Kaltes Wasser am Äquator beeinflusst Monsun über Westafrika

Nicht nur in Indien sind die Menschen auf den Monsun angewiesen. Auch in Westafrika gibt es diese saisonalen Regenfälle, die starken Schwankungen unterliegen. Ob es in bestimmten Regionen Westafrikas zu starken Regenfällen kommt, oder nur geringfügige Niederschläge auftreten, wird zu einem großen Teil von den Wassertemperaturen im zentralen und östlichen äquatorialen Atlantik bestimmt.

Ein deutsches Forscherteam unter Federführung des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) versucht jetzt mit einem umfassenden Messprogramm im tropischen Atlantik die physikalischen Prozesse besser zu verstehen, die die Schwankungen der Meeresoberflächentemperatur steuern. Das Forschungsvorhaben ist ein Beitrag zum internationalen „Tropical Atlantic Climate Experiment (TACE)“, welches zum Ziel hat, die saisonale Vorhersage der Niederschlagsverteilung in den Anrainerstaaten des Golfs von Guinea und den nordöstlichen Regionen Brasiliens zu verbessern.

Dadurch könnten zum Beispiel frühzeitig Vorkehrungen gegen durch das Klima beeinflusste Epidemien wie Dengue Fieber, Malaria, Cholera und Meningitis unternommen und die landwirtschaftliche Nutzung besser an die regionalen klimatischen Bedingungen angepasst werden. Erste Ergebnisse dieser Studie werden auf der 2. Internationalen Konferenz des AMMA Programms (African Monsoon Multidisciplinary Analysis) vorgestellt, die mit etwa 400 Forschern vom 26. bis 30. November am Forschungszentrum Karlsruhe stattfindet.

Seit längerem ist die besondere Rolle der Ozeanoberflächentemperatur im äquatorialen Atlantik ? oder genauer in der äquatorialen Kaltwasserzunge – für die Niederschlagsschwankungen über Westafrika bekannt. Unklar ist jedoch welche Rolle die Dynamik des Ozeans im Vergleich zum atmosphärischen Antrieb für die Variabilität der Oberflächentemperatur in dieser Region spielt.

Durch die zeitverzögerte Auswirkung von Prozessen im Ozeaninnern auf die Meeresoberfläche, würde sich eine Vorhersagbarkeit der Meeresoberflächentemperatur und damit des Niederschlags von Wochen bis zu einigen Monaten ergeben. „In einem intensiven Messprogramm mit internationaler Beteiligung werden verschiedenste Prozesse von der Turbulenz im Zentimeterbereich bis zur ozeanweiten Zirkulation untersucht“, erläutert Projektleiter Dr. Peter Brandt vom IFM-GEOMAR.

Die äquatoriale Kaltwasserzunge befindet sich am Äquator östlich von 20°W (Abbildung 1) und ist besonders im Nordsommer ausgeprägt. Die Oberflächentemperaturen liegen dann zwischen 20 und 25 Grad und sind damit deutlich kühler als polwärts in einigen 100 Kilometern Entfernung. Grund dafür ist ein Aufquellen von kaltem Wasser aus Tiefen von etwa 100m. Dieses Wasser wird im so genannten äquatorialen Unterstrom von Brasilien bis in den Ostatlantik transportiert (Abbildung 1, rechts oben). Dabei strömen im Mittel 20 Millionen Kubikmeter Wasser pro Sekunde (etwa 100-mal soviel wie der Amazonas) in einer Tiefe von etwa 100 Metern nach Osten.

Im Sommer 2006 wurde während einer Forschungsfahrt unter Leitung von Dr. Peter Brandt vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) mit dem deutschen Forschungsschiff „Meteor“ eine Reihe von am Meeresboden verankerten Messinstrumenten im zentralen äquatorialen Atlantik ausgebracht. Hiermit sollen die Schwankungen der Meeresströmungen in der Versorgungsroute zur Kaltwasserzunge über mehrere Jahre bestimmt werden, Fahrtroute und Instrumentierung am Äquator). Diese Messungen sind Teil des vom Bundesforschungsministerium geförderten Verbundprojektes „Nordatlantik“, das sich mit der Warm- zu Kaltwasserzirkulation und deren Auswirkung auf das Klima beschäftigt. Parallel zur Expedition der „Meteor“ fanden Forschungsfahrten mit der französischen „R/V L'Atalante“ im Golf von Guinea und dem amerikanischen Schiff „R/V Ronald H. Brown“ im zentralen tropischen Atlantik statt. Dabei wurden erstmals flächendeckend Turbulenzmessungen im Ozean durchgeführt.

Turbulente Bewegungen im Ozean sind sehr kleinräumig und finden auf Skalen von Metern bis Millimetern statt. Sie vermischen das relative warme Wasser an der Meeresoberfläche mit dem kälteren Wasser in größeren Tiefen. Ihre Energie beziehen sie dabei aus dem Wind, der mittleren Meeresströmungen und aus internen Wellen im Ozean. Seit September 2005 sind im Rahmen einer DFG Emmy Noether-Nachwuchsgruppe auf insgesamt sechs internationalen Forschungsfahrten zur Kaltwasserzunge Turbulenzmessungen durchgeführt worden. „Unsere ersten Ergebnisse zeigen“, so der Leiter der Nachwuchsgruppe Dr. Marcus Dengler vom IFM-GEOMAR, „dass diese kleinskaligen Bewegungen während der Sommermonate eine Abkühlung der Meeresoberflächentemperatur von etwa 2-3 Grad pro Monat hervorrufen. Somit stellt die Turbulenz einen der wichtigsten Prozesse für die Entstehung der Kaltwasserzunge dar“.

Die Messungen im tropischen Atlantik liefern darüber hinaus wichtige Vergleichswerte zur Bewertung der Qualität von verschiedenen Modellsimulationen. Durch eine verbesserte Darstellung der verschiedenen beobachteten Prozesse in Modellen und durch die direkte Einbeziehung von Messungen in die Simulationen sollen Vorhersagen der Meeresoberflächentemperatur verbessert werden. Diese sind eine wichtige Grundlage für erfolgreiche Prognosen der Monsunniederschläge in Westafrika.

Weitere Informationen:
http://www.clivar.org/organization/atlantic/TACE/tace.php – TACE (Tropical Atlantic Climate Experiment)
http://amma-international.org/ – AMMA Programm
http://amma-international.org/meetings/internationalConferences/karlsruhe2007/ – AMMA Konferenz
http://www.ifm-geomar.de/index.php?id=bmbf-ap1_2 – Verbundprojekt Nordatlantik, Teilprojekt äquatorialer Atlantik
http://www.ifm-geomar.de/index.php?id=emmy_noether – Emmy Noether-Nachwuchsgruppe

http://www.pmel.noaa.gov/pirata/ – PIRATA

Media Contact

Dr. Andreas Villwock idw

Weitere Informationen:

http://www.ifm-geomar.de/

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