einer geeigneten Verfahrenstechnik für konstante Qualität sorgen. Eine weitere Herausforderung ist es, mit einer optimierten Logistik das richtigen Ausgangsmaterial zur richtigen Zeit zur Verfügung zu haben, um die Produkte in die Supply-Chains ihrer Kunden integrieren zu können.

In verschiedenen Projekten erarbeitet das IML Lösungen für die kommenden Herausforderungen: So wird in engem Dialog mit regionalen Entsorgungsunternehmen ein Leitstand für die Ressourcenlogistik entwickelt und erprobt, mit dem die dynamischen Stoffströme in komplexen Netzwerken in Echtzeit visualisiert, optimiert und gesteuert werden können. Dabei kommen Algorithmen zum Einsatz, die innerhalb kürzester Zeit komplexe Stoffstromnetzwerke optimieren können und auf diese Weise die Dynamik beherrschbar machen. Benötigt werden solche Leitstände zum Beispiel bei der Versorgung von Kraftwerken mit Ersatzbrennstoffen oder von Müllheizkraftwerken mit Restmüll. In einem anderen Vorhaben entwickelt das IML im Auftrag des Bundesumweltministeriums Konzepte, die eine wirtschaftliche und umweltgerechte logistische Bereitstellung von Holzbrennstoffen aus Rest-, Schwach- und Altholz ermöglichen. Eine weitere Thematik ist, die Einsatzmöglichkeiten neuer Frequenzen bei der Radiofrequenz-Identifikation (RFID) in der Ressourcenlogistik zu untersuchen.

In anderen Sparten der Logistik hat sich RFID mittlerweile etabliert. Für teure Konsumgüter, zum Beispiel Mobiltelefone oder DVD-Recorder, werden RFID-Tags eingesetzt, um die Waren individuell und fälschungssicher zu markieren. Die elektronischen Etiketten tragen in ihrem Inneren einen Chip, der Informationen wie Herkunft, Zieladresse oder den Warenweg enthält. Per Funksignal lassen sich diese Informationen abrufen – etwa am Wareneingangstor einer Firma. Damit alle Waren auf einen Schlag erfasst werden, erhalten die RFID-Tags Unterstützung durch ein Warensicherungssystem. „Grundlage dafür sind Sensornetzwerke“, erklärt Fritz Meier von der Arbeitsgruppe für Technologien der Logistik-Dienstleistungswirtschaft ATL des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS. „Damit lassen sich RFID-Systeme künftig noch zuverlässiger machen. Der Trick: Man verknüpft die Tags zu einem intelligenten Netzwerk.

Basisfunktionalität der technischen Lösung ist, dass jede Ware auf einer Palette einen Sensorknoten trägt. Das ist ein kleiner, Scheckkarten großer Computer, der kabellos kommunizieren kann. Dadurch wird jedes Produkt zu einem intelligenten Objekt und steht über den Minicomputer mit seinen „Nachbarn“ in Kontakt. So bildet sich selbständig ein „Ad hoc-Netzwerk“ zwischen den Objekten der Palette. Innerhalb dieses Netzwerks ist jede Mitglied in der Lage zu erkennen, ob ein Kommunikationspartner fehlt. Auf diese Weise lässt sich nicht nur feststellen, ob etwas abhanden gekommen ist, sondern auch wann und wo.

Die Netzwerke haben weitere Vorteile: Sie stellen eine vollständige Erfassung sicher. Bislang kommt es vor, dass die Ware auf Paletten wegen Abschattungen des Funksignals nur unvollständig erfasst wird. Das kann mit der neuen Lösung nicht passieren. Weiteres Plus: zusätzliche Parameter, etwa die Temperatur, lassen sich ermitteln. Und: die einzelnen Produkte – auf der Palette, im Container oder im Lastwagen – achten aktiv auf ihre Nachbarn und reagieren bei Veränderungen, wie zu hoher Temperatur oder Abhandenkommen, mit einem Alarm. Die Forscher zeigen mit dem Warensicherungssystem erste leistungsfähige Netzwerke, die nicht nur kostengünstig und ausfallsicher sind, sondern auch mit wenig Energie auskommen.

Ansprechpartner:
Andreas Nikel
Telefon: 02 31 / 97 43-3 65
andreas.nikel@iml.fraunhofer.de
Fraunhofer-Institut für Materialfluß und Logistik IML
Joseph-von-Fraunhofer-Straße 2-4
44227 Dortmund
Fritz Meier
Telefon: 09 11 / 5 80 61-95 50
fritz.meier@atl.fraunhofer.de
Karin A. Loidl
Telefon: 09 11 / 5 80 61-94 13
Karin.Loidl@iis.fraunhofer.de
Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS
Nordostpark 91/93
90411 Nürnberg

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Beate Koch idw

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