Pilotprojekt zur Untersuchung des Grundwassers in Sachsen gestartet

Oberlauf der Jahna bei Kiebitz. Die Jahna ist ein kleiner Fluss, der in der Nähe von Döbeln entspringt, durch die Gemeinde Ostrau fließt und schließlich nach rund 30 km bei Riesa in die Elbe mündet. Foto: André Künzelmann/UFZ

Erstmals wird Grundwasser in Sachsen für die EU-Wasserrahmenrichtlinie mit einer neuen Technik systematisch untersucht. Bei dem Pilotprojekt kommen so genannte Direct Push-Geräte zum Einsatz. Dabei wird das Sondiergestänge in den Untergrund gedrückt, durch das anschließend Wasserproben entnommen werden.

Diese Technik ermöglicht es, den Untergrund wesentlich schneller und preiswerter zu untersuchen als mit herkömmlichen Bohrverfahren. Bisher werden Direct Push-Geräte überwiegend zur Altlastenerkundung eingesetzt. Bei dem Forschungsprojekt, das das Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle (UFZ) und die TU Bergakademie Freiberg im Auftrag des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geologie (LfUG) in der Nähe von Riesa und Döbeln durchführen, wird nun diese Technologie für Qualitätsuntersuchungen in Grundwasserkörpern eingesetzt. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verlangt nach der Zustandserfassung 2004 nun bis 2009 auch die Erarbeitung von Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen. Solche Programme müssen für Wasserkörper aufgestellt werden, an denen Qualitätsprobleme bestehen. In Sachsen betrifft das möglicherweise ein Fünftel der Fläche des Freistaates. Um die Frage zu entscheiden, ob tatsächlich Maßnahmen erarbeitet werden müssen, sind jedoch sehr genaue Kenntnisse über die Qualität des Grundwassers in diesen Gebieten notwendig. Experten erhoffen sich deshalb von dieser Technologie einen Durchbruch, da so die Messungen an den vorhandenen Grundwassermessstellen ergänzt werden können.

Auf dem Gebiet des Freistaats Sachsen befinden sich insgesamt 64 Grundwasserkörper. Die Bestandsaufnahme hat ergeben, dass davon 17 Grundwasserkörper die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie wegen stofflichen Belastungen aus diffusen Quellen wahrscheinlich nicht erreichen oder das Erreichen des Zieles ungewiss ist. Diese Grundwasserkörper haben eine Gesamtfläche von 4.176 km2 und umfassen somit 22,5 % der Landesfläche. Für diese Grundwässer müssen ein operatives Monitoring und in Abhängigkeit von dessen Ergebnissen Maßnahmenpläne zur Erreichung des guten Zustands des Grundwassers bis 2015 umgesetzt werden. Für die fachliche Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ist in Sachsen das Landesamt für Umwelt und Geologie (LfUG) zuständig. Dazu gehört auch das Einzugsgebiet der Jahna-Aue am Rande von Riesa. Aus dem dortigen Wasserwerk wird Riesa mit Trinkwasser versorgt. Dieses Flusseinzugsgebiet wurde ausgewählt, weil es typisch für große Teile Sachsens ist, die durch Landwirtschaft geprägt sind.

Neben der Bewertung vorliegender Messergebnisse, der Beprobung von vorhandenen Grundwassermessstellen mit Hilfe von Multiparametertechnik und der Festlegung von regelmäßig zu beprobenden Grundwassermessstellen werden im Rahmen des Vorhabens im Einzugsgebiet der Jahna zwischen Riesa und Nossen mit einem Direct Push-Gerät 30 Sondierungen niedergebracht und Tiefenprofile der Nitratkonzentration im Grundwasser gemessen. So wurde an der Sondierung Riesa-Göhlis 1 bis in eine Tiefe von 16 m im Abstand von jeweils 1 m eine Grundwasserprobe entnommen und auf Nitrat untersucht. „Im Ergebnis haben wir nun Kenntnis über den genauen vertikalen Verlauf der Nitratkonzentration im Grundwasser und wir können später zusammen mit den übrigen 29 Sondierungen die räumliche Verteilung im Grundwasser repräsentativ ermitteln“, beschreibt Ralf Trabitzsch vom UFZ ein Ziel der Messkampagne. „Das ist wichtig für die Beurteilung der Zielerreichung der Grundwasserkörper nach der Wasserrahmenrichtlinie und zur Bewertung der Notwendigkeit möglicher Maßnahmen.“

