Wenn die Waschmaschine SOS funkt

Am Thema RFID kommt heute keiner mehr vorbei: Das Kürzel steht für Radio Frequency Identification, was sehr viel schwieriger klingt, als es ist. Denn zum Betrieb braucht man nur drei Dinge: Ein Lesegerät, einen so genannten RFID-Chip und ein wenig Backend-Software.

Werden in einem Geschäft Waren mit RFID-Chips ausgestattet, dann lassen sich Angaben über Preis und Hersteller, über Haltbarkeit und Produktionsland extrem schnell per Funk übertragen. Das lästige „Schlangestehen“ in den Einkaufsmärkten könnte schon bald Vergangenheit sein. Denn wenn der Kunde an die Kasse kommt, liegt seine Abrechnung schon bereit. „RFID ist für uns eine der maßgeblichen Technologien für den Handel der Zukunft“, blickt Zygmunt Mierdorf, im Vorstand der METRO Group unter
anderem für die IT verantwortlich, optimistisch in die Zukunft.

Ein entscheidendes Handicap haben die RFID-Chips aber noch: Solange sie mit klassischer Silizium-Technik hergestellt werden, sind sie als Massenprodukt viel zu teuer. Die Preise liegen derzeit noch bei 30 bis 50 Cent pro Stück, damit sind sie um den Faktor 100 zu teuer. Die richtige Fertigungstechnik ist daher der Schlüssel zu einer Elektronik, die in mehreren 100 Milliarden Stück pro Jahr produziert und mit der Verpackung entsorgt werden würde. „Deshalb arbeiten wir daran, das Chipmaterial Silizium in nanofeiner Form druckbar zu machen“, erklärt Dr. Ralf Anselmann, Forschungsleiter des Degussa Science to Business Center Nanotronics in Marl, in dem das weltweit führende Spezialchemieunternehmen alle Aktivitäten rund um die Nanotechnik und Elektronik zusammengeführt hat. Für die RFID-Revolution müssen neben den elektrischen Eigenschaften auch die Drucktechnologien weiterentwickelt werden. „Das richtige Ausgangsmaterial haben wir bereits“, bestätigt Anselmann und schwenkt ein Fläschchen mit einer Flüssigkeit. Mit dieser „High-Tech-Tinte“ sollen die benötigten Chipstrukturen künftig u. a. direkt auf Etiketten gedruckt werden. Die Weiterentwicklung erfolgt derzeit mit Kooperationspartnern im Nanotronics Center.

Aus der neuen Technologie ergeben sich faszinierende Anwendungen: Die allseits unbeliebte Inventur am Jahresanfang entfällt, weil der Bestand permanent up to date ist. Und der Joghurt funkt den Ablauf seiner Haltbarkeit so frühzeitig, dass der Supermarkt-Manager einen Sonderverkauf starten kann. Leseeinheiten an unseren Waschmaschinen „morsen“ künftig nach Rückfrage an die eingenähten Labels SOS, wenn ein Junggeselle weiße Hemden und rote Socken zusammen waschen will. Kein Wunder also, dass dem smarten Etikett die Zukunft gehört. So prognostiziert das Beratungsunternehmen A. T. Kearney (Chicago) dem Handel Gewinnsteigerungen von sieben Prozent durch den Einsatz der Chips. „RFID ist die größte Chance der Industrie für Selbstklebeprodukte in den nächsten zehn Jahren“, erwartet auch Jules Lejeune, Geschäftsführer der FINAT (Den Haag, Niederlande), der europäischen Fachvereinigung der SelbstklebeEtikettenindustrie. Im Jahr 2004 betrug der Weltmarkt für alle Trennbeschichtungen sage und schreibe 27 Milliarden Quadratmeter – das entspricht nahezu der Fläche von Belgien oder 2,7 Millionen Fußballplätzen.

