Immer schnell genug? Saarbrücker Informatiker haben Vorsprung bei Zeitanalyse

Die Sicherheit in Autos, Zügen oder Flugzeugen hängt heute ganz wesentlich von der elektronischen Steuerung ab. Damit die Airbags und Bremssysteme im Auto oder die Steuerung im Flugzeug zuverlässig funktionieren, müssen viele kleine Rechner fehlerfrei zusammenarbeiten. Dabei kommt es vor allem auf die Pünktlichkeit an, denn wenn die Steuerungsrechner zu langsam reagieren, kann dies dramatische Folgen haben.

Man kann jedoch nur mit hohem Aufwand feststellen, wie lange ein so genanntes „eingebettetes“ System braucht, bis es seine Aufgabe gelöst hat. Informatiker an der Universität des Saarlandes und der Spinoff-Firma AbsInt Angewandte Informatik GmbH haben dafür ein Werkzeug entwickelt, das jetzt im internationalen Wettbewerb mit mehreren Firmen und Universitäten seinen Vorsprung wieder zeigen konnte.

Am Lehrstuhl für fehlertolerante Systeme der Universität Duisburg-Essen wurden im Auftrag des European Network of Excellence „Artist 2“ die besten Werkzeuge für die Bestimmung des Zeitverhaltens von Programmen (Worst Case Execution Timing Analysis (WCET)) verglichen. An dem Wettbewerb beteiligten sich neben der Saarbrücker Firma AbsInt die Mälardalen University (Schweden), die Technische Universität Wien, die National University of Singapore und die Firma Tidorum (Finnland). Der aiT-Laufzeit-Analysator, der von Informatikern der AbsInt Angewandte Informatik GmbH in Zusammenarbeit mit der Universität des Saarlandes entwickelt wurde, hat dabei herausragend abgeschnitten.

Die Ergebnisse des Wettbewerbs (WCET Tool Challenge 2006) wird Lili Tan, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Duisburg-Essen, in einem Vortrag an der Universität des Saarlandes am Freitag, den 16. Dezember, um 14.00 Uhr (Informatik-Gebäude E 1.3, Seminarraum 15) vorstellen.

„Eingebettete“ Systeme nennen die Ingenieure Rechnersysteme, mit denen Geräte und Maschinen gesteuert werden. Diese Mikro-Computer sind in Mikrowellengeräten, CD-Playern und Herzschrittmachern zu finden, in großer Zahl auch in Autos und Flugzeugen. Meist ist ein Rechner nur einer einzigen Aufgabe gewidmet. Diese muss er aber zuverlässig und pünktlich erfüllen. Ein Airbag sollte zum Beispiel nicht bei Tempo 100 einfach aufgehen, sondern nur, wenn Sensoren einen Aufprall festgestellt haben. Dann aber im Bruchteil von Sekunden. Die Garantie für die Pünktlichkeit der Reaktion der Computerprogramme stellt die Entwickler in der Automobilindustrie und anderen sicherheitskritischen Branchen immer noch vor große Probleme. Informatiker an der Universität des Saarlandes und der Firma AbsInt haben daher in Kooperation mit EADS Airbus eine Software entwickelt, die solche Laufzeitgarantien abgibt. Sie kann auf der Basis beweisbar korrekter Methoden vorhersagen, wann ein Computer in einem eingebetteten System seine Aufgabe spätestens ausgeführt hat.

Der aiT-Laufzeit-Analysator ist weltweit das erste Werkzeug, das automatisch das korrekte Zeitverhalten von Software in eingebetteten Systemen garantieren kann. Für seine Entwicklung wurden die Mitarbeiter der AbsInt Angewandte Informatik GmbH (www.absint.de) mit dem europäischen IST-Preis 2004, dem bedeutendsten Wissenschaftspreis der Europäischen Union, ausgezeichnet. Die AbsInt GmbH ist aus dem Saarbrücker Lehrstuhl für Programmiersprachen hervorgegangen und hat ihren Sitz im Science Park neben dem Campus der Universität des Saarlandes.

Technischer Hintergrund:

aiT Worst-Case Execution Time Analyzer ermöglicht die Berechnung von Laufzeitschranken für Realzeitsysteme und stellt so sicher, dass Programme unter allen Umständen schnell genug reagieren. Es ist weltweit das erste Werkzeug, das automatisch das korrekte Zeitverhalten von Software in eingebetteten Systemen gewährleisten kann.

aiT basiert auf einer statischen Analyse des Cache- und Pipeline-Verhaltens einzelner Tasks. Es berechnet korrekte und präzise obere Schranken für die längstmögliche Ausführungszeit. Diese Schranken gelten für alle Eingaben und jede mögliche Taskausführung. Die verbreiteten, aber fehlerträchtigen und zeitraubenden Meßverfahren können verkürzt oder ersetzt werden. Das erhöht die Systemsicherheit und trägt zu einer Kostenreduktion bei. Die präzisen Laufzeitschranken ermöglichen eine bessere Systemauslastung ohne Kompromisse bei der Sicherheit. aiT unterstützt die folgenden Prozessoren: ARM7, Motorola Star12/HCS12, PowerPC 555 und 565, Motorola Coldfire 5307, Texas Instruments TMS320C3x sowie C16x und ST10. aiT für TriCore ist derzeit in Entwicklung.

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