Einfluss von Meeresspiegelschwankungen auf Pflanzenvielfalt

Das Anaga Gebirge auf Teneriffa war einst eine eigene Insel, die erst durch die Entstehung des Teide mit dem Rest Teneriffas verschmolzen ist. Solch komplexe Topographien schaffen Mikrohabitate und fördern die Entstehung von neuen Arten durch genetische Isolation. Foto: Manuel Steinbauer

Ein internationales Team unter der Leitung von Wissenschaftlern der Universität Göttingen hat den Einfluss eiszeitlicher Klima- und Meeresspiegelschwankungen auf die biologische Vielfalt von Inseln untersucht.

Die Ergebnisse der Studie zeigen die Bedeutung historischer Umwelteigenschaften auf die heutige Ausprägung von Lebensgemeinschaften und ihre Vielfalt. Die Resultate sprechen für eine stärkere Berücksichtigung historischer Faktoren in der Biodiversitätsforschung.

Die globale Studie zur Diversität von Pflanzen auf ozeanischen Inseln, an der auch Forscher der dänischen Universität Aarhus und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung beteiligt sind, ist in der Fachzeitschrift Nature erschienen.

Bei der Frage, wie viele und welche Arten auf Inseln vorkommen, wurden bisher in der Regel deren heutige Klimabedingungen und geographische Eigenschaften berücksichtigt. „Die heutigen Eigenschaften von Inseln sind im Vergleich zu den vergangenen eine Million Jahren allerdings eher eine Ausnahme“, erklärt Dr. Patrick Weigelt, Erstautor der Studie von der Göttinger Abteilung Biodiversität, Makroökologie und Biogeographie. Durch wiederkehrende Eiszeiten und die damit verbundenen Temperaturveränderungen wurden enorme Wassermassen in Gletschern gespeichert.

Dadurch sank der Meeresspiegel mehrfach um mehr als 100 Meter, mit weltweit gravierenden Auswirkungen auf die Größe und Isolation von Inseln. „Viele Inseln waren noch während der letzten Eiszeit vor 21.000 Jahren mit dem Festland oder mit Nachbarinseln verbunden“, so Dr. Weigelt. „Einige waren wesentlich größer als heute und nicht so sehr vom Festland und anderen Inseln isoliert.“

Das Wissenschaftlerteam hat nun untersucht, ob die Veränderungen seit der letzten Eiszeit einen nachweisbaren Effekt auf die Pflanzenvielfalt der Inseln hatten. „Dazu rekonstruierten wir mit Hilfe von globalen Klima- und Meeresspiegelmodellen die eiszeitlichen Eigenschaften von 184 Inseln weltweit“, so Prof. Dr. Holger Kreft, der die Studie leitete. Die Wissenschaftler zeigen, dass besonders die Anzahl von endemischen Pflanzenarten – also Arten, die nur auf einzelnen Inseln oder Archipelen vorkommen – von den historischen Eigenschaften abhängen.

„Während die Diversität aller Arten auf den Inseln hauptsächlich durch die heutigen Inseleigenschaften erklärt werden kann, finden wir heute mehr endemische Arten auf Inseln, die in der Vergangenheit deutlich größer waren“, erklärt Dr. Weigelt.

„Auf Inseln, die in der Vergangenheit mit anderen Inseln verbunden waren, finden wir heute deutlich weniger endemische Arten. Dies deutet darauf hin, dass noch heute die Ergebnisse erhöhter Artenbildung auf ehemals größeren Inseln sowie von Artenaustausch zwischen ehemals verbundenen Inseln sichtbar sind.“ Die Wissenschaftler hoffen, dass die Ergebnisse dieser Arbeiten helfen können, auch die Auswirkungen zukünftiger Klimaveränderungen und Meeresspiegelschwankungen auf die Biodiversität auf Inseln abzuschätzen.

Originalveröffentlichung: Patrick Weigelt et al. (2016) Late Quaternary climate change shapes island biodiversity. Nature. http://dx.doi.org/10.1038/nature17443

Kontaktadressen:
Dr. Patrick Weigelt und Prof. Dr. Holger Kreft
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie
Abteilung Biodiversität, Makroökologie und Biogeographie
Büsgenweg 1, 37077 Göttingen
Telefon (0551) 39-13761
E-Mail: pweigel@uni-goettingen.de und hkreft@uni-goettingen.de
Internet: http://www.uni-goettingen.de/biodiversity

http://dx.doi.org/10.1038/nature17443
http://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=5456

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Thomas Richter idw - Informationsdienst Wissenschaft

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