Revolutionäre Einblicke ins Innere von Salzstöcken

Salz ist zäh und flüssig. „Es ist ein merkwürdiger Gesteinskörper“, sagt Univ.-Prof. Dr. Janos Urai vom Lehr- und Forschungsgebiet Geologie – Endogene Dynamik. Der Wissenschaftler zieht den Vergleich mit Bienenhonig heran: Betrachte man diesen für einen kurzen Augenblick, so scheine er sich nicht zu bewegen. Schaue man aber einige Augenblicke später noch einmal, so könne man erkennen, dass die zähflüssige Masse beispielsweise am Glas heruntertropft.

Beim Salz verhält es sich ähnlich: Innerhalb von Salzstöcken gibt es – allerdings auf Jahrtausende betrachtet – eine ständige fließende Bewegung. Dies ist einer der Gründe, warum Salzstöcke für die Lagerung von Erdöl, Erdgas und Abfällen genutzt werden: Salz ist ganz gering durchlässig und im Laufe der Jahre verschließt es, bedingt durch die fließende Fähigkeit des Gesteins, entstandene Risse.

Bevor die ersten Salzbergwerke vor mehr als hundert Jahren gebaut wurden, wusste man nicht, wie die Innenstruktur von Salzstöcken aussieht. Erst durch den Salzbergbau sowie die Erdöl- und Erdgasindustrie und die damit verbundenen Bohrungsarbeiten konnte man erkennen, wie die verschiedenen Schichten im Salzstock aufgebaut sind: Aufgrund der Fließvorgänge sind sie wellenförmig und stark gefaltet beschaffen – dennoch werden sie in vielen geologischen Karten strukturlos dargestellt.

Mithilfe der Methode der Seismischen Reflektion – bei der in der Erde Vibrationen erzeugt und deren Reflektionen gemessen und analysiert werden – haben Wissenschaftler in der Vergangenheit Ober- und Unterschichten der Salzstöcke erkunden können. Urai und seine Mitarbeiter haben nun eine Methode gefunden, mit deren Hilfe Daten, die durch Seismische Reflektion gewonnen wurden, auch für Erkenntnisse über den Zustand der inneren Struktur in Salzstöcken genutzt werden können. Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten werden nun in der renommierten Geowissenschaftlichen Zeitschrift „Journal of Structural Geology“ veröffentlicht.

Zwischen Großbritannien und Polen gibt es zahlreiche Salzstöcke. Ganz wenige davon seien bisher jemals auf ihren inneren Zustand hin untersucht worden, so Urai. „Man hat sich lediglich auf die Ober- und Unterschicht konzentriert. Es war zu kompliziert, die inneren Strukturen zu ermitteln“, erklärt der Geologe und prognostiziert: „Die Erkenntnisse, die wir nun gewinnen können, werden große Konsequenzen haben, denn dadurch können wir die Salzstöcke schon vor der ersten Bohrung erkunden.“

Durch die von der Erdöl- und Erdgasindustrie erhobene Seismische Reflektion liegen viele Daten schon vor: Die Unternehmen Shell und ExxonMobil haben der RWTH-Forschergruppe im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgesellschaft finanzierten Sonderforschungsbereichs sämtliche Seismischen Daten zur Verfügung gestellt.

Die Rohstoffindustrie wird von der neuen Methode profitieren: Es können jetzt Aussagen über günstige Bohrwege zu den Rohstoffen getroffen werden, die nicht durch problematisches Gestein innerhalb der Salzschichten behindert werden. „Auch im Oman, wo wir ebenfalls in der neuen Universität GUtech Salzgestein erforschen, wird diese Methode großes Potenzial haben“, vermutet Urai, der Dekan an der arabischen Universität ist. Außerdem sei die Methode für die Planung von Kavernen und Endlagern in Salzstöcken von großer Bedeutung.

„Wir haben vor, zukünftig die inneren Strukturen zahlreicher Salzstöcke in den Niederlanden und Deutschland zu analysieren. Die Daten liegen uns vor, wir haben gelernt, sie entsprechend zu lesen“. Urai sieht durch seine Forschungsergebnisse eine Stärkung der Angewandten Geowissenschaften an der RWTH Aachen.

Für nähere Informationen und Bildmaterial steht Professor Janos Urai noch bis Mittwoch, 4. August, zur Verfügung. E-Mail: j.urai@ged.rwth-aachen.de, Telefon: 0241/80 95 723.

Gabriele Renner

Media Contact

Thomas von Salzen idw

Weitere Informationen:

http://www.rwth-aachen.de

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