Georadar spürt archäologische Schätze auf

Mit Hilfe von Georadar haben Innsbrucker und Wiener Archäologen in Oberlienz einen römischen Gutshof ausmachen können. Schon über längere Zeit vermuteten Forscher aufgrund zahlreicher Fundstücke eine römische Villa.

Florian Müller vom Institut für Archäologien der Universität Innsbruck hat gemeinsam mit Wolfgang Neubauer von der Universität Wien und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) im Vorjahr eine erste Probemessung mit Georadar durchgeführt.

„Bei Georadarmessungen wird mittels elektromagnetischer Wellen der Untergrund sondiert, und so können im Erdreich verborgene Strukturen wie Mauern, Hohlräume und Bodenniveaus exakt nach Größe und Tiefenlage erfasst werden“, erklärt Neubauer im pressetext-Interview. Seit knapp zehn Jahren sei das ausgeklügelte System in der Form im Einsatz. „Wir sind damit weltweit im Einsatz und haben Vermessungen in Syrien, Ägypten und in China durchgeführt“, erklärt der Experte.

Zunächst werden am Feld Radarantennen installiert, dann wird mit dem Gerät, das ähnlich aussieht wie ein Rasenmäher das Feld in genau abgesteckten Bahnen im Abstand von jeweils 25 Zentimeter abgefahren. „Das Ergebnis ist ein zweidimensionales Bild, das über eine Landkarte gelegt zunächst Umrisse sichtbar macht“, so Neubauer. „Mit der an der ZAMG entwickelten Software kann man auch ein dreidimensionales Bild herstellen.“

Im Falle des Osttiroler Fundortes hat das Forscherteam eine Wiese von insgesamt 14.000 Quadratmeter untersucht. Die Archäologen mussten in den drei Arbeitstagen mit dem Messgerät eine Strecke von annähernd 60 Kilometer zurücklegen. „Das Ergebnis war überraschend“, so Müller gegenüber pressetext. „Es ließen sich eindeutig die Grundrisse einer Reihe von Gebäuden erkennen. Bei dem Komplex handelt es sich um eine typische 'villa rustica' – wie im römischen Reich ein landwirtschaftlicher Betrieb aus einem Hauptgebäude und mehreren Wirtschafts- und Nebengebäuden genannt wurde.“ Geplant sei nun, die gewonnenen Daten im Zuge einer archäologischen Interpretation genauer zu analysieren. „Dies wird dann die Grundlage für die Rekonstruktion und die Erstellung eines 3D-Modells der gesamten römischen Villenanlage von Oberlienz bilden“, erklärt Müller.

Ob es zu einer vollständigen Ausgrabung kommen wird oder nicht, sei noch nicht geklärt. Die Archäologen sind jedenfalls stolz über den Fund. „In Tirol und in Osttirol gibt es sicherlich noch den einen oder anderen Fundort zu entdecken“, meint der Forscher. Große Städte erwarten sich die Wissenschaftler zwar nicht, aber Gutshöfe oder Raststationen entlang der römischen Verkehrswege könnten schon noch darunter sein.

Der Bürgermeister der Gemeinde Oberlienz, Martin Huber, der zusammen mit zahlreichen Sponsoren die Forschungen der Innsbrucker Archäologen maßgeblich finanziell unterstützte, freut sich über die neuen Erkenntnisse. „Die Wiese wurde von den Einheimischen immer schon 'Schlossacker' genannt, und die Messungen bestätigen nun, dass hier einmal ein prunkvolles Gebäude gestanden sein muss.“ Die Villa von Oberlienz dürfte aufgrund ihrer Größe über den Eigenbedarf hinaus auch für einen regionalen Osttiroler Markt produziert haben. Die Bewirtschaftung erfolgte entweder direkt über den Hausherrn oder mit Hilfe eines Verwalters.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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