Pflege in Zeiten des Demografischen Wandels

Wie wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen zukünftig entwickeln? Wer wird sie pflegen und wo werden sie gepflegt? Und wie steht es um die Lebensqualität der Pflegebedürftigen? In welchem Ausmaß sind pflegende Angehörige durch ihre Pflegetätigkeit, die sie mit Familie und häufig auch Beruf vereinbaren müssen, belastet?

Diesen und weiteren Fragen stellten sich Wissenschaftler aus Deutschland und Europa während des Workshops „Pflege und Lebensqualität im Alter“, der vom 30. Januar bis zum 01. Februar 2008 vom Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels veranstaltet wurde.

Prof. Gabriele Doblhammer, geschäftsführende Direktorin des Rostocker Zentrums, unterstrich zu Beginn der Veranstaltung die Relevanz des Themas: „Die zunehmende Zahl und der steigende Anteil betagter Menschen in den Industriestaaten haben bedeutsame gesundheitspolitische Auswirkungen. Insbesondere der Informationsbedarf in der Öffentlichkeit und Politik zum Thema „Pflege“ wächst beständig.“

Zukünftiger Pflegebedarf
So stehen insbesondere Prognosen zum zukünftigen Pflegebedarf im Mittelpunkt des Interesses. Der Workshop verdeutlichte, dass der Pflegebedarf mit steigender Lebenserwartung und einer zunehmenden Alterung der Gesellschaft anwachsen wird. In welchem Ausmaß dies geschieht, wird jedoch davon abhängen, inwieweit die gewonnene Lebenszeit in Gesundheit verbracht werden kann. Es zeichnet sich ab, dass die durchschnittliche Dauer, die Menschen in Pflege verbringen, ansteigen wird – die Zunahme der gesunden Lebenserwartung ist jedoch größer als die Zunahme der Pflegedauer. Die Frage, ob die steigende Anzahl Pflegebedürftiger durch zukünftige Innovationen im Gesundheitswesen kompensiert werden kann, wurde unterschiedlich beantwortet.

Auf jeden Fall wird sich das Gesundheits- und Pflegewesen auf einen Anstieg der Demenzkranken einstellen müssen.

Statistische Datengrundlagen zur Pflege
Die Wissenschaftler waren sich einig, dass die statistische Datengrundlage zum Thema Pflege verbessert werden kann, z.B. könnte der Zugang zu Daten des MDK und der Krankenkassen erleichtert werden. So sind in der Pflegestatistik nur Menschen erfasst, die in eine der drei Pflegestufen fallen. Medizinische Diagnosen werden nicht aufgenommen, da sich der Grad der Pflegebedürftigkeit insbesondere nach der Zeit bemisst, die für die Pflege aufgewendet wird.
Lebensqualität Pflegebedürftiger
Die Pflegequote steigt mit dem Alter an, ab 80 Jahren besonders stark. Da Frauen länger leben, werden sie auch öfter als Männer gepflegt. Dass Gesundheit die wichtigste Einflussgröße auf die Lebensqualität darstellt, wurde während des Workshops wieder bestätigt: Neben der Tatsache, dass der Partner stirbt, dem Alter und der Anzahl der Kinder bestimmt damit an erster Stelle das Niveau der gesundheitlichen Beeinträchtigung die Lebenszufriedenheit im Alter.
Lebensqualität Pflegender
Zwei Drittel der Pflegebedürftigen wird heute zu Hause von Angehörigen gepflegt. Der Workshop zeigte Trends auf: Die meisten Pflegenden sind Ehepartner oder Kinder sowie Schwiegerkinder. Die Solidarität innerhalb der Familien und der Wille, ältere Angehörige zu pflegen, sind hoch. Ehepartner nehmen ihre Pflegetätigkeit dann als bedrückend wahr, wenn sie den Eindruck gewinnen, die Rolle als Pflegende(r) nicht ausfüllen zu können und nicht unterstützt zu sein. Für Kinder steigt die empfundene Belastung eher mit der Anzahl der Stunden, die die Pflege in Anspruch nimmt, und der Schwere der Pflegebedürftigkeit. Für Söhne ist dabei vor allem der Zeitaufwand ein wichtiger Faktor. Töchter (und Schwiegertöchter) empfinden Pflege als sehr strapaziös, insbesondere wenn sie sich mit der klassischen Rolle als „Familien-Managerin“ nicht identifizieren können.
Maßnahmen zur Entlastung Pflegender
Entlastung bringt den zu Hause Pflegenden vor allem Unterstützung von außen. Das Angebot informeller oder professioneller Hilfe ist dabei häufig vorhanden, allerdings muss der Bekanntheitsgrad gesteigert und der Zugang erleichtert werden, so dass die Betroffenen die angebotenen Dienstleistungen auch wirklich wahrnehmen. Ebenfalls die Pflegenden werden immer älter: Professionelle Pflegedienste, ehrenamtlich Tätige und beratende Menschen werden stärker nachgefragt sein, insbesondere wenn Ehepartner die Pflege übernehmen. Wichtig wird auch sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, um Pflege und Erwerbsarbeit besser zu vereinbaren. So machte der Workshop deutlich, dass Frauen, die heutzutage pflegen, ein eher familienorientiertes Leben führen und entweder Teilzeit arbeiten oder nicht erwerbstätig sind. Da die Frauenerwerbsquote aber zunimmt, wird zukünftig eine Unterstützung bei der Pflege für diese Bevölkerungsgruppe dringlich sein.
Weitere Informationen:
http://www.zdwa.de/zdwa/termine/RZ/Pflegeworkshop/Programm.php – Hier finden Sie das Programm und die Vorträge.

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