Etiketten mit aufgedruckten Funkchips sind noch Zukunftsmusik. Bis sie als Massenprodukt zur Verfügung stehen, werden sicher einige Jahre Entwicklungsarbeit erforderlich sein. Aber bereits heute sind selbstklebende Materialien durch ständige Optimierungsanstrengungen der Industrie deutlich praktikabler geworden. Das erleichtert uns den Alltag in vielerlei Hinsicht: Wir müssen Briefumschläge und -marken nicht mehr anlecken, können Windeln und Hygieneprodukte dank Klebebändern einfacher wechseln. Auch die Verkäuferin an der Wursttheke im Supermarkt spart einen Arbeitsschritt: Sie verschließt die Tüte direkt mit dem Etikett, das ihre Waage ausdruckt.

Hinter diesen scheinbar simplen Dingen des Alltags steckt eine ausgeklügelte Chemie. Beispiel Etikett: Es setzt sich aus einem Träger aus Papier oder Kunststoff zusammen, auf den zunächst ein flüssiges Silicon aufgetragen und anschließend zu einer stabilen Schicht gehärtet wird. Im nächsten Schritt folgt ein Haftkleber und abschließend wird das eigentliche Etikett auflaminiert. Der Pfiff daran: Die hauchdünne Trennschicht, die aus einem Silicon – chemisch präzise aus Siliconacrylaten oder Siliconepoxiden – besteht, sorgt dafür, dass der Kleber erst im zweiten Anlauf seine Funktion erfüllt. Ein Adressaufkleber klebt zwar sehr gut auf einem Briefumschlag, er lässt sich aber zuvor sehr leicht von seinem Träger abziehen. Hauchdünn ist für die Trennschicht fast noch übertrieben. Pro Quadratmeter Fläche wird in der Regel nur ein Gramm Beschichtung benötigt, die gerade einmal ein tausendstel Millimeter dick ist.

Der Degussa Geschäftsbereich Oligomers & Silicones (Essen) nimmt eine weltweit führende Position bei diesen vielfach benötigten Trennmitteln ein und hat erst kürzlich die Aktivitäten auf diesem Gebiet mit einem neuen Technikum ausgeweitet. „Wir wollen damit insbesondere die UV-Härtung weiter am Markt durchsetzen“, erklärt Helmut Brus, Global Marketing Manager für RC Silicone. Zu rund 90 Prozent werden heute Silicone nach dem Aufbringen noch durch eine Wärmebehandlung getrocknet. Der Einsatz der ultravioletten Strahlung hat jedoch viele Vorteile gegenüber der thermischen Alternative, deshalb ist sie stark im Kommen. So sind die Energieeinsparungen erheblich. Außerdem müssen die Papierträgersubstrate beim thermischen Prozess aufwändig rückbefeuchtet werden. Dieser Schritt entfällt bei UV-Anlagen. Darüber hinaus können jetzt auch temperatursensible Materialien eingesetzt werden.

Ein weiteres Plus: Die für die UV-Härtung benötigten Anlagen sind wesentlich kompakter. Während die Trocknungsöfen bei einer Maschinengeschwindigkeit von 1.000 Metern pro Minute eine Länge von 65 Metern benötigen, beträgt die Länge einer vergleichbaren UV-Anlage nur 2,5 Meter. „Für unsere Kunden ist sicher vor allem interessant, dass diese Methode Etiketten um etwa 10 Prozent kostengünstiger macht und erheblich weniger Abfall verursacht, weil der Träger ganz dünn sein kann“, erläutert Dr. Philipp Tomuschat, Leiter des Etikettenprojektes für RC Silicone in Essen.

Degussa hat dafür in den zurückliegenden Jahren einen ganzen „Baukasten“ an Siliconacrylaten entwickelt, der viele maßgeschneiderte Kombinationen ermöglicht. Je nach Anwendungsfall trennen sie mehr oder weniger stark. „Unsere Systeme zeichnen sich durch eine hohe Stabilität aus. Sie sorgt bei den Produkten für gleich bleibende Eigenschaften, so dass die Selbstklebeprodukte auch über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden können“, erklärt Dr. Winfried Hamann, Leiter des neuen Technikums.

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Rolf Froböse Rolf Froböse

Weitere Informationen:

http://www.degussa.com

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