Eiszeit-Test bestätigt Sorge um künftige Klimaerwärmung

Eine Gruppe Klimawissenschaftler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat einen neuen Ansatz zur Beantwortung dieser Frage verfolgt: Sie richtete ihren Blick auf die letzte große Eiszeit (vor zirka 21.000 Jahren), um einen entscheidenden Test durchzuführen. Er ergab, dass eine Verdoppelung der Kohlendioxid-Konzentration einen globalen Temperaturanstieg um die 3°C bewirken würde. Dieses Ergebnis bestätigt Schätzungen anderer Modelle und Methoden.

Eiszeiten werden durch kleine Änderungen in der Erdumlaufbahn ausgelöst. Verantwortlich für die dabei auftretenden großen Abkühlungen sind jedoch mehrere Faktoren. Hierbei spielt die Absenkung der Kohlendioxid-Konzentration eine entscheidene Rolle. Wenn man alle Faktoren quantifiziert, kann man aus der Eiszeit lernen, wie stark Kohlendioxid das Klima beeinflusst. Um diese Information herauszufiltern, haben Thomas Schneider von Deimling, Hermann Held, Andrey Ganopolski und Stefan Rahmstorf aufwändige Klimasimulationen mit einer Reihe von Datensätzen des Eiszeitklimas kombiniert. Die Ergebnisse ihrer Studie erscheinen diesen Monat in der Fachzeitschrift Climate Dynamics.

Die Wissenschaftler haben in ihrer Arbeit auch Modellunsicherheiten berücksichtigt, indem sie einen Satz von 1.000 Versionen eines Klimamodells konstruiert haben. Jedes dieser einzelnen Modelle weist ein etwas unterschiedliches Verhalten der Wolken, der Ozeanströmungen oder anderer, nur mit Unsicherheitsmargen berechenbarer Prozesse auf. Für jedes dieser 1.000 Modelle wurde ein globales Erwärmungsszenario mit einer Verdoppelung der CO2-Konzentration berechnet. Die Stärke der globalen Erwärmung (die Reaktion auf eine CO2-Verdoppelung nennt man die „Klimasensitivität“) fiel wie erwartet für die verschiedenen Modelle unterschiedlich aus – so wie dies auch bei Klimamodellen unterschiedlicher Forschergruppen der Fall ist. Die entscheidende Frage lautet: Wie empfindlich reagiert das Klima tatsächlich auf CO2? Anstatt darauf zu warten, dass die Zukunft die endgültige Antwort liefert, können wir einen Blick auf die klimageschichtliche Vergangenheit werfen.

Zu diesem Zweck wurden alle Modellversionen einem kritischen Test unterzogen, um die Spreu vom Weizen zu trennen: Wie gut können diese Modelle das Klima der letzten großen Eiszeit simulieren? Bei den Modellen, die zu empfindlich auf CO2-Konzentrationsänderungen reagieren, fällt auch das Eiszeitklima zu kalt aus, und umgekehrt. Nach einer sorgfältigen Analyse aller Unsicherheiten kamen die Forscher zu dem Schluss, dass sich eine Klimasensitivität von weniger als 1,2°C oder mehr als 4,3°C nicht mit den Daten aus der letzten Eiszeit vereinbaren lässt – wobei ein Wert von ungefähr 3°C als am wahrscheinlichsten einzustufen ist. Die Klimasensitivität ist wohlgemerkt ein einfaches Maß für die zu erwartende Langzeit-Klimaerwärmung nach einer Verdoppelung der CO2-Konzentration. Diese Größe sollte also nicht verwechselt werden mit der globalen Klimaerwärmung zu einem bestimmten Zeitpunkt (beispielsweise im Jahr 2100), welche von der zeitlichen Entwicklung der CO2-Konzentration und von anderen das Klima beeinflussenden Antriebsfaktoren abhängt.

„Ein positives Ergebnis unserer Studie ist, dass wir eine extrem hohe Klimasensitivität von sechs, sieben oder sogar noch mehr Grad Celsius so gut wie ausschließen können – Zahlenwerte, die andere Wissenschaftler als durchaus plausibel einstufen“, sagt Thomas Schneider von Deimling, Erstautor der Studie.

Die Unsicherheit der zukünftigen Klimawirkung unserer Kohlendioxid-Emissionen wird durch zwei Fragen bestimmt. Erstens: Welche zukünftige Kohlendioxid-Konzentration stellt sich infolge einer bestimmten Emissionsmenge ein? Zweitens: Wie viel Erwärmung erfolgt bei einer bestimmten Kohlendioxid-Konzentration? Die neue Studie hat den zweiten Aspekt untersucht und ergänzt somit eine weitere, kürzlich erschienene Arbeit zur ersten Frage, welche sich ebenfalls auf Klimadaten der Vergangenheit stützt, um den Kohlenstoffkreislauf zu untersuchen (Scheffer, M., V. Brovkin, and P. Cox (2006), Geophys. Res. Lett., 33; siehe unsere PM vom 22 Mai). Die Ergebnisse beider Studien legen nahe, dass die Schätzung des wahrscheinlichsten Wertes für die künftige globale Erwärmung in bisherigen Studien etwas zu gering ausgefallen ist – und zwar nicht, weil die Klimasensitivität unterschätzt wurde, sondern weil der Kohlenstoffkreislauf die Erwärmung gegen Ende des Jahrhunderts verstärken könnte.

Kontakt:

thomas.schneider@pik-potsdam.de, Tel.: +49-331-288-2630
stefan.rahmstorf@pik-potsdam.de, Tel.: +49-331-288-2688
Originalartikel:
Thomas Schneider von Deimling, Hermann Held, Andrey Ganopolski and Stefan Rahmstorf: Climate sensitivity estimated from ensemble simulations of glacial climate, Climate Dynamics (2006), Vol. 27, 149-163.

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Margret Boysen Potsdam Institute for Climate Im

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