Kraftwerke erzeugen mehr Ultrafeinstaub als Verkehr

Kohlekraftwerk Boxberg in der Lausitz: In der Abluftfahne haben die Forscher in 20 Kilometern Entfernung bis zu 85 000 Partikel pro Kubikzentimeter gemessen (Foto: Wolfgang Junkermann, KIT) Foto: Wolfgang Junkermann, KIT

Obwohl ultrafeine Partikel (UFP) nur einen Durchmesser von weniger als 100 Nanometern haben, nehmen sie gewaltigen Einfluss auf Umweltprozesse: „Sie bieten Oberflächen für chemische Reaktionen in der Atmosphäre oder können als Kondensationskerne die Eigenschaften von Wolken und Niederschlag beeinflussen“, sagt Wolfgang Junkermann vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) des KIT.

Um Vorkommen und Verteilung von UFP zu untersuchen, hat der Umweltphysiker gemeinsam mit australischen Kollegen in den vergangenen 15 Jahren Messflüge rund um den Globus gestartet. Dabei betrachteten sie auch die Atmosphäre außerhalb städtischer Brennpunkte, insbesondere in Gegenden mit auffälligen Niederschlagstrends:

In der freien Natur erzeugen etwa Waldbrände, Staubstürme oder Vulkanausbrüche feine Partikel, meist jedoch nicht im Nanometerbereich. Die Klimaforscher stellten fest, dass deren Konzentration auch in vielen abgelegenen Gebieten stetig ansteigt, die neuen, zusätzlichen Partikel jedoch keinen natürlichen Ursprung haben.

Geraten diese Partikel als Kondensationskerne in Wolken, werden zunächst die einzelnen Wolkentröpfchen kleiner und es dauert länger, bis sich Regentropfen bilden können. Dadurch wird die räumliche und zeitliche Verteilung sowie die Intensität von Niederschlägen beeinflusst. „Die Folge ist nicht unbedingt, dass es weniger regnet, die Partikel können auch extreme Regenereignisse verstärken. Wo das passiert ist wieder vom Wind abhängig.“

Für die Messflüge nutzten die Klimaforscher das am KIT entwickelte weltweit kleinste bemannte Forschungsflugzeug. Das fliegende Labor ist mit hochsensiblen Instrumenten und Sensoren ausgestattet, die Staubpartikel, Spurengase, Temperatur, Feuchte, Wind und Energiebilanzen messen.

Diese Daten glichen Junkermann und Kollegen mit meteorologischen Beobachtungen sowie Ausbreitungs- und Transportmodellen ab: „So konnten wir zeigen, dass fossile Kraftwerke inzwischen zu den weltweit stärksten Einzelquellen für ultrafeine Partikel geworden sind. Sie beeinflussen meteorologische Prozesse massiv und können zu extremen Wetterereignissen führen.“

Originalpublikation

Wolfgang Junkermann, Jörg M. Hacker: „Ultrafine particles in the lower troposphere: major sources, invisible plumes and meteorological transport processes”; in: Bulletin of the American Meteorological Society

Abrufbar unter: https://doi.org/10.1175/BAMS-D-18-0075.1

Details zum KIT-Zentrum Klima und Umwelt: http://www.klima-umwelt.kit.edu

Weiterer Pressekontakt: Sarah Werner, Redakteurin/Pressereferentin, Tel.: +49 721 608-21170, sarah.werner@kit.edu

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Monika Landgraf Karlsruher Institut für Technologie

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