Gefühlte Himmelsrichtung: Neurowissenschaftler der Uni Osnabrück entwickeln Kompass-Gürtel

Bereits die Frage klingt fantastisch: Ist es uns möglich, die Himmelsrichtung zu fühlen? Studierende des Studiengangs Cognitive Science an der Universität Osnabrück haben eine Technologie entwickelt, die dies dem Menschen ermöglicht. Sie konstruierten einen Gürtel mit elektronischem Kompass, elektronischer Steuerung und einer Zahl von Vibratoren. Die Versuchspersonen tragen diesen Gürtel und werden permanent durch die Vibrationen über ihre Position relativ zum magnetischen Nordpol informiert.

„Solche neuen Forschungsergebnisse verweisen auf die erstaunliche Plastizität des Gehirns sowie dessen faszinierende Fähigkeit, seine Struktur auch im Erwachsenenalter durch Erfahrungen zu verändern“, erklärt Prof. Dr. Peter König. Der Neurowissenschaftler leitet das Studentenprojekt am Institut für Kognitionswissenschaften (IKW). Gemeinsam untersuchen sie, inwiefern das Gehirn auch solche Reize integrieren kann, die nicht dem natürlichen Sinnessystem entsprechen. In einem soeben erschienenen Beitrag in einer Fachzeitschrift („Journal of Neural Engineering“ 2005, 2(4)) berichtet die Gruppe nun über ihre Ergebnisse und findet dafür internationale Beachtung.

Mit einer Reihe wissenschaftlicher Tests wurden Navigationsleistungen erprobt, physiologische Effekte untersucht und das subjektive Empfinden der Versuchspersonen erfragt. Bei mehreren Versuchspersonen zeigten sich Effekte, die für eine Integration der Orientierungsinformation sprechen. Entscheidend für einen erfolgreichen Einfluss auf die Leistungen ist es, dass der Träger die Informationen tatsächlich aktiv für Handlungen und Bewegungen nutzt, so König. „Dieses Ergebnis entspricht der Idee, dass eine Sinneswahrnehmung nicht der Aktivierung bestimmter Gehirnareale entspricht. Denn ein Areal für die Wahrnehmung von Himmelsrichtungen ist beim Menschen nicht bekannt. Vielmehr scheint es, dass solche Leistungen durch die regelmäßigen Zusammenhänge der eigenen Aktivität und den aufgenommenen Reizen bestimmt sind.“

Die Studie öffnet einen neuen Zugang zur Erforschung und Erweiterung der menschlichen Sinneswahrnehmung. Darüber hinaus ergeben sich auch Konsequenzen für praktische Anwendungen in der Neuroprothetik. König: „Mehrere andere Arbeitsgruppen entwickeln Prothesen, um verloren gegangene Sinnesorgane zu ersetzen. Es durchaus vorstellbar, dass beim Problem die „richtigen“ Sinneseindrücke zu vermitteln, das Gehirn einen wichtigen Teil der Lösung übernimmt.“

Weitere Informationen:
Prof. Peter König, Universität Osnabrück,
Institut für Kognitionswissenschaft,
Abteilung Neurobiopsychologie,
Albrechtstraße 28, D-49076 Osnabrück,
Tel: +49 541 969 2399 Fax: +49 541 969 2596,
E-Mail: peter.koenig@uni-osnabrueck.de

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Oliver Schmidt idw

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