Compuware und Fraunhofer IESE setzen auf modellbasierte Entwicklung

Auf einem gemeinsam in München veranstalteten Workshop berichteten Experten von Compuware und des Fraunhofer IESE über Erfahrungen, die mit modellbasierter Softwareentwicklung gemacht wurden, über die technischen Möglichkeiten und Perspektiven sowie über den aktuellen Stand der Model Driven Architecture.

Die von der Object Management Group (OMG) propagierte Model Driven Architecture (MDA) enthält das Potenzial, grundlegende Probleme und Beschränkungen heutiger Softwareentwicklung zu beheben. Mangelnde Interoperabilität von Internetanwendungen, hohe Wartungskosten bei Middleware, die Explosion der Entwicklungskosten beim Umstieg auf Java sowie die kaum noch beherrschbare Komplexität von Softwaresystemen zwingen Softwareentwickler dazu, neue Wege zu beschreiten, so die Einschätzung des Toolanbieters Compuware und des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering (IESE). Auf einem gemeinsam mit einem führenden Repräsentanten der OMG am 4. Dezember in München veranstalteten Workshop berichteten Experten von Compuware und des Fraunhofer IESE über Erfahrungen, die bereits mit modellbasierter Softwareentwicklung gemacht wurden, über die technischen Möglichkeiten und Perspektiven, sowie den aktuellen Stand der Model Driven Architecture.

Integration – eine unendliche Geschichte

Andrew Watson ist Vizepräsident der Object Management Group (OMG), einem internationalen Konsortium von Softwarenutzern und -herstellern, das herstellerneutrale Spezifikationen für interoperable Software erarbeitet, die weite Verbreitung finden. In seinem einleitenden Vortrag beschrieb er das wachsende Problem der Integration von Softwaresystemen: „Applikationen von heute müssen mit Softwaresystemen aus der Vergangenheit zusammen arbeiten – aber auch mit jenen, die erst zukünftig entstehen werden!“ In den neunziger Jahren habe man mit Erfolg Softwaresysteme unternehmensintern integriert, durch den Einsatz standardisierter Middleware-Lösungen, welche die unterschiedlichsten Programmiersprachen, Betriebssysteme und Netzwerkprotokolle unterstützen. Die von der OMG entwickelte CORBA-Spezifikation gehöre zu diesem Typ von Middleware-Lösungen, erklärte Watson: „CORBA ist mittlerweile ein weit verbreiteter Standard, nicht zuletzt, weil er die Java-Entwicklungsumgebung und J2EE unterstützt!“

Die Integration von Web-Services

Dennoch: Nach Watsons Einschätzung wird es immer schwieriger, Softwaresysteme zu integrieren. Unternehmen würden zunehmend Bestellungen und Überweisungen über das Internet abwickeln und dabei Web-Service-Plattformen wie ebXML, DotNet oder RosettaNet benutzen. „Diese Web-Services ermöglichen E-Commerce, indem sie Middleware für das Internet bereit stellen,“ erklärte er, „aber im Gegensatz zur unternehmensinternen Integration reicht es beim internet-basierten Datentransfer zwischen verschiedenen Partnern nicht aus, auf eine Middleware-Plattform allein zurück zu greifen.“ Unternehmen, die im vollen Umfang E-Commerce betreiben wollten, seien gezwungen, ihre internen IT-Systeme mit der ganzen Bandbreite vorhandener Middleware-Plattformen kompatibel zu machen. „Darin besteht das Integrationsproblem von heute und morgen“, konstatierte Watson, “ alle diese Web-Services mit den unternehmensinternen IT-Systemen zu verbinden.“

Model Driven Architecture: Integration für das neue Millennium

In den folgenden Darlegungen stellte Watson Grundzüge der von der OMG initiierten Model Driven Architecture vor. „MDA bedeutet, dass Software auf der Basis von plattformunabhängigen Modellen entsteht, die mit der Unified Modelling Language (UML) beschrieben werden,“ so Watson. Diese Modelle (PIMs bzw. Platform Independent Models) beinhalteten Objekte, Beziehungen und Verhalten eines IT-Systems, dargestellt in UML-Diagrammen. In einem zweistufigen Prozess würden aus den PIMs zunächst PSMs (Platform Specific Models) abgeleitet, also plattformspezifische Modelle, und danach lauffähiger Programmcode. MDA-basierte Entwicklung sei durch zwei grundlegende Merkmale gekennzeichnet: „Das Neuartige ist eine konsequente Trennung von Anwendungsbeschreibung und Technik einerseits und andererseits die Bereitstellung von weitgehend automatisierten Verfahren zur Überführung von Modellen in letztendlich sofort lauffähigen Code!“

MDA könnte der Schlüssel zur erfolgreichen Nutzung von Web-Services sein, meinte Watson. Doch biete MDA noch erheblich mehr Vorteile: „Da es möglich ist, bis zu 60 Prozent des Codes aus den Modellen automatisch abzuleiten, sinkt die Fehlerrate drastisch und das Entwicklungstempo steigt“, so das Versprechen von Watson. Ein weiterer Vorteil bestehe in der Abkoppelung des Designprozesses von technischen Veränderungen. Watson: „MDA-Entwicklungsumgebungen, wie zum Beispiel OptimalJ von Compuware, erlauben es, Framework-Code sehr schnell neu zu erzeugen, wenn man zum Beispiel aufgrund der Auswechselung eines Applikations-Servers eine neue J2EE-Version einsetzen muss. Das geht viel leichter und schneller als per Hand“.

MDA – von der Vision zur Realisierung

Neue Horizonte für die Softwareentwicklung! Emanzipation des Entwurfs von der Technik! Höhere Produktivität und Qualität! Andrew Watson hatte mit diesen Perspektiven die Messlatte hoch gelegt. Für Franco Flore, Produkt-Manager bei Compuware, war es daher keine leichte Aufgabe, den Nachweis zu erbringen, dass MDA-basierte Entwicklung mehr als eine Idee ist. Flores Haupt-botschaft: „MDA ist die Zukunft für komplexe Softwaresysteme. Sie erlaubt die heute dringliche Konzentration des Softwareentwickungsprozesses auf Funktionen und Veränderungen, sowie die Abstraktion von der Technik. Die Vorteile von MDA können in vollem Umfang jedoch nur dann realisiert werden, wenn der Entwickler über ein leistungsfähiges MDA-Entwicklungswerkzeug verfügt!“

OptimalJ: MDA-Entwicklungsumgebung für J2EE

Compuware’s OptimalJ, eine Entwicklungsumgebung, mit der sich MDA-basierte Applikationen für die Java 2 Enterprise Edition (J2EE)-Plattform erstellen lassen, bietet nach Meinung von Flore all jene Features, die MDA und Java zum Durchbruch verhelfen könnten. Vorzüge von OptimalJ seien die Unabhängigkeit von Programmiersprachen und Plattformanbietern. Als eines der ersten und führenden Entwicklungstools für MDA-basierte Anwendungen biete OptimalJ die Möglichkeit, technologieunabhängige UML-Modelle zu konstruieren und daraus direkt plattformspezifische Modelle abzuleiten. Aus Letzteren werde dann automatisch Programmcode generiert. OptimalJ’s Programmcodegenerator übertreffe in seiner Leistungsfähigkeit sogar die Erwartungen, welche die OMG habe. Flores: „Etwa 60 Prozent des Codes wird vollautomatisch erzeugt. Das sind zehn Prozent mehr, als die OMG angesichts des heutigen Standes der Standardisierung voraussagt!“ Mit diesem Wert sei freilich noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Andererseits sei eine hundertprozentige Codegenerierung nicht das höchste Ziel: „Wichtiger ist, dass der Programmgenerator schon heute einen großen Teil des Glue-Codes produziert und damit den Programmierer von ermüdenden Aufgaben befreit!“ Auch in Zukunft werde man voraussichtlich nicht darauf verzichten können, gewisse anspruchsvolle Teile des Codes nachträglich zu überarbeiten.

Flore verriet weitere technische Details von OptimalJ: „Neben einem domänenspezifischen Modelleditor, mit dem sich Geschäftslogiken und Objekte in UML beschreiben lassen, enthält das Werkzeug einen Mustergenerator, der für die Transformation der UML-Diagramme zuständig ist. In diesem Generator sind alle J2EE-spezifischen Informationen abgelegt, die man braucht, um automatisch Systeme für diese Plattform zu erzeugen“, erklärte Flore den Automatismus. OptimalJ erlaube auf diese Weise die Generierung von lauffähigem Java-Code für die J2EE-Plattform, Java Server Pages, Enterprise Java Beans und Standard Query Language. Ein Synchronisations-mechanismus des Tools gewährleiste, dass Änderungen am Modell sofort in entsprechenden Code umgesetzt würden, was die Fehlerbehebung und die Erzeugung von Produkt-Updates erheblich erleichtere.

OptimalJ, so Flore, biete entscheidende Vorzüge: Eine spürbare Produktivitätssteigerung bei der Entwicklung von J2EE-Anwendungen und die Sicherung von Investitionen in neue Systeme. OptimalJ sei damit ein wichtiger Baustein für eine nach vorne gerichtete Softwareentwicklungs-strategie. Aber auch an vorhandene Anwendungen und Modelle habe Compuware gedacht. Sofern Modelle vorhanden seien, könnten diese in das Tool importiert werden. Aus Legacy-Systemen müssten sie zunächst per Reengineering abgeleitet werden. Auf diese Weise unterstütze OptimalJ auch die Wiederverwendung vorhandener Software-Artefakte unter dem Paradigma modellbasierter Entwicklung.

