Erdbeben in Chile verschob die Erdachse

Um 1,26 Mikrosekunden kürzer dauert der Erdentag seit am Samstag ein Beben der Stärke 8,8 den Süden Chiles erschüttert hat. Das berichten Experten der Raumfahrtsbehörde NASA. Laut ihren Berechnungen hat die schwere Naturkatastrophe die Erdachse um acht Zentimeter verschoben und somit die Rotation verändert, was zu diesem Effekt führte. Das mit 9,1 wesentlich stärkere Sumatra-Beben 2004 hätte allerdings mit einer Tageskürzung von 6,8 Mikrosekunden eine deutlich größere Wirkung gehabt. Eine Mikrosekunde ist der millionste Teil einer Sekunde.

Jedes Beben verändert die Erdrotation

Als „interessant, jedoch kaum relevant“ stuft der Seismologe Winfried Hanka vom Geoforschungszentrum Potsdam dieses Phänomen ein, das zudem bisher nicht gemessen wurde, sondern nur im Modell mit idealisierten Eigenschaften berechnet werden konnte. „Jedes Erdbeben, das ja eine Massenverschiebung bedeutet, verändert die Erdachse und somit auch auf die Rotation. Je weiter das Epizentrum vom Äquator entfernt ist, desto stärker trifft das zu. Allerdings verlängern andere Beben die Tage wieder – in Summe dürfte sich also nichts ändern“, so der Experte gegenüber pressetext.

Das Beben in Chile gehört zu den fünf stärksten, die seit Beginn der Erdbebenmessungen rund um 1900 gemessen wurden. Platz eins dieser Wertung nimmt mit einer Magnitude von 9,5 ebenfalls ein Beben in Chile ein, das im Jahr 1960 stattfand. „Dass diese Region so aktiv ist, hängt mit ihrer relativen Plattengeschwindigkeit zusammen, die die weltweit höchste ist. Die pazifische Platte drängt jährlich sechs Zentimeter ostwärts und schiebt sich unter die südamerikanische, die ihrerseits zwei Zentimeter nach Westen driftet“, erklärt Hanka. Beliebig stark könnten die Beben jedoch nicht werden, da die Erdkruste ab einer gewissen Stärke bricht.

Gefahr neuer Vulkane in den Anden

Seit dem Hauptbeben erlebte Chile mehrere Nachbeben, deren bisher stärkstes die Magnitude 6,5 erreichte. Andere Folgen des Bebens zeigten sich bisher im Tsunami, der die chilenische Küste und einige vorgelagerte Inseln schwer beschädigte. In seiner Pazifiküberquerung bis nach Japan ebbte er jedoch auf eine ein Meter hohe Welle ab und richtete zumindest im asiatischen Pazifik keine Schäden an, was Experten auf seine Auslösung in seichtem Wasser sowie auf die seit 2004 verbesserten Frühwarnsystem zurückführen.

Noch bevorstehen könnte allerdings eine stärkere vulkanische Aktivität in den Anden. „Nachdem die subduzierte Pazifikplatte im Erdinneren schmilzt, steigt das Schmelzprodukt nach oben und füllt die Magnakammern. Durch Druck oder weitere Massenverschiebungen könnten diese undicht werden, zuvor geschlossene Kanäle öffnen und die Lava an die Oberfläche befördern“, so Hanka. Zwar gibt es in Chile ohnehin ein dichtes Netz zur Vermessung der seismischen Aktivität, mit Hilfe dessen man aufsteigende Lava zu berechnen versuche. „Konkret weiß jedoch niemand, wann und wo es soweit ist“, gibt der Experte zu bedenken.

Keine Zuspitzung der Bebenaktivität

Dass in diesem Jahr nach dem leichteren, jedoch aus menschlicher Sicht weit folgenschweren Erdbeben in Haiti nun bereits eine zweites großes Beben den Planeten erschüttert, ist für Hanka kein Alarmsignal. „Die Magnaströme im Erdinneren treiben die Platten ständig an, die Drift- und Konvergenzraten bleiben jedoch langfristig gleich. Auch die Spannungen, die sich weltweit aufbauen, verändern sich in Summe nicht. Es ist eher unwahrscheinlich, dass es in diesem Jahr zu einem weiteren ähnlich starken Beben wie nun in Chile kommt.“

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Johannes Pernsteiner pressetext.deutschland

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