Puzzeln in der Welt des Kleinen – Mikroskopische Bilder ohne Qualitätsverlust fast beliebig vergrößern

Eine Nervenzelle offenbart im Fluoreszenzmikroskop ihre Verbindungen zu Nachbarn. Ein Feature der Bildverarbeitungssoftware: Der Schaltplan kann schnell und automatisch erfasst werden. © Fraunhofer IGD

Die Welt aus einer anderen Perspektive sehen – dieser Wunsch scheint so alt wie die Menschheit selbst zu sein. Abheben in die Lüfte, den Blick in die unendlichen Weiten des Universums oder in das ebenso aufregende Reich des Mikrokosmos’ zu richten. Doch der erhaschte Blick in die Welt des Kleinen bleibt begrenzt, entweder durch den Ausschnitt der mikroskopischen Abbildung oder durch ihre Auflösung. Größere Probenbereichen hoch aufgelöst aufzunehmen, führt zu einer gewaltigen Bilderflut. Sie auszuwerten und geordnet zu archivieren, ist mühselig.

Eine Lösung bietet die Firma Multiple Image Tools GmbH, die sich auf Forschungen des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD in Rostock stützt. Sie hat kürzlich die Software »Multiple Image Stack Browser« auf den Markt gebracht, mit der mikroskopische Bilder ohne Qualitätsverlust fast beliebig vergrößert werden können. Der Mathematiker und Geschäftsführer Christian Götze erläutert die Vorgehensweise des Programms: »Die Software steuert den Motortisch des eingesetzten Mikroskops an und erzeugt Einzelbilder und zugehörige Metafiles mit den Aufnahmedaten. Diese Puzzleteile werden anschließend zum Gesamtbild zusammengefügt.« Dieses kann je nach Mikroskoptyp neben den drei Raumdimensionen auch eine vierte darstellen, wie beispielsweise unterschiedliche Spektralbereiche oder Aufnahmetechniken. Auch die Analyse des Gesamtbildes wird von der Software übernommen. »Vorteilhaft ist, dass die Auswertung trotz einer Datenmenge von bis zu zehn Gigabyte pro Bild genauso vonstatten gehen kann wie die der kleinen Einzelbilder«, erklärt Christian Götze. »Alle Auswerteverfahren können daher uneingeschränkt weiterhin verwendet werden.«

Die möglichen Anwendungen umfassen ein breites Spektrum: In der Automobilindustrie beispielsweise wird die Lackqualität bisher überprüft, indem viele einzelne Bilder aufwendig analysiert werden. Mithilfe der Software lässt sich die Zahl von Fehlstellen anhand des Gesamtbildes halb- oder vollautomatisch ermitteln. Auch in der Neurobiologie stösst das Verfahren auf großes Interesse: Um etwa die Fortsätze vieler Nervenzellen zu zählen und in ihren Längen zu vermessen, brauchen geübte Augen oftmals einen ganzen Tag. Mit dem entwickelten Verfahren läuft die Auswertung dagegen nahezu selbstständig und ist bereits nach einer Stunde abgeschlossen. Zudem wird die Fehlerquote drastisch reduziert: Bei konventionell durchgeführten Zählungen liegt sie leicht bei 30 bis 40 Prozent.

Ansprechpartner:

Dipl.-Math. Christian Götze
Telefon 03 81 / 40 24-1 35
Fax 03 81 / 40 24-1 99

Prof. Dr. Bodo Urban
Telefon 03 81 / 40 24-1 10

Fraunhofer-Institut für
Graphische Datenverarbeitung IGD
Joachim-Jungius-Straße 11
18059 Rostock

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