Dem Klimawandel zum Trotz: Ostsee könnte zurück in einen guten Zustand gelangen

Überdüngung zählt zu den größten Umweltproblemen der Ostsee. Sie befördert das Entstehen toxischer Algenblüten und führt zu Sauerstoffmangel-Regionen, in denen kein höheres Leben mehr existieren kann.

Der Ostseeaktionsplan zielt daher explizit darauf ab, weniger Nährstoffe in die Ostsee einzutragen. Alle Anrainerstaaten haben sich auf dieses Ziel verständigt, aber die Umsetzung verläuft schleppend.

In den letzten Jahren mehrten sich die Stimmen, die eine höhere Reduktionsrate forderten, da durch den erwarteten Klimawandel auch eine Verschärfung der Überdüngungsproblematik erwartet wird.

Vor diesem Hintergrund führte ein internationales Team von Modellierern aus Deutschland, Schweden, Finnland, Russland und Portugal eine Analyse von 58 so genannten Multi Model Ensemble Simulationen für die Ostseeregion im 21. Jahrhundert durch.

Unter Berücksichtigung von Klimaszenarien, die der Weltklimarat (IPCC) für den fraglichen Zeitraum entwickelt hat, untersuchten alle Modelle die Auswirkungen einer konsequenten Umsetzung des Ostseeaktionsplans.

Parallel wurde die Entwicklung bei unveränderten Eintragsmengen berechnet. Als Kontrolle dienten die Jahre 1980 bis 2005, für die Beobachtungswerte vorliegen. Je näher die Modellergebnisse für diesen Zeitraum an diese real gemessenen Werte herankamen, desto höher wurde die Verlässlichkeit der Modelle eingestuft.

Zur Erfassung des Zustandes wurden die Variablen Sauerstoff, Salzgehalt und Temperatur sowie die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor herangezogen.

Noch nie zuvor hatten so viele komplexe physikalisch-biogeochemische Modelle die Entwicklung der Ostsee durchgehend aus der Vergangenheit im Jahr 1960 über die Gegenwart bis in eine Zukunft im Jahr 2100 gerechnet.

„Wir finden unter den Modellergebnissen solche, die die Referenzwerte der Jahre 1980 bis 2005 gut widerspiegeln“, fasst Markus Meier, Leiter der Sektion Physikalische Ozeanographie und Messtechnik am IOW, die Ergebnisse zusammen. „Diese Ergebnisse werten wir auch hinsichtlich der Projektionen in die Zukunft als verlässlich.“

Überraschend ergab sich jedoch, dass auch die Modelle, die einzeln von den Referenzwerten stark überweichen, in ihrer Gesamtheit einen Mittelwert aufweisen, der den Ergebnissen der verlässlichen Modelle entspricht. Offensichtlich kompensieren sich die unterschiedlichen Schwächen der Modelle am Ende.

„Wir haben immer noch mit großen Unsicherheiten zu kämpfen. Aber insgesamt zeigen die Modellergebnisse, dass bei rigoroser Anwendung der im Ostseeaktionsplan ausgewiesenen Maßnahmen zur Reduktion von Nährstoffeinträgen auch unter veränderten Klimabedingungen ein guter Zustand für die Ostsee erreicht werden kann.“

Allerdings wird es einige Dekaden länger dauern, als ursprünglich angestrebt, bis der Erfolg eintritt. Markus Meier lässt keinen Zweifel daran, dass dem Klimawandel nicht mit Halbherzigkeit begegnet werden kann. „Wenn wir die Reduktionsziele nicht konsequent verfolgen, werden die Reaktionen auf den Klimawandel die Überdüngung und alle damit in Verbindung stehenden Umweltprobleme verschärfen.“

Der Modellvergleich ist unter dem Dach des Baltic Earth Programms (www.baltic-earth.eu/) und mit finanzieller Unterstützung des BONUS-Projektes Baltic App (Well-being from the Baltic Sea – applications combing natural sciences and economics) sowie des Schwedischen Forschungsrates für Umwelt-, Landwirtschaftsforschung und Raumplanung durchgeführt worden.

Prof. Dr. Markus Meier | Tel.: 0381 – 5197 150 | markus.meier@io-warnemuende.de
Leiter der Sektion Physikalische Ozeanographie und Messtechnik
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde

Meier, H. E. M., Edman, M. K., Eilola, K. J., Placke, M., Neumann, T., Andersson, H. C., Brunnabend, S. E., Dieterich, C., Frauen, C., Friedland, R., Gröger, M., Gustafsson, B. G., Gustafsson, E., Isaev, A., Kniebusch, M., Kuznetsov, I., Müller-Karulis, B., Omstedt, A., Ryabchenko, V., Saraiva, S. and Savchuk, O. P.(2018) Assessment of Eutrophication Abatement Scenarios for the Baltic Sea by Multi-Model Ensemble Simulations. Front. Mar. Sci. 5:440. doi: 10.3389/fmars.2018.00440

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Dr. Barbara Hentzsch idw - Informationsdienst Wissenschaft

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