Das Projekt hat gerade erst begonnen, es zeichnet sich aber schon ab, dass dies eine gute Möglichkeit zur Verdichtung bestehender Grundwassermessnetze und zur Aufnahme vertikaler Profile der Grundwasserbeschaffenheit ist. „Wir werden die Pumpprobenahme und die Grundwasserprobennahme mit der Direct Push-Technik vergleichen. Auf die Ergebnisse sind wir gespannt“, meint Dr. Jörg Dehnert vom Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie.

Gelingt das Projekt und durch die Proben können neue Erkenntnisse zur Bewertung von diffusen Stoffeinträgen kostengünstig gewonnen werden, dann könnten die Bundesländer unter Umständen enorme Kosten sparen. Die Experten wären dann in der Lage, echte Problemgebiete genau zu identifizieren, Maßnahmen gezielt einzusetzen und deren Wirkung zu kontrollieren

Am heutigen Montag will das Europaparlament über die EU-Grundwasserrichtlinie in zweiter Lesung beraten.

Weitere fachliche Informationen über:
Dr. Holger Weiß / Ralf Trabitzsch / Dr. Carsten Leven-Pfister
Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle (UFZ)
Telefon: 0341-235-2060, -2651, -3988
http://www.ufz.de/spb/berg/index.php?de=1623
http://www.ufz.de/index.php?de=6551
oder über:
Doris Böhme/ Tilo Arnhold
UFZ-Pressestelle
Telefon: 0341-235-2278
Email: presse@ufz.de
http://www.ufz.de/index.php?de=640
sowie
Karin Bernhardt
LfUG-Pressestelle
Telefon: 0351 – 8928 – 343
Email: karin.bernhardt@lfug.smul.sachsen.de
http://www.umwelt.sachsen.de/de/wu/umwelt/lfug/lfug-internet/presse_13224.html
Projektpartner:
Das Sächsische Landesamt für Umwelt und Geologie (LfUG) ist die wissenschaftliche Fachbehörde für das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL). Das SMUL wird in Fragen des Umweltschutzes und der Geologie vom LfUG beraten. Im Rahmen der Beratung werden Prognosen, Strategien und Konzepte für allgemeine und konkrete Problemstellungen erarbeitet. Das LfUG kooperiert über Forschungsaufträge mit wissenschaftlichen Einrichtungen und wirkt bei der Erarbeitung von Verwaltungs- und Rechtsvorschriften mit.
Daneben nimmt das LfUG Aufgaben im Bereich des Hochwassernachrichtendienstes als Landeshochwasserzentrum, im Strahlenschutz als Genehmigungsbehörde, bei der Umsetzung des Förderprogramms „Immissions- und Klimaschutz“ im Energieeffizienzzentrum und im Bereich der bodenkundlichen und geologischen Landesaufnahme sowie der angewandten Geologie als geologischer Dienst wahr und gibt der Bevölkerung Auskünfte über die Umwelt.

http://www.umwelt.sachsen.de/lfug

Das Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle (UFZ) erforscht die komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt in genutzten und gestörten Landschaften. Die Wissenschaftler entwickeln Konzepte und Verfahren, die helfen sollen, die natürlichen Lebensgrundlagen für nachfolgende Generationen zu sichern. Das UFZ ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, die mit ihren 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2.2 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands ist. Die insgesamt 24.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helmholtz-Gemeinschaft forschen in den Bereichen Struktur der Materie, Erde und Umwelt, Verkehr und Weltraum, Gesundheit, Energie sowie Schlüsseltechnologien.

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Doris Böhme idw

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