Virtuelle Welten auf Abruf

Die Europäische Kommission fördert das internationale Forschungsprojekt „edutain@grid“, an dem die Arbeitsgruppe Parallele und Verteilte Systeme (PVS) der Universität Münster maßgeblich beteiligt ist, in den kommenden drei Jahren mit knapp 2,5 Millionen Euro. Ziel des Projektes ist die Erforschung und Entwicklung neuartiger dynamischer Kommunikations- und Berechnungsverteilungen von interaktiven, virtuellen Welten in einer sogenannten „Grid-Architektur“. Ähnlich dem „Power-Grid“ (Stromnetz) stellt eine Grid-Architektur weltweit Rechenleistung quasi „aus der Steckdose“ bereit. Diese dynamische Nutzung von Computern ermöglicht es, rechenintensive Anwendungen auszuführen, ohne selbst teure Rechner anschaffen zu müssen.

Europaweit wurden über 90 konkurrierende Projektanträge eingereicht, von denen „edutain@grid“ als eines von nur 17 geförderten Projekten angenommen wurde. Hierbei wurde von den Gutachtern der Europäischen Kommission insbesondere die Exzellenz der in Münster seit Jahren betriebenen Forschung der von Prof. Sergei Gorlatch geleiteten Arbeitsgruppe PVS des Instituts für Informatik auf dem zukunftsträchtigen Gebiet von parallelen und verteilten Computersystemen gewürdigt. Dem Institut ermöglicht die Förderung die Anstellung von zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern über drei Jahre. Die neuen Mitarbeiter werden neuartige theoretische und praktische Lösungen für Fragestellungen im Bereich von verteilten, in Echtzeit kommunizierenden Computersystemen und für die Erhöhung der Zahl gleichzeitig möglicher Nutzer dieser Systeme erarbeiten und sollen anschließend über die erzielten Forschungsergebnisse promovieren.

Ein wichtiges Anwendungsfeld des Projekts ist das boomende Segment von Online-Computerspielen im Internet, wo enorme Rechen- und Netzkapazitäten zum Betrieb großer virtueller Welten mit hunderten und tausenden von Akteuren (Spielern) benötigt werden. Das bisherige Betriebsmodell solcher Anwendungen ist statisch und erfordert hohe Anfangsinvestitionen, die kleinen bis mittleren Unternehmen den Zugang zu diesem größtenteils von „global Playern“ dominierten Markt nahezu unmöglich machen. Das Projekt „edutain@grid“ hat die Erforschung und Entwicklung einer anwendungsübergreifenden, neuartigen Architektur für solche interaktiven Programme zum Ziel. Hierfür werden die Forschungsansätze und Implementierungstechniken aus dem Gebiet Grid-Computing zielgerichtet für die Erfordernisse dieser Programme verwendet und weiterentwickelt. Neben den wissenschaftlichen und technischen Aspekten werden auch Geschäftsmodelle behandelt, die kleineren Unternehmen den wirtschaftlichen Betrieb ihrer Anwendungen über das neu entwickelte Grid-System ermöglichen sollen. Dabei soll neben den Online-Computerspielen ebenfalls der dynamische Betrieb von anderen wichtigen interaktiven Anwendungsklassen wie E-Learning- und Simulationsanwendungen möglich sein.

Neben der WWU Münster als Partner besteht das Projektkonsortium für „edutain@grid“ aus weiteren sechs Teilnehmern aus Innsbruck und Linz (Österreich), Paris (Frankreich), Southampton (England) und Maribor (Slowenien). Neben akademischen Institutionen befinden sich unter den Partnern im gleichen Maße kommerzielle Unternehmen aus den Bereichen Entwicklung und Betrieb von verteilten E-Learning-Anwendungen und Online-Computerspielen. Das Projekt „edutain@grid“ stellt internationale Spitzenforschung dar, in deren Rahmen die Arbeitsgruppe PVS ihre bisherige erfolgreiche Arbeit fortsetzen und intensivieren wird.

Die Projekte der Arbeitsgruppe PVS bieten immer auch Studierenden die Möglichkeit, optimierte Mechanismen verteilter Echtzeitsysteme zu entwickeln und in Projektseminaren und Diplomarbeiten anwendungsbezogen zu implementieren. So wurde beispielsweise das Strategiespiel Rokkatan, das auf neuartige Weise hunderte von gleichzeitigen Spielern unterstützt, von einer studentischen Projektgruppe in Münster realisiert und von den Studierenden selbst auf einer nationalen Tagung der Gesellschaft für Informatik (GI) vorgestellt. Als anderes Beispiel studentischer Mitwirkung an aktueller Forschung wurden in einer Diplomarbeit „Konsistenz- und Korrektheitsmechanismen für Multiserver-Spiele“ entwickelt: Diese neuartigen Mechanismen sorgen dafür, dass alle Spieler trotz unterschiedlicher Antwortzeiten ihrer Rechner die gleichen Chancen auf erfolgreiche Spielaktionen in einer fairen Spielpartie haben. Im Rahmen des nun neu gestarteten Projektes „edutain@grid“ wird die Arbeitsgruppe PVS diese bisherige praktische Lehrtätigkeit in Kooperation mit europäischen Partnern noch intensivieren können.

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Peter Wichmann idw

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