Der Himmel über Beijing und Guangzhou

Vor wenigen Tagen wurden die Messungen in Beijing beendet und die Jülicher Messgeräte in zwei Containern auf die Rückreise geschickt. Zwei Monate lang erfassten Jülicher Atmosphären-forscher damit erstmals Daten in zwei chinesischen Megacitys zur Selbstreinigungskraft der Atmosphäre. Ein Ziel dabei ist, zusammen mit ihren asiatischen Kollegen herauszufinden, wie sich die Luftqualität für die olympischen Spiele 2008 in Beijing verbessern lässt.

Die Messungen waren Teil zweier Kampagnen der Jülicher Forscher zusammen mit Kollegen aus Leipzig, sowie Forscherteams aus China, Taiwan, Japan und Korea. Die Wissenschaftler untersuchten die Luft in den Ballungsräumen Beijing und im Pearl River Delta. „Wir haben uns dabei auf Daten konzentriert, die eine Aussage über die Selbstreinigung der Luft zulassen“, sagt Dr. Theo Brauers vom Institut für Chemie und Dynamik der Geosphäre (ICG). Dazu haben die Forscher beispielsweise die Menge des so genannten Waschmittels der Atmosphäre, des Hydroxyl (OH)-Radikals, bestimmt. Es leitet den Abbau der meisten Schadstoffe ein, seine Konzentration wurde in China bisher aber noch nicht gemessen.

„Es ist offen, ob die natürliche Selbstreinigungskraft in China genauso effizient ist wie in Europa“, sagt Brauers. Aber nicht nur die Konzentration des natürlichen Waschmittels interessiert die Wissenschaftler: „Atmosphärenchemisch betrachtet ist Südostasien bisher unbekanntes Terrain. Wir wollen daher auch herausfinden, inwieweit die Modelle der Atmosphärenchemie gelten, die bisher im wesentlichen für die Bedingungen in Europa oder Nordamerika überprüft wurden“, so der Atmosphärenchemiker.

Welche Reinigungskraft das OH-Radikal in den Megacitys haben muss, um für klare Luft zu sorgen, werden Daten der asiatischen Kollegen von der Peking Universität (PKU) zeigen. Sie bestimmten, welche Schadstoffe in welchen Mengen in der Atmosphäre der Industriegebiete treiben. „Besonders neugierig sind wir auch auf die Ergebnisse unserer Kollegen vom Leipziger Leibniz-Institut für Troposphären-forschung“, ergänzt Dr Andreas Hofzumahaus vom ICG. „Die Leipziger Kollegen haben Feinstaub und andere Kleinstpartikel in der Luft der Megastädte erfasst, sowie die chemischen und physikalischen Eigenschaften dieser Partikel.“ Die winzigen Partikel sind Keime für die Wolkenbildung, an ihren Oberflächen können sich zudem Moleküle sammeln, die beim Abbau mit OH-Radikalen entstehen. Sie sind damit sowohl für Aussagen über das Klima, als auch für Aussagen über die Atmosphärenchemie interessant. Auch für die Reinigungskraft der Atmosphäre spielen die Partikel eine Rolle: In großer Zahl verringern sie die Menge des Sonnenlichts, das auf die Erdoberfläche gelangt. Sonnenlicht ist aber entscheidend für die Produktion des atmosphärischen Waschmittels.

Anfang kommenden Jahres werden sich die Forscher treffen, um die ausgewerteten Daten zu diskutieren. „Aus der Summe der Messdaten können wir dann erkennen, welche chemischen und physikalischen Prozesse Transport und Abbau der Schadstoffe in den Megacitys steuern, und – falls nötig die Modelle zur Atmosphärenchemie anpassen“, sagt Brauers. Mit solchen Modellen ließe sich dann beispielsweise auch für die olympischen Spiele vorhersagen, welche Maßnahmen die Luftqualität tatsächlich verbessern.

Über das Forschungszentrum Jülich Das Forschungszentrum Jülich ist mit rund 4 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das größte multidisziplinäre Forschungszentrum in Europa. Seine Themen spiegeln die großen Herausforderungen der Gesellschaft wider: Erhalt von Gesundheit, Umgang mit Information, Schutz der Umwelt sowie Versorgung mit Energie. Langfristige, grundlagenorientierte und fächerübergreifende Beiträge zu Naturwissenschaft und Technik werden ebenso erarbeitet wie konkrete technologische Anwendungen für die Industrie. Charakteristisch für Jülich ist, dass sich die Forscher zwei zentraler Schlüsselkompetenzen bedienen: der Physik und des wissenschaftlichen Rechnens mit Supercomputern. Das 1956 gegründete Forschungszentrum Jülich ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft, dem Verbund der 15 nationalen Forschungszentren, die – bis auf wenige Ausnahmen – jeweils zu 90 % vom Bund und zu 10 % vom Sitzland finanziert werden.

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Annette Stettien Forschungszentrum Jülich

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