Software macht Nervenverbindungen im Gehirn sichtbar

Virtuelle In-vivo-Sektion feiner und effizienter

Mit Hilfe der Kernspintomographie lässt sich die Aktivität verschiedener Hirnareale direkt mitverfolgen. Neuerdings gewährt dieses Verfahren auch anatomische Einblicke ins Innere des Gehirns, wobei die wichtigsten Nervenverbindungen beschrieben werden. Das geschieht durch den Einsatz einer Software, die an der ETH Lausanne in Zusammenarbeit mit dem Universitätsspital Lausanne und mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds entwickelt wurde.

Bei einer Operation achtet der Neurochirurg sorgsam darauf, dass die Verbindungen, die die Kommunikation zwischen verschiedenen Hirnarealen sicherstellen, unversehrt bleiben. Ein Tumor kann aber den Verlauf dieser Nervenstränge verändern, so dass sich der Chirurg nicht mehr allein auf sein anatomisches Wissen verlassen kann. Hier hilft die neue Software: In Kombination mit einem Kernspintomographen visualisiert sie den Verlauf der wichtigsten Verbindungen im Gehirn des Patienten. Der Blick ins Gehirn wird so feiner und effizienter. Man spricht dabei von „virtueller In-vivo-Sektion“: „in-vivo“, weil am lebenden Gehirn seziert wird, „virtuell“, weil das Hirngewebe nicht mit einem wirklichen Skalpell, sondern nur am Computer untersucht wird. Das Programm stellt auf dem Bildschirm plastisch die gewünschten Hirnareale einschließlich der verbindenden Nervenbahnen dar.

Der Einsatz der Software benötigt keine Spezialausrüstung. Ein moderner Kernspintomograph genügt und die Software läuft auf einem normalen Computer. An der Harvard Medical School in Boston und am National Neuroscience Institute in Singapur kommt sie schon zum Einsatz. In der Schweiz wird die Methode im Rahmen einer Studie über Schizophrenie eingesetzt, sie könnte aber ebenfalls nützlich bei der Erforschung anderer Krankheiten wie Multipler Sklerose, Alzheimer oder Hirnschlag sein, bei denen möglicherweise auch die Nervenbahnen im Gehirn betroffen sind.

Die Methode funktioniert folgendermaßen: Die Wassermoleküle in den Nervenbahnen schwingen wegen der thermischen Bewegung ungeordnet, jedoch meist entlang der Nervenfasern. Diese Bewegungen können mittels Kernspintomographie erfasst und zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden, das diese Bahnen nachzeichnet. Dieses Prinzip wurde schon in verschiedenen Verfahren eingesetzt, in diesem Fall konnte aber eine besonders gute Auflösung erreicht werden, was angesichts der äußerst filigranen Nervenzellen ein entscheidender Vorteil ist.

Die virtuelle In-vivo-Sektion informiert zwar über den präzisen anatomischen Verlauf der Verbindungen zwischen den Hirnarealen, nicht aber darüber, ob diese Verbindungen aktiv sind oder nicht, ob sie gut oder schlecht funktionieren. Diese Art von Information könnte aber durch andere Methoden wie die funktionelle Kernspintomographie oder die Elektroenzephalographie geliefert werden. „Ideal wäre ein Verfahren, das beide Arten von Informationen verbindet, nämlich die Nervenverbindungen darstellt und gleichzeitig anzeigt, wie aktiv sie sind“, erklärt Jean-Philippe Thiran, Leiter der Schweizer Projekts. „Dieser Vision möchten wir unsere künftigen Arbeiten widmen.“

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Marietta Gross pressetext.schweiz

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