Spurensuche in der "Terra Incognita"

Wolkenbruchartige Regenfälle oder sengende Trockenheit – in Westafrika bestimmen Extreme das Klima. In den letzten 40 Jahren schwankten die Monsunregenfälle jedoch stark – die Vorhersagen dazu waren unzureichend. In einem internationalen Forschungsprojekt (AMMA) wollen Wissenschaftler aus aller Welt nun aufklären, wann und warum der westafrikanische Monsun aus dem Takt kommt und wie das Zusammenspiel zwischen Atmosphäre, Land und Ozean funktioniert, welches die Natur des Monsuns bestimmt. Mit dabei sind Jülicher Atmosphärenforscher, die mit dem russischen Höhenflugzeug Geophysica in bis zu 20 Kilometer Höhe in Gewitterwolken riesiger Ausdehnung auf Spurensuche gehen.

Am 31. Juli startet die Geophysica mit zahlreichen Messgeräten an Bord aus Verona (Italien) ins westafrikanische Burkina Faso, südlich der Sahelzone. Für zwei Wochen werden die Wissenschaftler vom Jülicher Institut für Chemie und Dynamik der Geosphäre (ICG) im Großprojekt AMMA (African Monsoon Multidisciplinary Analysis) zusammen mit ihren Kollegen aus Frankreich, England, Afrika und den USA in Gewitterwolken mit bis zu 500 Kilometern Ausdehnung unterwegs sein. Sie untersuchen den Austausch und Transport von Spuren- und Schadgasen, darunter das Treibhausgas Wasserdampf. Nur das Forschungsflugzeug Geophysika kann in diese oberen Luftschichten, die Stratosphäre, bis in eine Höhe von 20 Kilometern vordringen.

„Afrika ist, was die Klima- und Wetterbeobachtung angeht, ´Terra Incognita´“, erklärt Dr. Cornelius Schiller vom ICG, Teilnehmer der nun startenden Kampagne. Erstmals können die Forscher nun die riesige Landfläche Afrikas im Übergangsbereich zwischen Tropen und Subtropen unter die Lupe nehmen. „Wir wollen Daten für bessere Vorhersagemodelle sammeln und klären, welchen Einfluss der Monsun auf das globale Klima hat.“ Denn die Schwankungen der Monsunregenfälle wirken unmittelbar auf die Umwelt und die Lebensbedingungen der Menschen. Zudem beeinflusst der Monsun das Klima großer Teile der Erde.

In Westafrika entstehen viele klimarelevante Spuren- und Treibhausgase, beispielsweise Stickoxide aus Bränden in afrikanischen Savannen und Regenwäldern, die rund 20 Prozent der weltweiten Verbrennung von Biomasse ausmachen. Diese können durch die riesigen Gewitterkomplexe auch in höhere Schichten der Atmosphäre transportiert werden. Bei ihren Flügen messen die Jülicher Atmosphärenforscher mit ihren europäischen Kollegen bis zu 20 verschiedene Spurengase, unter anderem Fluorchlorkohlenwasserstoffe, welche die Ozonchemie in der oberen Atmosphäre global beeinflussen, aber auch Stickoxide, die zur Ozonbildung in den unteren Luftschichten beitragen und somit auch den Treibhauseffekt beeinflussen. Sie untersuchen die den Wassergehalt in den Wolken und kleinste Teilchen (Aerosole), die durch den Wüstensand und aus der Steppe in die Atmosphäre getragen werden und zur Wolkenbildung beitragen.

Diese Daten werden aber nicht nur zur lokalen Vorhersage genutzt. Die Forscher werden sie auch mit Daten vergleichen, die sie zuvor in tropischen Gewittertürmen vor dem nordaustralischen Festland und im Süden Brasiliens gemessen haben. „Wir wollen wissen, wie diese regionalen Unterschiede, also beispielsweise die Abluftfahne von Rio de Janeiro oder Austauschprozesse über dem Meer die Atmosphärenchemie und damit das globale Klima beeinflussen“, erklärt Schiller. „Es reicht nicht, sich auf Europa zu beschränken, wenn wir die globale Klimaveränderung verstehen wollen.“

Media Contact

Annette Stettien Forschungszentrum Jülich GmbH

Weitere Informationen:

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