Neue Ergebnisse über innereuropäische Immigration: Spanien nicht nur als Alterssitz bevorzugt

… sondern auch Katalysator für europäische Identität

Das EU-Projekt Pioneers of Europe’s Integration from Below (PIONEUR) untersucht die Hintergründe und Motive für die Mobilität innerhalb der EU vor dem Hintergrund der Identifikation mit Europa. Die Analyse der verschiedenen Immigrationsflüsse innerhalb Europas führt dabei zu erstaunlichen Ergebnissen.

Eine der interessanten Fragestellungen innerhalb des Projektes ist, welche Personengruppen innerhalb Europas migrieren. Michael Braun vom Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA) und Camelia Arsene von der University of Oxford stellten fest, dass das südliche Europa hauptsächlich für Ruheständler aus den nördlicheren Ländern anziehend ist. Vor allem nach Spanien als Alterssitz zieht es vornehmlich die Deutschen und die Briten. Dort ist der Altersdurchschnitt der europäischen Einwanderer am höchsten und das Bildungsniveau am niedrigsten. Aber auch Italien ist sehr attraktiv für die vom Klima nicht verwöhnten Nordlichter, dort sind jedoch die Immigranten im Durchschnitt etwas jünger und auch höher gebildet. Die Südeuropäer hingegen, die nach Deutschland oder Großbritannien kommen, bilden eine andere Immigrantengruppe: Hier sind vor allem Arbeitsgründe ausschlaggebend für das Verlassen des Mutterlandes. Besonders junge Italiener aus ländlichen Gebieten mit niedrigem Bildungsniveau versuchen in Deutschland ihr Glück. Nach Großbritannien jedoch kommen eher die besser gebildeten Italiener und Spanier. Frankreich zieht sowohl die Arbeitsmigranten aus Spanien und Italien als auch die – hauptsächlich aus Großbritannien stammenden – Ruheständler an.

Aber nicht nur die Motive für das Wechseln des Wohnortes innerhalb der EU herauszufinden ist Forschungsziel von PIONEUR, sondern vor allem auch die Frage nach den Trägern der Europäischen Identität soll geklärt werden. Sind die innereuropäischen Immigranten die wahren ’Europäer’? Diesen Ansatz untersuchten Nina Rother vom ZUMA und Tina Nebe von der University of Florence und gingen dem Zusammenhang von Mobilität und Identifikation mit Europa nach und vervollständigen das Bild der ’movers’ in Europa. Im Durchschnitt sind diese tatsächlich wesentlich positiver gegenüber der EU eingestellt und haben auch eine stärkere EU-Bindung als die in ihrem Heimatland gebliebenen ’stayer’. Allerdings ist das Bild auch hier wieder differenziert zu sehen. Spanien scheint hier ein besonderes gutes Klima für die wahren Europäer zu bieten, denn sowohl Spanier, die in anderen europäischen Ländern leben, als auch die europäischen Einwanderer nach Spanien zeichnen sich durch ein besonders positives Bild von der EU aus. Selbst die in ihrer spanischen Heimat Gebliebenen haben das beste Bild von Europa im Vergleich zu den anderen europäischen ’stayern’. Schlusslicht hinsichtlich der Europafreundlichkeit sind die Briten: Sowohl die ’mover’ im europäischen Ausland als auch die ’stayer’ in Großbritannien sind vom Image Europas nicht überzeugt. Sie haben auch die geringste Bindung an die EU. Interessant in diesem Zusammenhang ist natürlich auch, ob eine Bindung zu Europa die nationalen Bindungen ersetzt oder ergänzt. Die Daten weisen auf letzteres hin. Obwohl die Verbundenheit zum Heimatland immer als höher angegeben wird als die zum aktuellen europäischen Gastland, fällt die Gruppe der ’mover’ durch eine besonders hohe Bindung zur EU auf. Dieser Gruppe gehören vor allem Deutsche in Spanien, Franzosen in Italien und Spanier in Frankreich an, und obwohl sie sich als Europäer fühlen, sind sie auch stark mit ihrem Heimatland und ebenso mit ihrem Gastland verbunden. Schwerer mit Bindungen außerhalb ihres Heimatlandes haben es vor allem die Italiener, die sich ihrem Gastland kaum verbunden fühlen, dafür aber stark ihrem Heimatland verbunden bleiben.

Kontakt:
PD Dr. Michael Braun
E-Mail: braun@zuma-mannheim.de

Nina Rother
E-Mail: rother@zuma-mannheim.de

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Kerstin Hollerbach idw

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