MDA und Software Engineering: Zwei Namen, ein Ziel

Dirk Muthig vom Fraunhofer IESE stellte den MDA-Ansatz in den Kontext der anwendungsbezogenen Software-Engineering-Forschung. „MDA ist ein erfolgversprechender Schritt beim Aufbau von praktischer Software-Engineering-Kompetenz!“, so der Fraunhofer-Experte. Dem Ziel, komplexe Softwaresysteme beherrschbar zu machen und das Prinzip der Wiederverwendbarkeit zu etablieren, sei man mit MDA um einen großen Schritt näher gekommen. Es reiche eben nicht aus, allein Komponententechnologien wie DotNet, J2EE oder CORBA einzusetzen, pflichtete der Kaiserslauterer Wissenschaftler seinem Kollegen von der Object Management Group bei. Ein qualitativer Sprung in Richtung Wiederverwendung und Kontrollierbarkeit sei allein durch eine konsequente Trennung von Anwendungslogik und Technologie zu erreichen.

„Aus unserer Sicht ergänzen sich an diesem Punkt die vom Fraunhofer IESE entwickelte Methode zur Produktlinienentwicklung PuLSETM, das Konzept der Komponentenentwicklung und der MDA-Ansatz in idealer Weise“, so Muthig. Im Zentrum der Überlegungen stehe bei diesen Ansätzen die Überzeugung, dass es notwendig sei, zu Beginn einer Softwareentwicklung von der technologi-schen Ebene zu abstrahieren. Muthig erklärte, dass das Fraunhofer IESE bei mehreren Kunden bereits Produktlinienverfahren erfolgreich eingeführt habe. Als ein Beispiel nannte er das Softwarehaus MARKET MAKER Software AG, das kürzlich aufgrund seiner innovativen Software-Architekturen in die „Hall of Fame“ des renommierten amerikanischen Software Engineering Institute aufgenommen wurde.

MDA – erst am Anfang

Einer allzu optimistischen Einschätzung heute realisierbarer Vorteile modellbasierter Entwicklung trat Muthig jedoch entgegen. Er warnte davor, von Standardentwicklungsumgebungen Unmögliches zu erwarten. Derartige Tools seien in der Lage, Standardanwendungen zu erzeugen und daher ein großer Fortschritt. Die Entwicklung von komplexen Applikationen erfordere jedoch zurzeit noch zusätzliche Implementierungsleistung. Häufig sei es notwendig, auf firmenspezifische Besonderheiten Rücksicht zu nehmen, denen die Standard-Mustergeneratoren nicht Rechnung trügen.

„Softwareentwicklungsunternehmen, die ihre Entwicklungspraxis auf die Stufe von MDA heben wollen, empfehlen wir, verstärkt in den Aufbau von Architektur- und Modellierungswissen zu investieren“, so die Botschaft des Software-Ingenieurs. Insbesondere in diesem Punkt wurde er zum Abschluss der Vortragsreihe durch den Erfahrungsbericht eines Schweizer Transport- und Logistikunternehmens bestärkt. In dieser Präsentation schilderte der verantwortliche IT-Leiter die positiven Ergebnisse, die sich aus der Einführung eines MDA-basierten Entwicklungsprozesses mit Hilfe von OptimalJ in seinem Unternehmen ergeben hätten. Der Erfolg sei aber nicht allein auf die neue Entwicklungstechnik zurückzuführen. „Ohne eine intensive Schulung unserer Mitarbeiter und ständiges Coaching hätten wir unsere Ziele nicht erreicht!“ Sein Ratschlag, nicht die gesamte Entwicklung auf einmal auf MDA umzustellen und genügend Zeit für die Umstellung einzuplanen, hinterließ bei manchem Besucher eine nachdenkliche Stimmung, war aber dennoch ganz im Sinne der Veranstalter: „Mit MDA propagieren wir keinen neuen Hype, sondern einen Paradigmenwechsel, hinter dem die Unternehmensleitung ebenso wie jeder einzelne Entwickler stehen muss,“ so deren einhellige Meinung.

Bildmaterial kann unter
http://www.iese.fhg.de/compuware_presse
abgerufen werden.

Kontakt:
Dipl.-Inform. Petra Steffens
Fraunhofer IESE
Tel.: 06301 / 707-160
Fax: 06301 / 707-200
E-Mail: steffens@iese.fhg.de
http://www.iese.fhg.de

Kerstin Bachmann
Compuware GmbH
Tel.: 06301 / 94 88-537
Fa: 06301 / 84 88-86
E-Mail: kerstin.bachmann@de.compuware.com
http://www.compuware.de

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