Weniger Aggression in Schulen: Friedensstiftertraining zeigt Erfolge

Aggression in der Schule gehört für Lehrer und Schüler leider zum Schulalltag. Deshalb ist der Bedarf an wirksamen Maßnahmen groß, aggressives Verhalten von Schülern zu reduzieren und ihr prosoziales Verhalten zu fördern. Es gibt eine Vielzahl von Ratgebern, Ideen und Programmen, aber nur sehr wenige dieser Instrumente sind wissenschaftlich evaluiert. Prof. Barbara Gasteiger Klicpera von der Pädagogischen Hochschule Weingarten und Dipl.-Psych. Gudrun Klein von der Fakultät für Pädagogik an der Universität der Bundeswehr München haben deshalb ein Aggressionspräventions-Programm für die Grundschule entwickelt und in mehreren Studien wissenschaftlich evaluiert.

Das Friedensstifter-Training basiert auf Theorien und Erkenntnissen der kognitiven Entwicklungspsychologie, des kognitiven interpersonalen Problemlösens und auf Konflikttheorien. Das Training geht davon aus, dass Kinder zur friedlichen Beilegung von Konflikten vier grundlegende Fertigkeiten brauchen: Zunächst ein Verständnis für die Mechanismen von Konflikten. Hier geht es vor allem um die Frage, wer welche Ziele in einem Konflikt verfolgt, welche Mittel eingesetzt werden und ob diese Mittel angemessen sind, um diese Ziele auch zu erreichen.

Als nächstes lernen die Kinder zu verhandeln. Sie erarbeiten und üben, wie sie einen Konflikt so beilegen können, dass beide Seiten dabei gewinnen. Dabei geht es darum, sich im Rahmen des Konfliktes nicht in eine Gewinner-Verlierer-Situation zu verstricken, sondern kreative Lösungen zu finden, die es beiden Seiten ermöglichen, als Gewinner aus dem Konflikt hervorzugehen.

Da man zum Verhandeln einen klaren Kopf braucht, geht es im nächsten Teil des Friedensstifter-Trainings darum, wie die Kinder mit Gefühlen wie Wut und Ärger umgehen können und wie sie sich selbst beruhigen können. Zum Abschluss lernen die Kinder, wie sie zwei anderen Kindern beim Verhandeln helfen können. Dabei ist vor allem Unparteilichkeit wichtig und die Fähigkeit, gut zuhören zu können und Geduld zu haben.

Das Friedensstifter-Training unterscheidet sich von anderen Schul- bzw. Peer-Mediationskonzepten dadurch, dass es mit der gesamten Klasse bzw. mit allen Schülern einer Schule durchgeführt wird. So nehmen nicht nur die sozial kompetenten und engagierten Schüler teil, sondern es profitieren gerade die zurückgezogenen oder aggressiven Schüler vom Friedensstifter-Training, die sozial noch nicht so geübt sind.

Das Friedensstifter-Training wurde in einer Vor-Studie in Wien und in einer von 2002 bis 2004 laufenden Langzeitstudie in 15 Münchner Grundschulklassen der dritten und vierten Klassenstufe evaluiert und aufgrund der so gewonnenen Erkenntnisse immer weiter verbessert. Das aktuelle Evaluationsprojekt, an dem eine ganze Münchner Grundschule teilnimmt, ist auf vier Jahre geplant, vom Schuljahr 2004/2005 bis zum Schuljahr 2007/2008. Bereits nach einem Jahr werden die Schüler dort – vor allem die Jungen – schon viel weniger zum Opfer von Hänseleien und Streitereien durch ihre Mitschüler. Auch das prosoziale Verhalten zwischen den Schülern hat sich deutlich verbessert. Die Schüler fühlen sich zudem viel weniger einsam in ihrer Schule.

Diese ermutigenden Ergebnisse haben dazu geführt, dass das Friedensstifter-Training nun als Handbuch für Lehrer vorliegt und im Mai im Reinhardt-Verlag erscheint. Die Ergänzung des Trainings für hochaggressive Kinder ist geplant.

Weitere Infos unter:

gudrun.klein@unibw.de

Michael Brauns
Pressesprecher
Tel.: 089/6004-2004
michael.brauns@unibw.de

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