Forscher weisen älteste Dinosaurier-Embryonen nach

Die in China entdeckten Exemplare des Lufengosaurus lebten im Unteren Jura vor rund 200 bis 190 Millionen Jahren. Anhand des Knochengewebes konnte Dr. Koen Stein zeigen, dass es sich bei den Fossilien um ein sehr frühes Entwicklungsstadium handeln muss. Erstaunlich ist das rasche Wachstum und die hohe Reproduktionsrate dieser chinesischen Dinosaurier. Die Ergebnisse werden nun im renommierten Fachjournal „Nature“ vorgestellt.

Reisfelder – soweit das Auge reicht. Das üppige Grün in der Nähe von Dawa in Südchina erhielt jedoch in den vergangenen Jahren durch Bauvorhaben an verschiedenen Stellen Kratzer. Ein Glück für die Wissenschaft: Bei den Grabarbeiten kamen in einer Mergelschicht kleine Knöchelchen zum Vorschein. „Die Vermutung lag nahe, dass es sich dabei um die Überreste von Dinosaurier-Embryonen handelt“, sagt Dr. Koen Stein vom Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie und Paläontologie der Universität Bonn. Zumal in dieser Gegend vorher Überreste von erwachsenen Tieren des Lufengosaurus gefunden worden waren. Die Lagerung der wenige Millimeter kleinen Wirbel- und sonstigen Knochen deutete darauf hin, dass es sich um Nester mit Eiern dieser Dinosaurier handelte.

Der Lufengosaurus ist noch wenig erforscht

Lufengosaurus lebte im Unteren Jura vor rund 200 bis 190 Millionen Jahren und gehört damit zu den ältesten Dinosauriern, die vergleichsweise noch wenig erforscht sind. Die Tiere maßen rund acht Meter in der Körperlänge und verfügten über einen langen Hals. Der Lufengosaurus war zumindest zeitweilig auf zwei Beinen unterwegs und hatte scharfe Zähne und Krallen – wahrscheinlich war er dennoch ein Pflanzenfresser. Ein internationales und interdisziplinäres Team von Wissenschaftlern aus Kanada, Taiwan, Australien und China untersuchte nun gemeinsam mit dem Paläontologen der Universität Bonn, ob es sich bei den bei Dawa gefundenen Knöchelchen tatsächlich um Lufengosaurus-Embryonen handelt.

Wirbelhohlräume geben Aufschluss über das Entwicklungsstadium

Dr. Stein von der Universität Bonn ist auf Paläohistologie spezialisiert, die das Gewebe der fossilen Lebewesen erforscht. Er untersuchte Dünnschnitte mehrerer, nur wenige Millimeter kleiner Wirbelknochen unter dem Mikroskop, die von rund 20 Embryonen unterschiedlicher Entwicklungsstadien stammen. Kanalförmige Hohlräume durchziehen die Wirbel. Dr. Stein: „Sie beherbergten die Blutgefäße, die das wachsende Knochengewebe mit Nährstoffen versorgten.“ Bei Jungtieren, die über ein rasches Wachstum verfügen, sind diese Hohlräume besonders groß. In langsamer wachsenden älteren Tieren verengen sich diese Kanäle, weil nicht mehr so viele Nährstoffe herangeschafft werden müssen. Von der Größe der Hohlräume im Wirbel lässt sich also ableiten, in welchem Entwicklungsstadium sich das Tier befunden hat.

Merkmalsanalyse half bei der Zuordnung der Fossilien

Die von dem Paläontologen der Bonner Universität untersuchten Wirbel weisen besonders große Hohlräume auf. „Anhand dieser Momentaufnahme in der Entwicklung konnten wir feststellen, dass es sich bei den Fossilien um Dinosaurier-Embryonen in einem frühen Stadium handeln muss“, berichtet Dr. Stein. Reste von Eierschalen und fossilierter Knorpel im Innern der Wirbel stützen dieses Ergebnis. Erstautor Prof. Dr. Robert R. Reisz von der University of Toronto Mississauga (Kanada) verglich spezifische Merkmale der Embryonen-Fossilien mit den Kennzeichen verschiedener Dinosaurier. Er kam zu dem Schluss, dass die Nester mit den Eiern bei Dawa von einer Dinosauriergruppe stammen, zu denen auch der dort häufiger gefundene Lufengosaurus gehört. „Dies eröffnet neue Einblicke in das Leben der Dinosaurier“, sagt Prof. Reisz. „Erstmals konnten wir das Wachstum von Dinosaurier-Embryonen verfolgen. Unsere Ergebnisse leisten einen großen Beitrag zum besseren Verständnis von der Biologie dieser Tiere.“

Rasches Wachstum und häufige Fortpflanzung

„Wir haben damit die bislang ältesten Dinosaurierembryonen nachgewiesen“, sagt Dr. Stein. Darüber hinaus konnten die Forscher zeigen, dass Lufengosaurus sehr rasch gewachsen ist und sich häufig fortgepflanzt hat. Beides zusammen verschaffte diesen Dinosauriern einen Selektionsvorteil und erklärt, warum sie sich offensichtlich so weit über den Globus verbreitet haben.

Publikation: Dinosaur embryology: inside the bones of an Early Jurassic sauropodomorph from China, Fachjournal Nature, DOI: 10.1038/nature11978

Kontakt:

Dr. Koen Stein
Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie und Paläontologie
Tel. 0228/7360051
E-Mail: koen.stein@uni-bonn.de

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Johannes Seiler idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-bonn.de

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