Strukturwandel im bayerischen Alpenraum

Zumindest für die bayerischen Alpen hat eine kürzlich veröffentlichte Dissertation, die am Institut für Geographie der Universität Erlangen-Nürnberg erstellt wurde, dem Instrumentarium von Behörden, Justiz und Verbänden die erhoffte Wirkung abgesprochen.

„Die Hauptziele der untersuchten Rechtsinstrumente – Landschaftserhaltung bzw. Steuerung der Landschaftsentwicklung – konnten nicht umgesetzt werden“, lautet das Resümee von Dr. Thomas Probst, dem Autor der Studie.

Der Erlanger Schwerpunkt Hochgebirgsforschung, der in dieser Form in Deutschland einmalig ist, vereinbart Kultur- und physikalische Geographie und ist auf Mensch-Umwelt-Beziehungen im Alpenraum, in Südamerika und Asien konzentriert. Die Zukunft von Hochgebirgen steht hier exemplarisch für wirtschaftliche und ökologische Ausgleichsverfahren und deren Erfolgsaussichten.

Dabei spielen die Alpen als das besterforschtes Hochgebirge der Welt eine wichtige Rolle. Die Studie „Landschaftswandel im bayerischen Alpenraum und politische Steuerungsansätze“ entstand in diesem Zusammenhang. In Öster­reich und der Schweiz hatte es bereits früher große Landschaftsforschungsprogramme gegeben; für die deutschen Alpen mangelte es bisher jedoch an vertieften Studien. Die Dissertation von Thomas Probst schließt eine wesentliche Lücke.

Drei negative Folgen eines Strukturwandels zum Nachteil von Kulturlandschaften nennt Prof. Dr. Werner Bätzing vom Institut für Geographie der Universität Erlangen-Nürnberg, der die Arbeit betreut hat: den Verlust von Arten und landschaftlicher Vielfalt, den Verlust dezentraler Arbeitsplätze und den Verlust von „Heimat“, einer schwer zu fassenden, emotional und gesellschaftlich geprägten Kategorie, die für die Menschen jedoch spürbar ist und sie beeinflusst.

Die Analyse von Dr. Probst belegt einen solchen Landschaftswandel im oberbayerischen Isarwinkel. Das Gebiet zwischen Bad Tölz und der österreichischen Grenze bot sich wegen seiner typischen Merkmale mit ausgeprägten Tallagen, charakterischen Siedlungsweisen und einem hohen Waldanteil als Beispiel an. Mit Hilfe von Luftbildern wurden reale Landschaftsveränderungen seit den 1950er Jahren bilanziert und mit Zielen des Landschaftsschutzes verglichen. In den Zentren konnten sich die Siedlungen und Verkehrsadern stark ausbreiten, während in den Randlagen die Wälder vorrückten. Landes- und Regionalplanung, Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft haben das nicht verhindert. „Die Landschaft hat keine Lobby“, kommentiert Prof. Bätzing diese Entwicklung. Andere Interessen, wie Wirtschaftsförderung und Siedlungsbau, hätten im Konfliktfall den Vorrang.

„Damit wird ein dringender Handlungsbedarf sichtbar, wenn der Landschaftswandel im bayerischen Alpenraum verlangsamt und das Verschwinden der Kulturlandschaft eingedämmt werden soll“, erklärt Dr. Probst, der inzwischen beim Alpenforschungsinstitut in Garmisch-Partenkirchen beschäftigt ist. Einige politische und gesellschaftliche Ansätze für eine nachhaltigere Landschaftsentwicklung führt er in seiner Arbeit auf. Die Dissertation wurde im WiKu-Verlag http://(www.wiku-verlag.de) veröffentlicht.

Die Universität Erlangen-Nürnberg, gegründet 1743, ist mit 26.000 Studierenden, 550 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel „familiengerechte Hochschule“.

Weitere Informationen für die Medien:

Prof. Dr. Werner Bätzing
Tel.: 09131/85-22637
wbaetz@geographie.uni-erlangen.de

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Ute Missel idw

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