Intelligenz ist mehr als der Intelligenztest misst

Intelligenz wird oft durch eine oder mehrere Zahlen eines Intelligenzquotienten repräsentiert. Der Kognitionspsychologe Prof. Dr. Dr. Markus Raab von der Universität Flensburg zeigt in seiner aktuellen Veröffentlichung „Intelligence as smart heuristics“*, dass Intelligenz mehr ist: Nämlich geeignete Strategien auszuwählen und in vielfältigen alltäglichen Situationen sinnvoll anzuwenden. Beispielsweise wird die Strategie „Hilfst du mir, helf ich dir“ (Tit-for-tat-Heuristik) in Situationen, in denen viele Menschen nach diesem Prinzip handeln, effektiv sein. Sie wird dagegen weniger effektiv sein, wenn keine Gegenleistung erwartet werden kann. Intelligent ist demnach, wer kooperatives Verhalten den Handlungen anderer Menschen anpasst.

Für den Kognitionsexperten Raab ist Intelligenz etwas bereichsspezifisches, das durch viele Erfahrungen und Wissen genährt wird. Dementsprechend sind Intelligenztests, die am Ende einen Intelligenzkoeffizienten berechnen, nur unzureichend in der Lage, Intelligenz im Umgang mit vielfältigen Situationen zu erfassen. Als Alternativkonzept entwirft Raab zusammen mit Prof. Gerd Gigerenzer, Direktor der Arbeitsgruppe Adaptives Verhalten und Kognition am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, eine ganze Werkzeugkiste von einfachen Strategien. Diese Strategien oder Heuristiken sind in der Lage, beispielsweise Entscheidungen zu erklären, wenn Menschen sich bei einer „Wer wird Millionär-Frage“ für diejenige Antwort entscheiden, die ihnen bekannt vorkommt.

Diese sogenannte Wiedererkennungsheuristik funktioniert in vielen Situationen wie etwa Aktienkäufen, Alltagsentscheidungen oder dem aktuellen Forschungsgebiet von Prof. Raab im Sport: wenn Zuschauer wetten, Trainer Auswechselentscheidungen treffen oder Athleten den wichtigen „Pass in die Lücke“ spielen. Intelligenz ist mehr, als der Intelligenztest misst, sie ist nur in geringem Maße angeboren und bereichsspezifische Erfahrungen helfen, intelligent zu handeln.

Robert Sternberg (Director of the PACE center an der Yale University und vierfacher Ehrendoktor) schreibt: „An alternative to traditional methods of estimating intelligent behavior is Raab’s und Gigerenzer’s study of intelligent heuristics. Raab and Gigerenzer have suggested we seek the biological underpinnings of intelligent heuristics.“

Prof. Raab ist seit April 2003 Juniorprofessor am Institut für Bewegungswissenschaften und Sport an der Universität Flensburg. Er ist begeisterter Volleyballspieler und forscht zu Themen der Sportpsychologie und der Entscheidungsfindung unter Zeitdruck.

  • Der Artikel von Markus Raab und Gerd Gigerenzer „Intelligence as smart heuristics“ ist in R. J. Sternberg, J. Davidson & J. Pretz (Eds.), Cognition and intelligence (p. 188-207), Cambridge: Cambridge University Press, erschienen.
  • Pretz, J.E. & Sternberg, R.J. (2005). Unifying the field: Cognition and Intelligence. In: R. J. Sternberg, J. Davidson & J. Pretz (Eds.), Cognition and intelligence (p. 306-318). Cambridge: Cambridge University Press.

Kontakt:
Prof. Dr. Dr. Markus Raab,
Tel. 0461 – 805 2709,
Email: raab@uni-flensburg.de

Julia Boecker,
Tel. 0461 – 14 44 916,
Email: presse@uni-flensburg.de

Media Contact

Julia Boecker idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-flensburg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Gesellschaftswissenschaften

Der neueste Stand empirischer und theoretischer Erkenntnisse über Struktur und Funktion sozialer Verflechtungen von Institutionen und Systemen als auch deren Wechselwirkung mit den Verhaltensprozessen einzelner Individuen.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Demografische Entwicklung, Familie und Beruf, Altersforschung, Konfliktforschung, Generationsstudien und kriminologische Forschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer