Jeder fünfte Mikroprozessor kommt aus Dresden

Die Halbleiterindustrie benötigt dringend innovative Photomasken, die den immer kompakteren Strukturen gerecht werden. Von ihrer Verfügbarkeit hängt es ab, ob das Moore´sche Gesetz weiterhin Gültigkeit besitzt. Mittlerweile haben die Schaltungsgeometrien der immer kleineren, schnelleren und leistungsfähigeren ICs nämlich Dimensionen erreicht, welche die lithographischen Masken im Zuge der weiteren Miniaturisierung zu einem kritischen Element werden lassen, da nach den Gesetzen der Schulphysik die stetige Verkleinerung der Chipstrukturen durch die Wellenlänge der hierfür verwendeten Lichtquellen limitiert ist. Alternative Maskentechnologien für optische Belichtungsquellen wie zum Beispiel mit extrem kurzwelligem UV-Licht (EUV) in den Chipfertigungen sind technisch aber immer noch nicht ausgereift. Daher suchen die Halbleiterhersteller weiterhin verstärkt nach technischen Tricks, um die Hürden der Physik zu umgehen. Über die Potenziale und Grenzen dieser Technologien diskutieren anlässlich der von der VDE/VDI-Gesellschaft Mikroelektronik, Mikro- und Feinwerktechnik (GMM) veranstalteten Fachtagung „22nd European Mask and Lithography Conference EMLC2006“ führende Experten aus aller Welt.

Der Tagungsstandort wurde nicht rein zufällig ausgewählt. „Jeder fünfte Mikroprozessor, der weltweit eingesetzt wird, stammt aus der AMD Fab 30 in Dresden“, kommentiert EMLC-Chairman Dr. Uwe Behringer, Geschäftsführer der Unternehmensberater Firma UBC Microelectronics. Neben IMEC in Leuven (Belgien) und LETI in Grenoble (Frankreich) gehöre Dresden heute zu den führenden High-Tech Standorten in Europa.

Ein Beispiel liefert das zu Toppan Photomask, AMD und Infineon gehörende „Advanced Mask Technology Center“ (AMTC), welches den Bedarf an photolithografischen Masken für Infineon und AMD deckt und gleichzeitig an der Entwicklung neuer Maskengenerationen arbeitet. „Wir liefern neuerdings pro Monat bereits 200 bis 300 High-End-Masken aus“, freut sich AMTC-Geschäftsführer Mathias Kamolz. Die Herstellung dieser hochinnovativen „leading-edge-Masken“ erfolgt größtenteils mit Elektronenstrahlschreibern. Damit werden Chip-Strukturgrößen von 110 Nanometern bereits in der Massenfertigung hergestellt, solche von 70 bis 90 Nanometern befinden sich bei einem Großkunden in der Pilotanwendung. Für Technikpionier Kamolz ist damit das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht. „Wir entwickeln heute bereits die übernächste Maskengeneration für das Jahr 2010 – dann sprechen wir über Chip-Strukturgrößen bis hinunter zu 22 Nanometern“, erläutert er. Mit diesem technologischen Know-how dürfe sich AMTC ohne Übertreibung als innovativstes Maskenhaus Europas wenn nicht sogar weltweit bezeichnen.

Not macht erfinderisch – das gilt auch für die Chipindustrie

Sowohl der Standort als auch die Themen der EMLC2006 Tagung haben zu einem neuerlichen Besucherrekord geführt. „Es gab rund 250 Teilnehmer, darunter eine auffällig hohe Anzahl von Führungskräften aus den USA“, resümiert Behringer. Das Niveau der Vorträge sei dementsprechend sehr hoch gewesen.

Erwartungsgemäß hat keiner der Referenten das „Ei des Columbus“ vorgestellt. Stattdessen zeigte sich, dass Not buchstäblich erfinderisch macht. So wurden auf der Tagung eine Reihe von raffinierten Technologien vorgestellt. Diese gehen von unterschiedlichen Ansätzen aus, um die von der Natur scheinbar gesetzten Schranken zu überbrücken.
Hierzu gehört zum Beispiel die Nanoimprint-Lithographie, eine zukunftsträchtige Neuentwicklung, die erstmals im Mai 2003 anlässlich der ”47th International Conference on Electron, Ion and Photon Beam (EIPBN)” in Tampa im US-Bundesstaat Florida der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Bei der Nanoimprint-Lithographie wird eine Art Stempel in eine warme niederviskose Masse – in der Regel ein Polymer – gedrückt. Der Stempel selbst enthält Strukturen im „sub-100 nm-Bereich“, die mit Hilfe eines hoch auflösenden Elektronenstrahlschreibers erzeugt wurden.

Branchenbeobachter zeigen sich optimistisch, dass die Nanoimprint-Tools den Sprung in die begehrte Chip-Massenproduktion schaffen. So haben europäische Firmen wie Süss Microtec in Deutschland und EVGroup in Österreich bereits Fertigungsmaschinen für die Nanoimprint Technologie fertig entwickelt. Des Weiteren hat die Molecular Imprints Inc. (MII), einer der führenden Entwickler der Nanoimprint-Technologie in den USA mit Sitz in Austin (Texas) diese Technik unlängst auf die „International Roadmap for Semiconductors (ITRS)“ gesetzt.

Ein weiterer Hoffnungsträger ist zweifelsohne die Immersionslithografie. Der zu Grunde liegende physikalische Trick basiert auf einer Immersionsschicht, die sich zwischen dem Objektiv der Belichtungsanlage und dem Wafer befindet. Durch das Medium wird der Gesamtbrechungsindex der Linse erhöht und damit die numerische Apertur, kurz NA genannt, der Linse vergrößert. Je größer ihr Wert ist, desto besser lassen sich die feinen Strukturen der Masken in den Photolack auf dem Wafer übertragen. Auf diese Weise ist es möglich, die Abbildungsqualität zu erhöhen, ohne sich auf die Risiken bisher wenig erprobter Technologien einzulassen. Als Immersions-Flüssigkeit kommt gewöhnliches Wasser zum Einsatz.

Der Trick mit der Micky Maus

Auch andere technische Kunstgriffe haben dazu beigetragen, dass sich die optische Lithographie als überlebensfähiger erwiesen hat, als dies jemals für möglich gehalten wurde.

In diese Kategorie gehören die sogenannten RET-Technologien (Resolution Enhancement Techniques) zur Erhöhung der Auflösung. Unter diesen hat die OPC-Technik (Optical Proximity Correction) die größte Bedeutung erlangt. In der OPC-Technik werden die ursprünglichen Strukturen des Design-Datensatzes so verändert, dass die „Strukturverschmierung“ durch die Beugung des Lichtes weitgehend kompensiert wird. So wird zum Beispiel eine quadratische Struktur in der Maske durch die Beugung des Lichtes an der Maske und Abbildungsfehler in dem Linsensystem zu einer Kreisfläche im Resist. Durch die OPC-Technik werden die Ecken des Quadrates in der Maske durch zusätzliche Strukturen, die Experte Behringer anschaulich als „Micky Maus Ohren“ bezeichnet, „ausgebeult“, was die Verrundung des Resistbildes minimiert. Auf diese Weise lassen sich Strukturfeinheiten realisieren, die sehr viel kleiner als die Wellenlänge des verwendeten Lichtes sind.

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