Neue Schlüsseltechnologie soll Programme besser machen

Das Betriebssystem Windows XP besteht aus rund 30 Millionen Zeilen Programmcode. Eine derart komplexe Software stellt einen ungeheuren Aufwand an Entwicklung und Wartung. Um ihn zu reduzieren, versuchen Entwickler, Programme in möglichst kleine Module zu unterteilen, die dann jedes für sich entworfen und getestet werden. Nicht immer ist das jedoch möglich. Abhilfe verspricht eine Technologie, die inzwischen nicht nur von der Firma IBM als „überlebenswichtig“ eingestuft wird: Die „aspektorientierte Softwareentwicklung“, abgekürzt AOSD. Auf einer internationalen Konferenz im Hauptgebäude der Universität Bonn dreht sich vom 20. bis 24. März alles um dieses zukunftsweisende Thema. Die Organisatoren erwarten dazu rund 250 Teilnehmer aus 25 Ländern.

In der Software-Branche wird AOSD momentan hoch gehandelt: Das renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT) zählt Aspektorientierung gar zu den zehn wichtigsten Zukunftstechnologien. Sie verspricht nämlich die Lösung auf ein Problem, das gerade durch die explodierende Komplexität der Software zunehmend an Bedeutung gewinnt. Das Beispiel „Protokollierung“ kann das verdeutlichen: Wenn ein Computer eine Banktransaktion vornimmt, ist es üblich, dass er sie Schritt für Schritt protokolliert und am Ende noch festhält, ob alles geklappt hat. Dazu ruft der Programmierer an bestimmten Schlüsselstellen Protokollierungs-Routinen auf. In jeder Banksoftware stehen verstreut über den Programmcode an vielen tausend Stellen derartige Protokoll-Befehle. „Damit entstehen zwei Probleme“, sagt der Bonner Informatiker Daniel Speicher, der die AOSD.06-Konferenz mit organisiert: „Einerseits erschweren die eingestreuten Protokoll-Befehle das Verständnis des eigentlichen Programmtextes. Andererseits erfordert ihre Implementierung und Wartung umfangreiche Änderungen im Programm. Entsprechend hoch ist neben den Kosten das Risiko für Fehler.“

AOSD kann diese Nachteile umschiffen. Im vorgenannten Beispiel würde der Entwickler in seine Banksoftware gar keine Protokoll-Befehle einbauen. Erst bei der Übersetzung des fertigen Programms in Computercode würden dann an den Schlüsselstellen automatisch die nötigen Protokollroutinen „hineingewebt“, ohne dass dadurch der ursprüngliche Programmtext „verhunzt“ würde. Zugleich ist das Konzept so viel flexibler: So möchten Entwickler in der Testphase einer neuen Software oft zusätzliche Protokollschritte einführen, um damit besser überprüfen zu können, ob sich ihre Software auch korrekt verhält. Mit AOSD könnten sie in diesem Fall einfach festlegen, an welchen Stellen der zusätzliche Protokollcode für die Dauer der Tests eingewebt werden soll. Einige Anwendungen werden heute bereits mit derartigen Techniken implementiert.

Die AOSD.06-Konferenz wird vom Institut für Informatik III (Professor Dr. A. B. Cremers) an der Universität Bonn ausgerichtet. Die Leitung des Organisationskomitees liegt bei Dr. Günter Kniesel, der auch für die Arbeitsgruppe Softwaretechnologie des Instituts zuständig ist. Auf der Tagung diskutieren mehr als 250 internationale Experten nicht nur über die Chancen des neuen Trends, sondern auch über noch ungeklärte Fragen, die sich durch den Einsatz von AOSD-Strategien ergeben. Das Hauptprogramm startet am 22. März mit einer Keynote von Carliss Baldwin, Professorin der berühmten Harvard Business School, zur Auswirkung von IT-Architektur und -Design in der Kostenstruktur von Unternehmen.

Kontakt:
Dr. Günter Kniesel
Institut für Informatik III der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-4511
E-Mail: gk@iai.uni-bonn.de

oder Tobias Rho
Telefon: 0228/73-4506
E-Mail: rho@iai.uni-bonn.de

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