Hohe soziale Kompetenz bei Kleinkindern

Interesse an anderen Kindern wesentlich größer als angenommen

Sozialkompetentes Verhalten entwickeln Kleinkinder vor allem im Spiel miteinander und weit weniger im Kontakt mit den Eltern oder anderen Erwachsenen. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler des Marie-Meierhofer-Instituts (MMI) für das Kind in Zürich. Beim Forschungsprojekt wurde das soziale Verhalten von Kindern in der vorsprachlichen Phase empirisch untersucht. Die Resultate belegen, dass das Zusammensein mit anderen Kindern schon sehr früh ein eigenständiges Lern- und Erfahrungsfeld darstellt.

Drei Jahre lang haben die Psychologin Heidi Simoni und ihr Team 17 Mädchen und zwölf Knaben im Zeitraum vom achten bis zum 24. Lebensmonat beim Spielen in der Krippe gefilmt. Darüber hinaus haben die Wissenschaftlerinnen auch das Verhalten der Kinder zu Hause untersucht und deren jeweiligen Entwicklungsstand ermittelt. Bisher standen in der Entwicklungspsychologie isolierte Leistungen der Kleinkinder oder die Beziehung zu den engsten Betreuungspersonen im Zentrum des Forschungsinteresses. „Säuglinge sind aber von Geburt an selber sozial aktiv“, so Heidi Simoni. „Sie interessieren sich bereits mit wenigen Wochen nicht nur für ihre Hauptbezugspersonen, sondern auch für andere Kinder, wenn die Gelegenheit dazu besteht.“ Während die Bindung an die Eltern oder an andere vertraute Erwachsene Sicherheit vermittelt, erfahren Kinder in den Beziehungen untereinander Wichtiges über sich selbst und über das Aushandeln sozialer Regeln.

Im Verhältnis zu den Erwachsenen suchen die Kleinen vor allem Hilfe, Trost oder Zuneigung. In der Interaktion mit Gleichaltrigen geht es hingegen stärker um Kontaktaufnahme, Parallelspiel, Tausch von Spielsachen oder Konflikte. Die Forscherinnen konnten feststellen, dass bereits acht Monate alte Kleinkinder sehr häufig auf andere Kinder bezogen sind. „Bei der Kontaktaufnahme verfügen Kleinkinder unter einem Jahr bereits über beachtliche Kompetenzen, die sie ganz rege nutzen“, so die Psychologin. „Offensichtlich gelingt es den Kleinkindern untereinander ebenso gut wie mit den Erwachsenen, sich im Spiel zu finden“.

Interessant waren auch die Ergebnisse beim Beobachten von Konfliktsituationen. Die meisten Konflikte drehten sich etwa um Gegenstände, Raumansprüche oder Aufmerksamkeit. „In einer Konfliktsituation gehen die Knirpse zielstrebig, aber kaum begleitet von negativen Emotionen vor“, berichtet die Forscherin. Lässt man die Kinder gewähren, handeln sie den Konflikt meist gütlich miteinander aus – und testen dabei das eigene Verhalten und dasjenige ihres Kontrahenten aus. Demnach ist es wichtig, die soziale Lernkompetenz von Kleinkindern nicht zu unterschätzen. „Wenn Erwachsene vorschnell in entstehende Konflikte eingreifen, nehmen sie den Kindern die Möglichkeit, eigene Lösungen zu erproben und aus Erfahrungen zu lernen.“ Auch sind Kleinkinder bereits fähig, Beziehungen untereinander zu knüpfen, die erstaunlich beständig sind. Besonders unter vertrauten Kindern lässt sich eine überaus rege und vielfältige Spielaktivität beobachten. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung zeigt, dass sich die Altersdurchmischung der Kleinkindergruppen positiv auf die soziale Lernkompetenz auswirkt. Tendenziell neigen Kinder bis 18 Monate dazu, etwas ältere Kinder als Spielgefährten zu bevorzugen. Dabei profitieren beide Altersgruppen von einer solchen Konstellation, weil sie sich mit den bereits erworbenen Fertigkeiten im sozialen Austausch üben können.

Media Contact

Wolfgang Weitlaner pressetext.schweiz

Weitere Informationen:

http://www.mmizuerich.ch

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