Migration: Wettlauf um strikte Kontrollmechanismen – Universität Wien untersucht Immigration in die EU

„Es gibt einen gewissen Wettlauf darum, wer striktere und selektivere Kontrollmechanismen bei der Einwanderung kreiert“, bemerkt Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann, Leiter des Forschungsclusters „Internationale Migration und ihre Regulation“ im Rahmen des Exzellenznetzwerkes der europäischen Migrations- und Integrationsforschung (IMISCOE). Führt beispielsweise Deutschland strengere Regeln ein, ziehen die Niederlande nach, wodurch sich Belgien genötigt fühlt, dasselbe zu tun. „Die einzelnen Staaten wollen vermeiden, dass die internationale Migration bei jenen hängen bleibt, die keine strengen Kontrollmechanismen einführen“, beschreibt Migrationsexperte Faßmann die dem System innewohnende Logik.

Öffnung nach innen, Abschottung nach außen

Neben strengeren Kontrollmechanismen besteht der zweite Trend im Bereich „Internationale Migration und ihre Regulation“ in der Verschiebung der bedeutenden Migrationsbewegungen an die Ränder Europas. „Das ist unter anderem die Folge der europäischen Einigungslogik mit der Konzeption, sich nach innen eher zu öffnen, dafür aber außen abzuschotten“, erklärt der Wissenschafter. Wanderungen finden derzeit aus der Ukraine, Moldawien und Weißrussland nach Westeuropa statt, weiters aus Afrika nach Spanien und Italien. „Innerhalb der EU-25 erleben jene Staaten, die keine Übergangsbestimmungen haben, also Schweden, Großbritannien und Irland, eine deutliche Zunahme an ImmigrantInnen aus Polen und aus den baltischen Staaten“, so Faßmann zur dritten aktuellen Entwicklung.

Irreguläre Wanderung – Menschenhandel

Zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kam der Forschungscluster bezüglich des Themenkomplexes der irregulären Wanderung. Wie sieht die Organisationsform aus und wie funktioniert Menschenhandel? „Die Vorstellung, dass eine große, mafiöse Organisation alles strukturiert, wie es in manchen Medien transportiert wird, ist nicht richtig“, hält Heinz Faßmann fest. Vielmehr sei es ein System von begleitenden Personen und Zwischenhändlern, die voneinander oft gar nichts wissen. Manche irreguläre MigrantInnen sind sogar „random walker“, die von einem Kontaktpunkt zum anderen geschickt werden und oft überrascht sind, wo sie landen.

Wissenschaftliche Politikberatung

Ziel des Exzellenznetzwerkes zur Migrations- und Integrationsforschung ist es, aktuelle Forschungsergebnisse an die Politik heranzutragen. Aus wissenschaftlicher Perspektive mangelt es vor allem an gesicherter empirisch-statistischer Information über Wanderungen in Europa. „Obwohl die EU aufgrund des Vertrages von Amsterdam ein offizielles Mandat für Migrationspolitik hat, definiert jeder Nationalstaat unterschiedlich, was ein Immigrant ist“, kritisiert Faßmann. Dementsprechend seien Statistiken schwer zusammenzuführen, und es fehle die entsprechende Planungsgrundlage für Politikinhalte. Vorschläge auszuarbeiten, um die Qualität von Migrationsstatistiken zu verbessern, ist einer der Forschungsbereiche im Rahmen des Clusters.

Rückfragehinweis:
Mag. Alexandra Frey
Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
Universität Wien
1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
T +43-1-4277-175 31
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