Rocky Mountains bewahrten Nordamerikas Tierwelt vor dem Aussterben

Der Aufstieg großer Gebirgsketten in Nordamerika verhinderte das Aussterben der dortigen Fauna an der Grenze Eozän/Oligozän. © Senckenberg/Mulch

Vor etwa 33 Millionen Jahren, an der Wende des Eozäns zum Oligozän, sah es für die europäische Tierwelt düster aus – etwa 60 Prozent der Säugetiergattungen starben in Folge von Klimaveränderungen aus. An den Großsäugern Nordamerikas ging dieses als „Grande Coupure“ bezeichnete Aussterbeereignis dagegen scheinbar spurlos vorbei.

„Wir haben uns lange gefragt, warum das so ist“, erzählt Dr. Jussi Eronen, Paläobiologe am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F). Eronen ist dem Rätsel nun gemeinsam mit seinen deutschen und US-amerikanischen Kollegen auf die Spur gekommen: Die Fauna Nordamerikas wurde durch den Aufstieg der Rocky Mountains vor dem Aussterben bewahrt.

Die nordamerikanische Kordillere und die Hochgebiete der westlichen USA sorgten mit ihrem Aufstieg vor ca. 50 bis 40 Millionen Jahren für eine Veränderung des regionalen Klimas. Es wurde deutlich trockener und kühler, die vormals tropische Vegetation wich Nadelwäldern und ausgedehnten Steppen-landschaften.

„Natürlich hatte das auch Auswirkungen auf die Säugetiere der Region“, erklärt Eronen und ergänzt: „Sie mussten sich auf die veränderten Umweltbedingungen einstellen. Der durchschnittliche Niederschlag verringerte sich beispielsweise innerhalb von 10 Millionen Jahren auf ungefähr die Hälfte.“

Die Auswirkungen dieser Gebirgshebung, die zuerst einmal große Veränderungen für die Primatenfauna bedeutete, erwiesen sich später als Glück für die nordamerikanische Tierwelt. Prof. Dr. Andreas Mulch, Geologe am BiK-F und Koautor der Studie hierzu:

„Als sich das Klima am Übergang vom Eozän zum Oligozän deutlich abkühlte und die Nordhalbkugel der Erde trockener wurde, waren die Säugetiere Nordamerikas bereits an die neuen Verhältnisse angepasst. Sie hatten hierzu viel mehr Zeit, als ihre europäischen Verwandten.“ Folglich waren die Auswirkungen auch weniger drastisch, als in Europa und Asien – dort führte das als „Grand Coupure“ bekannte Aussterbeereignis zu massiven Umwälzungen innerhalb der Säugetierfauna.

Die jetzt publizierten Ergebnisse des Wissenschaftlerteams rund um Eronen basieren auf Auswertungen nordamerikanischer und europäischer Fossilfunde, die mit geochemischen Untersuchungen der stabilen Sauerstoff-Isotope an Gesteinen in Verbindung gebracht wurden. Letztere versetzten die Wissenschaftler in die Lage Klimaänderungen über viele Millionen Jahre zu rekonstruieren und entstanden zusammen mit Prof. C. Page Chamberlain von der Stanford University.

„Unsere Studie zeigt, wie wichtig es ist, bei der Erforschung der Evolutionsgeschichte verschiedene Komponenten des Erdsystems zu berücksichtigen. Nur die Zusammenarbeit von Paläobiologie, Geochemie und Geodynamik ermöglicht hier ein stimmiges und korrektes Bild“, resümiert Eronen und Mulch ergänzt: „Bei Senckenberg haben wir hierfür bereits einen Begriff: Geobiodiversitätsforschung.“

Kontakt
Prof. Dr. Andreas Mulch
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel. 069- 7542 1881
andreas.mulch@senckenberg.de

Dr. Jussi Eronen
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel. 069- 7542 1874
Jussi.eronen@senckenberg.de

Judith Jördens
Pressestelle
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Tel. 069- 7542 1434
pressestelle@senckenberg.de

Publikation
Eronen JT, Janis CM,
Chamberlain CP, Mulch A. 2015 Mountain uplift explains differences in Palaeogene
patterns of mammalian evolution and extinction between North America and Europe.
Proc. R. Soc. B 282: 20150136.
http://dx.doi.org/10.1098/rspb.2015.0136

Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an Lebensformen zu erforschen und zu verstehen, um sie als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten und nachhaltig nutzen zu können – dafür arbeitet die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit nunmehr fast 200 Jahren. Diese integrative „Geobiodiversitätsforschung“ sowie die Vermittlung von Forschung und Wissenschaft sind die Aufgaben Senckenbergs. Drei Naturmuseen in Frankfurt, Görlitz und Dresden zeigen die Vielfalt des Lebens und die Entwicklung der Erde über Jahrmillionen. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wird von der Stadt Frankfurt am Main sowie vielen weiteren Partnern gefördert.

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